Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
an, solange ich dich hier am Telefon habe, okay? Was
immer da passiert ist, Zach soll sich drum kümmern. Geh nicht in die Nähe ...“
„Ich kann sie nicht alleine lassen“, stieß Alex
hervor. „Da unten sind womöglich noch Verletzte. Vielleicht braucht jemand
Hilfe. Ich kann nicht einfach umdrehen und sie alleine lassen. Oh Gott. Ich
muss landen und sehen, ob ich was tun kann.“
„Alex, verdammt, mach jetzt bloß keinen ...“
„Muss Schluss machen“, sagte sie. „Bin kurz vor der
Landung.“
Trotz Jennas wiederholter Befehle, die Situation
ihrem Bruder Zach Tucker zu überlassen, dem einzigen Polizeibeamten in einem
Umkreis von hundert Meilen, beendete Alex das Gespräch und setzte die Kufen der
Beaver sanft auf dem kurzen Landestreifen auf. Sie machte eine Vollbremsung im
frischen Pulverschnee - nicht die eleganteste Landung, aber auch nicht
schlecht, wenn jedes Nervenende im Körper vor wachsender Panik schrie. Sie
schaltete den Motor aus, und sobald sie die Tür des Cockpits geöffnet hatte,
sprang Luna über ihren Schoß ins Freie und rannte auf die gedrängte Ansammlung
von Blockhütten zu.
„Luna!“
Alex' Stimme hallte in der gespenstischen Stille.
Der Wolfshund war jetzt außer Sichtweite. Alex kletterte aus dem Flugzeug und
rief ein weiteres Mal nach Luna, aber nur Stille antwortete ihr. Und aus den
nahe gelegenen Hütten kam niemand, um sie zu begrüßen.
Keine Spur von Toms in seinem Laden, nur dreißig
Meter entfernt. Auch keine Spur von Teddy, der Luna trotz seiner gleichgültigen
Teenager-Fassade genauso heiß und innig liebte wie der Hund ihn. Auch kein
Zeichen von Toms'
Schwester Ruthanne, auch nicht von ihrem Mann und
den erwachsenen Söhnen, die im November normalerweise schon lange vor dem
späten Sonnenaufgang auf den Beinen waren und sich um die in der Ansiedlung
anfallenden Arbeiten kümmerten. Alles war völlig still und unbelebt.
„Scheiße“, flüsterte Alex, ihr Herz schlug wie ein
Presslufthammer.
Was zur Hölle war hier passiert? In was für eine
Gefahrensituation lief sie hier hinein, sobald sie aus ihrem Flugzeug stieg?
Als sie nach hinten in den Frachtraum griff und
sich ihr geladenes Gewehr schnappte, sah sie das schlimmstmögliche Szenario vor
sich. Mitten im Winter im Hinterland kam es manchmal vor, dass jemand
durchdrehte und seine Nachbarn angriff oder sich selbst etwas antat - womöglich
beides kurz nacheinander. Sie wollte gar nicht daran denken und konnte sich
auch niemanden vorstellen, der in diesem engen Familienverband einfach
durchdrehte. Nicht einmal den mürrischen Teddy, um den der alte Toms sich in
letzter Zeit Sorgen machte, weil er sich mit üblen Leuten herumtrieb.
Das Gewehr im Anschlag kletterte Alex aus dem
Flugzeug und ging los in die Richtung, in die Luna gerannt war. Die frische
Schneedecke von letzter Nacht war pulverig weich unter ihren Stiefeln und dämpfte
das Geräusch ihrer Schritte, als sie sich vorsichtig Toms' Laden näherte. Die
Hintertür war unverriegelt, halb aufgezwängt von einer Schneewehe, die sich auf
der Schwelle gebildet hatte. Hier war schon seit ein paar Stunden niemand mehr
gewesen, um nach dem Rechten zu sehen.
Alex schluckte den Angstklumpen in ihrem Hals, der
ständig größer wurde, hinunter. Jetzt wagte sie nicht mehr, nach jemandem zu
rufen. Sie wagte kaum noch zu atmen, als sie weiterging, vorbei am Laden zu der
gedrängten Ansammlung kleiner Blockhütten. Lunas Gebell ließ sie
zusammenschrecken.
Der Wolfshund saß in ein paar Metern Entfernung, zu
seinen Füßen eine der leblosen Gestalten, die Alex aus der Luft entdeckt hatte.
Luna bellte noch einmal, dann stupste sie den Toten mit der Nase an, als
versuchte sie, ihn zum Aufstehen zu bewegen.
„Oh Herr im Himmel ... wie kann das sein?“,
flüsterte Alex, sah sich noch einmal in der stillen Ansiedlung um und packte
ihr Gewehr fester. Ihre Füße fühlten sich wie Bleigewichte an, als sie auf Luna
und die reglose, schneebedeckte Gestalt auf dem Boden zuging. „Braves Mädchen.
Jetzt bin ich da. Lass mich mal sehen.“
Oh du lieber Gott, sie musste gar nicht näher
rangehen, um zu sehen, dass es Teddy war, der dort lag. Aus dem zerfetzten,
blutdurchweichten Daunenanorak sah ein schwarz-rotes Flanellhemd hervor, das
Lieblingshemd des Jungen. Sein dunkelbraunes Haar war an Wange und Stirn
vereist, seine olivfarbene Haut gefroren und wachsartig, blau angelaufen, wo
sie nicht ziegelrot verkrustet war von geronnenem Blut. Und wo einmal sein
Kehlkopf
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