Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Freundinnen, die von der Beziehungsthematik beherrscht werden. Die Zusammenhänge zwischen Beziehungselend, gesundheitlicher Beeinträchtigung, Produktivitätsverlusten und sozialen Folgekosten sind sehr real, auch wenn sie oft verdrängt werden. Andererseits schafft das Leid der Frauen auch eine Menge Arbeitsplätze: Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Ärzte, die Pharma-In-dustrie, Ratgeberliteratur, Frauenromane und Zeitschriften profitie ren von der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eines überschätzten Beziehungsideals. Die Frage drängt sich auf, ob Frauen in Beziehungen oder Ehen wirklich ihr kreatives, emotionales und finanzielles Potential entfalten können, ohne auf der ganzen Linie Verluste hinzunehmen. Erinnern wir uns: Die Konzentration auf Haus-und Erziehungsarbeit bremst Frauen auch auf dem Arbeitsmarkt aus und fördert ihre finanzielle Benachteiligung. Ist das der sekundäre Gewinn einer sozialen Aufwertung durch den Status als Ehefrau oder Beziehungspartnerin wert?
Klischee Nr. 57:
Männer sind produktiver als Frauen.
Umgekehrt profitieren nicht nur gewisse Berufsstände vom Tauschgeschäft Sex gegen Ehe. Im sozialen Nahbereich ist der Gewinn vielleicht am sichtbarsten. Familien, die vom Staat so umworbene »kleinste Zelle der Gesellschaft«, profitieren von der emotionalen Arbeit, die Frauen leisten. Männer profitieren davon, daß eine auf Dauer angelegte Partnerschaft oder Ehe ihnen einen identitätsstiftenden Platz in sozialen Gefügen verleiht. Und obwohl der Staat grundsätzlich von allen sexuellen Tauschgeschäften finanziell profitiert, interessiert er sich in puncto Sex ebenso wie die Evolutionsbiologen vor allem für den Fortpflanzungserfolg. Den fördert er mit Steuervergünstigungen, Kinderfreibeträgen, Kindergeld, Kinderbaugeld, der Anrechnung von Kindererziehungszeiten, Vergünstigungen bei den Beitragszahlungen zur Pflegeversicherung.
Doch auch das sind nur Peanuts im Vergleich zum realen Wert der unterschiedlichen Beiträge, die Frauen zum Wohlstand einer Gesellschaft leisten. Wir haben uns daran gewöhnt, daß diese als Leerstelle ins ökonomische System eingehen. Die meisten Wirtschaftslehren betrachten die Ökonomie von ihrer monetären Seite, obwohl die Produktivität von vielen nichtmonetären Faktoren abhängt: der emotionalen, Erziehungs-, Pflege-und Haushaltsarbeit, die überwiegend Frauen leisten und die sich direkt im Bruttoinlandsprodukt manifestiert. So verdankte das Deutschland der Nachkriegszeit sein berühmt-berüchtigtes Wirtschaftswunder nicht allein den Finanzspritzen des Marshall-Plans, sondern auch der Aufbauarbeit Hunderttausender Trümmerfrauen, die Ruinenfelder in eine Infrastruktur verwandelten, und den »Ami-Liebchen«, die amerikanische Zigaretten gegen Nahrungsmittel tauschten, von denen ganze Familien und Freundschaftsverbände so lange überlebten, bis die deutsche Wirtschaft von ihrer Arbeitskraft profitieren konnte.
Dennoch bleibt die emotionale und regenerative Arbeit von Müttern, Großmüttern, Hausfrauen und Prostituierten nicht nur in Wirtschaftsstatistiken, sondern auch im Alltag als »Dividende des Patriarchats« mehr oder weniger unsichtbar. An der Peripherie der Geldwirtschaft leisten Frauen unterbewertete und unbezahlte Arbeit, und die Gesellschaft greift auf dieses soziale Kapital zurück, als handele es sich um eine unerschöpfliche Ressource. Selbst dort, wo der gesellschaftliche Mehrwert dieser Arbeit anerkannt wird, wird sie gern als unbezahlbar deklariert - ein rhetorischer Trick, der Frauen in ihre Rollenklischees zurückbeamt und mit einer ideellen Aufwertung abspeist: hier ein gefühlsduseliger Muttertag, dort ein pseudoemanzi-patorischer Frauentag. Daß so viele Frauen sich mit ihrem Dasein als finanziell Zweitklassierte abfinden, ist ein beredtes Statement für die Macht des Sekundärgewinns, der sich aus dem Status einer Ehefrau oder Beziehungspartnerin ableitet.
Daran scheint auch der Geschlechterkampf nichts verändert zu haben. Wie auch, hat er sich doch weitgehend auf die private Ebene verlagert und beschäftigt sich mit Fragen der Verteilung des Abwaschs. Doch die Forderung, Männer in Haushalt und Erziehung in die Pflicht zu nehmen, geht für viele Frauen an den demographischen Realitäten vorbei. Die westliche Welt besteht, allem Familien-Hype zum Trotz, nicht mehr aus einer Anhäufung kleinfamihärer Parzellen.
Wer soll sich die Hausarbeit mit alleinerziehenden Müttern teilen?
Single -Haushalte und
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