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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Blut war.
    Innerhalb der nächsten Minuten würde irgendwer Stefanovic entdecken. Entweder die Russen oder einer seiner eigenen Männer. Egal. Sie hatte ihren Vater gerächt.
    Sie erblickte Adams Wagen: einen Audi.
    Von der anderen Seite des Wagens her kam ein Mann auf sie zu.
    Natalie starrte in seine Augen.
    Er hatte ein breites Gesicht. Graue Augen. Mittelblondes Haar.
    Strahlte Selbstsicherheit aus. Hatte einen abgeklärten entspannten Blick.
    Es war Semjon Averin.
    Er hielt etwas in der Hand. Natalie konnte nicht erkennen, was es war.
    In dem Moment brach um sie herum die Hölle los.
    Im Augenwinkel registrierte sie schnelle geschmeidige Bewegungen.
    Sie hörte Rufe: »Achtung, Polizei. Legen Sie sich flach auf den Boden!«
    Sie sah Adam mit weit aufgerissenen Augen in ihre Richtung starren.
    Sie sah, wie Semjon Averin seinen Arm hob.

70
    Der Schmerz war inzwischen verschwunden. Die Kälte in seinem Gesicht ebenfalls.
    Jorge lag der Länge nach auf dem Boden.
    Er wusste so vieles.
    Er wusste nichts.
    Er: am Rücken getroffen.
    Er: auf dem Weg irgendwohin.
    Er tauchte wieder ab.
     
    Ihr seid ich, und ich bin ihr. Mein Blut reinigt uns von allen Sünden.
    Erneut ein Augenblick in der Gegenwart. Er schaffte es nicht, die Augen zu öffnen.
    Er hörte merkwürdige Geräusche. Schwache verschwommene Stimmen.
    Paola dürfte drinnen im Wagen heil davongekommen sein.
    Und Jorgito?
    Sálvame
.
    Er wusste es nicht.
    Hatte keine Kraft, darüber nachzudenken.
    Er hätte sich von seiner Mutter verabschieden sollen.
    Er hätte es Javier sagen sollen.
    Ein Leben.
    Sein Leben.
    Ein Leben
de Luxe
.
    Es fühlte sich an, als blute er aus dem Mund.
    Egal.
    Er war jetzt ganz ruhig.
    Entspannt.

Epilog
    (Vier Monate später)
    Hägerström lag auf dem Bett. Die Matratze war ziemlich hart. Er schaute hinauf an die Wand.
    Dort hingen zwei mit Tesafilm befestigte Fotos von Pravat. Das eine hatte er vor einem Jahr in Humlegården selbst aufgenommen. Es zeigte Pravats Gesicht aus der Nähe und den Park im Hintergrund. Das andere hatte Pravat ihm geschickt. Im Mittelpunkt des Bildes stand eine große Legoburg, auf deren Mauerkrone er kleine Männchen gestellt hatte. Hinter der Burg posierte Pravat – stolz auf sein schönes Bauwerk.
    Hägerström schaute hinaus. Der Gefängnishof war mit Kies belegt und völlig kahl.
    Der Prozess gegen ihn hatte vier Tage gedauert und war vor zwei Wochen zu Ende gegangen. Bis dahin hatte er in Untersuchungshaft gesessen. Jetzt saß er hier, in Kumla. Verglich jedes Detail mit der Salbergaanstalt, in der er gearbeitet hatte. Dort hatte er gedacht, frisch gestrichene Wände, saubere Duschräume und ein funktionierender Fernseher im Zimmer wären nicht unbedingt nötig. Doch jetzt sehnte er sich nach einer einzigen sauberen Oberfläche.
    Er wehrte sich nicht gegen das Urteil. Die Beweislage war stichhaltig. Die Männer aus dem Gefangenentransport konnten ihn identifizieren, und man fand Spuren von Munition an seiner Daunenjacke. Sein Strafverteidiger machte dennoch einen guten Job. Der Staatsanwalt wollte Hägerström wegen Mordversuchs verurteilen. Vier Schüsse, abgefeuert aus einem Maschinengewehr auf die Reifen des Transporters aus dem Strafvollzug am 17. Oktober vergangenen Jahres. Nach Aussage des Staatsanwalts war es lediglich Zufall gewesen, dass niemand dabei ums Leben kam. Aber Hägerström war Küstenjäger gewesen, er konnte mit Maschinengewehren umgehen. Seinem Verteidiger gelang es darzulegen, dass das Leben der Beamten zu keinem Zeitpunkt gefährdet war.
    Er wurde stattdessen wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Zu drei Jahren Gefängnis.
    Torsfjäll hatte Hägerström bereits am Tag nach seiner Festnahme im Radisson Blu Arlandia Hotel in seiner Zelle besucht.
    Der Kommissar betrat die Zelle allein. Eigentlich durften nur ermittelnde Polizeibeamte oder sein Verteidiger zu ihm, doch Torsfjäll hatte offenbar gewisse Kontakte.
    »Guten Tag.«
    Hägerström grüßte zurück. »Hej. Schön, dass Sie kommen konnten.«
    Torsfjäll blieb stehen. In den Zellen der Untersuchungshaft gab es keine Stühle. Lediglich eine einfache Matratze auf dem Boden.
    Der Kommissar schüttelte Hägerström die Hand. »Hat man Sie schon vernommen?«
    »Nur oberflächlich. Aber ich habe nichts über die Operation Ariel Ultra ausgesagt. Ich habe lieber auf Sie gewartet.«
    »Gut, denn es gibt auch nichts zu sagen.«
    Hägerström schaute den Kommissar an. Seine Zähne leuchteten jetzt nicht mehr so weiß wie

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