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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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einem Hausdach.
    Er spürte die Schwerkraft, die Reibung. Splinte, die sich einen Hundertstelmillimeter bewegten. Einen Kolben, der Widerstand leistete. Der Dietrich war eine Verlängerung seiner Fingerspitzen und Nervenenden. Er hielt den Druck gegen die Splinte auf exakt demselben Niveau.
    Er drehte langsam.
    Er spürte das Drehmoment, den Dietrich, die Splinte.
    Er spürte, wie sich der Kolben bewegte.
    Das Schloss klickte.
    Er ergriff die Gittertür.
    Sie ließ sich öffnen.
    In dem Moment ging der Alarm los. In einer Lautstärke, die an der Grenze des Erträglichen war.
    Hägerström schloss die Tür hinter sich. Ging auf den kleinen Kasten der Alarmanlage zu, der unmittelbar rechts der Tür angebracht war. Tippte den Code ein, den er von Torsfjäll erhalten und der ihn wiederum von Pan World Security bekommen hatte.
    Der Alarm verstummte genau so abrupt, wie er eingesetzt hatte.
    Er hörte seine eigenen Atemzüge. Blieb im Flur stehen. Wartete, ob irgendein Nachbar rufen würde.
    Nichts geschah.
    Er sah sich um. Ein kleiner Rokokotisch und ein Lüster an der Wand. Kein Schemel, aber eine Treppe, die ins Obergeschoss führte.
    Hägerström ging weiter. Direkt vor ihm lag ein Wohnzimmer. Auf dem Fußboden echte Teppiche. Weitere Rokokomöbel. Riesige Gemälde an den Wänden: Bruno Liljefors, Anders Zorn, wahrscheinlich ein Strindberg. Die Wohnung erinnerte ihn an die seiner Mutter, allerdings hatte sie weniger Stil. Das hier wirkte vulgär.
    Er ging durch eine Küche, die im ländlichen Stil eingerichtet war. Weiße Schranktüren aus irgendeiner Paneele, Handgriffe aus mattem Metall. Keine unsichtbaren Mechanismen oder ausgefallenen Materialien. In der Mitte eine Kücheninsel mit Induktionsplatten und einer Dunstabzugshaube darüber, die ungefähr so groß war wie Hägerströms Jaguar. Ein Moccamaster-Kaffeeautomat, Spülmaschine, Kühl- und Gefrierschrank sowie eine Mikrowelle von Miele. Vier Barstühle um einen hohen Tisch herum. Auf dem Fußboden schwarze und weiße Fliesen, die Wärme abstrahlten – bestimmt Fußbodenheizung.
    Er ging weiter.
    Ein Korridor mit vier Türen. Er warf einen raschen Blick in die Zimmer. Ein Schlafzimmer, ein Fernsehzimmer. Ein Büro. Hägerström betrat es.
    Hier konnten sich durchaus interessante Dinge befinden. Kommissar Torsfjäll hätte besser sofort einen Hausdurchsuchungsbefehl erwirken sollen. Aber er hatte es nicht gewollt.
    »Es ist besser, stichhaltige Beweise zu haben, noch bevor wir zuschlagen«, fand der Kommissar am Telefon. »Außerdem habe ich mit Taxi Stockholm gesprochen und jemanden losgeschickt, um zu beobachten, was JW und dieser Herr Hansén im Augenblick so treiben, damit wir es auf jeden Fall erfahren.«
    Das Büro wirkte ordinär. Englische Eichenmöbel, ein Bücherregal mit drei Aktenordnern und Fachbüchern zum Thema Finanzen sowie ein Computer. Extrem wenig Unterlagen. Hägerström hatte sich mehr Dokumente erhofft.
    Nicht viel Interessantes in den Ordnern. Einige alte Flugtickets, Taxiquittungen, Hotelrechnungen. Hansén schien häufig und lange unterwegs zu sein: in Liechtenstein, Zürich, auf den Bahamas, in Dubai.
    Ein Klingelton erklang.
    Das war der Computer. Hägerström ging auf ihn zu. Er hatte sich von seiner Standby-Position aus angeschaltet. Auf dem Bildschirm blinkte eine Erinnerung. Termine heute:
JW Mittagessen, Nippe anrufen, Bladman anrufen, Abendessen Börje
.
    JW und Bladman. Hanséns Kontakte ließen sich offenbar unter ein und demselben Thema zusammenfassen.
    Er schaute vom Computer auf.
    Irgendjemand war im Haus.
    Er horchte erneut.
    Stille.
    Er wünschte sich, seine P226 bei sich gehabt zu haben.
    Er machte einen Schritt auf die Wand zu, um von der Tür aus nicht gesehen zu werden.
    Kein Laut zu hören.
    Er trat vorsichtig einen Schritt vor.
    Immer noch kein Laut.
    Er griff sich einen Kugelschreiber vom Schreibtisch. Hielt ihn vor seinem Körper.
    Ging in den Flur hinaus.
    Vorsichtig.
    Vollkommen still.
    Vielleicht hatte er sich verhört. Vielleicht waren es Geräusche von draußen.
    Er ging an der Küche vorbei.
    Kam im Wohnzimmer heraus.
    Ein harter Gegenstand traf ihn im Nacken.
    Hägerström drehte sich aufgrund der Wucht des Schlags einmal um die eigene Achse. Der Kugelschreiber fiel ihm aus der Hand, während er gerade noch einen schwarz gekleideten Mann erblickte, bevor er zu Boden ging.
    Er hörte eine Stimme: »Du verdammter Fixer, wie zum Teufel ist es dir gelungen, den Alarm auszuschalten?«
    Erneut Schmerzen. Der

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