Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Krebse und Hummer über Berge von Goldmünzen wandern.
Er fühlte sich wohl. Es war eine lange Gegen-Evolution gewesen, die Millionen Jahre gedauert hatte und schließlich die Säugetiere ins Meer zurückgebracht hatte, aber es hatte sich wirklich gelohnt.
Das Leben im Wasser ist überlegen .
Es gab nur ein einziges Problem, das ihm diesen magischen Zustand der Gnade versaute.
Die Luft. Um ein Delfin zu sein, fehlte ihm bloß ein wenig Luft. Das tat ihm leid. Er erinnerte sich, dass Walfische lange Zeit unter Wasser bleiben können, er aber brauchte unbedingt Luft.
Er versuchte, darauf zu pfeifen. Unter Wasser gab es einfach zu viele Wunderdinge zu sehen, da konnte man keine Zeit aufs Atmen verschwenden.
Neben Schmuckstücken und roten Tintenfischen waren da unglaubliche Korallen, die er stundenlang hätte bewundern können.
Na gut, weißt du, was ich mache? Ich hole mal eben ein bisschen Luft, und dann tauche ich wieder ab .
Mit den Flossen schlagend, stieg der Mann aus Atlantis zur Wasseroberfläche auf und streckte sein Maul in einer kleinen Luftblase unter dem Katakombengewölbe aus dem Wasser.
75 Während sich Saverio Moneta mit Larita auf dem Rücken mühsam in Richtung Licht vorankämpfte, schoss plötzlich vor ihm, kaum einen Meter entfernt, der Kopf eines Mannes aus dem Wasser.
Nach einem Augenblick ungläubigen Staunens spuckte der Chef der Bestien des Abaddon den Knochen aus und brüllte: »Hilfe!«
Auch Larita kreischte: »Hilfe! Hilfe!«
Der Mann pumpte Luft in die Backen und ließ sie wieder ab, sah sie kurz an, stieß einen kehligen Laut aus, eine Art Ultraschall, und verschwand wieder.
Saverio traute seinen Augen nicht. »Hast du den auch gesehen?«
»Ja.«
»Der ist echt verrückt, hat vorhin irres Zeug geredet. Wer zum Teufel ist das?«
Larita brauchte ein paar Sekunden, um zu antworten. »Ich glaube, das war Matteo Saporelli.«
»Und wer ist das?«
»Ein Schriftsteller. Er hat den Strega-Preis gewonnen.« Dann stieg ihre Stimme um eine Oktave. »Guck mal da!«
Durch ein Loch in der Decke fiel ein Lichtstrahl, der in dem trüben Wasser erlosch.
Saverio kämpfte gegen die Strömung, die sie in die entgegengesetzte Richtung zog, und erreichte schließlich mit Mühe die Stelle unter dem Loch.
Das Loch war ein tiefer, runder, in die Erde gegrabener Schacht. Die Wände waren mit Wurzeln und Spinnweben bedeckt. Oben sah man die Zweige eines Feigenbaumes im Wind schwanken und dahinter den blassen Himmel der römischen Morgendämmerung.
Larita stieg von Saverios Schultern und klammerte sich an einen Felsen. »Das können wir schaffen …« Sie streckte eine Hand aus, aber es war zu hoch. Dann versuchte sie, Schwung zu holen, indem sie mit den Füßen paddelte, aber es klappte nicht. »Wenn ich doch bloß Flossen hätte …«
Da kommt sie nie rauf , sagte sich Saverio, während sie erneut versuchte, sich zum Rand des Loches aufzuschwingen. Von der Wasseroberfläche waren es etwa siebzig Zentimeter, und es gab nichts zum Festhalten, die Wand war glatt wie Marmor. Nur mit Paddeln ging das nicht.
Larita war außer Atem. »Versuch du es. Ich schaffe es nicht.«
Saverio drückte das Kreuz durch, aber sobald er das Bein bewegte, schrie er verzweifelt auf. Ein höllischer Schmerz, so scharf wie die Klinge eines Skalpells, durchzuckte sein verletztes Bein. Kraftlos sackte er mit offenem Mund zurück und schluckte eine Menge Wasser.
Larita erwischte gerade noch seine Kapuze, bevor die Strömung ihn fortreißen konnte, und zog ihn an sich. »Was hast du denn? Was ist los?«
Saverio kniff die Augen zu und hatte große Mühe, sich über Wasser zu halten. Kraftlos hauchte er: »Ich glaube, mein Bein ist gebrochen. Ich habe ziemlich viel Blut verloren.«
Sie umarmte ihn, lehnte die Stirn in seinen Nacken und brach in heftiges Schluchzen aus: »Nein. Und was jetzt?«
Saverio spürte, wie die aufsteigenden Tränen ihm die Brust zuschnürten. Aber er hatte geschworen, ein Mann zu sein. Er holte dreimal Luft und sagte: »Warte … Nicht weinen … Vielleicht habe ich eine Idee.«
»Was denn?«
»Ich stütze mich in einer Nische ab, du kletterst auf meine Schultern, und dann kommst du an die Wand. Danach ist es einfach.
»Und was ist mit deinem Bein?«
»Ich nehme nur das linke.«
»Sicher?«
»Sicher.«
Saverio klammerte sich an die Tuffwand. Jede Bewegung kostete ihn unendliche Mühe, er war wie gelähmt, wurde von einer Müdigkeit erfasst, wie er sie in seinem Leben noch nie gespürt
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