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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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sprechen, und wenn sie dieses wegen Anwesenheit der Fremden, die sie stets vermied, nicht konnte, so kehrte sie jedes Mal betrübt nach Hause zurück. Endlich ging sie eines Morgens in den Schlossgarten, wo sie die Liebenden in einer Laube sitzend fand. Die Marchese, die sonst gewöhnlich immer die dritte Person unter ihnen zu sein pflegte, war noch nicht aufgestanden, denn sie schlief nach italienischer Sitte sehr lange. Mit einer kindlichen Freude begrüßte die Wahnsinnige ihre Freunde und machte ihnen sanfte Vorwürfe über ihre Entfernung. Eugenie sagte ihr, dass eine Fremde im Schlosse sei und sie sich an deren Anwesenheit gewöhnen müsse, wenn sie in der Nähe ihrer Freunde sein wolle. »Ach«, erwiderte sie, »ich will mir ja alles gern gefallen lassen, wenn ich nur bei euch sein darf.«
    Schon mehrere Male war sie auf dem Schlosse gewesen, ohne die Fremde getroffen zu haben, da sie stets nur die frühen Morgenstunden zu ihren Besuchen gewählt hatte, in denen die Italienerin noch nicht sichtbar war. Einst wurde sie aber verhindert so früh wie gewöhnlich zu kommen, sie ging später hin und fand die Marchese zwischen Leodogar und Eugenie sitzen. Kaum hatte Emilie sich den dreien genähert, als sie mit verwilderten Blicken die Fremde anstarrte und dann mit einem lauten Schrei ohnmächtig zur Erde sank. Man versuchte es, sie zu ermuntern, und sie schlug endlich die Augen auf, bedeckte aber sogleich das Gesicht mit beiden Händen und rief: »Weh euch! Wie mögt ihr ruhig in der Nähe dieses Gespenstes bleiben, das seine Krallen nach euren Herzen ausstreckt, um sie zu zerfleischen.« Die Italienerin warf einen drohenden Blick auf Emilie und sagte dann: »Es ist wohl geraten, dass ich mich von hier entferne, wo man ungestraft mich beleidigen darf.« Leodogar erwiderte: »Zürnen Sie nicht, Signora, es ist eine unglückliche Wahnsinnige, die Sie wenigstens nicht willkürlich beleidigt.« »Ja, wahnsinnig bin ich wohl«, rief Emilie, »doch das hindert mich nicht zu sehen, dass jene Furchtbare das Unglück an ihrer Ferse trägt.« Die Marchese verließ nun schweigend und unwillig das Zimmer. Eugenie redete Emilie zu, dass sie sich der Vorstellungen ihrer erhitzten Einbildungskraft entschlagen sollte, aber diese schüttelte den Kopf und sagte: »Aber so seht sie doch nur recht an, ihr müsst ja euren Tod in ihren Zügen lesen; spürt ihr denn den Hauch der Verwesung nicht, der von ihr wehet? O, ich bitte euch, fliehet diese schön geschuppte Schlange, die über euern Untergang brütet.« Leodogar äußerte, sie könne nicht mehr in seiner und Eugenies Gesellschaft sein, wenn sie sich dergleichen Schmähungen gegen die Fremde erlaube, auch riet er ihr wegzubleiben, solange die Dame anwesend sei, wenn sie sich vor derselben fürchte. »O, ich fürchte mich nicht«, versetzte sie, »denn könnte sich mich auch töten, so wäre das gerade ein so großes Unglück nicht; aber, dass sie ihre morsche Totenhand nach eurem blühenden Leben ausstreckt, das ist es, was mich bange macht. Doch ich kann auch schweigen in der Gesellschaft dieser Schrecklichen, verbannt mich nur nicht von euch.«
    Signora Val Umbrosa ließ ihren Widerwillen gegen Emilie deutlich merken und bat, dass man sie für immer entfernen möchte, da der Anblick einer Irren nichts weniger als angenehm sei. Aber Eugenie erwiderte mit Festigkeit: »Diese Unglückliche ist trotz ihres Irrsinns meine Freundin und findet in unserem Umgange Linderung ihres namenlosen Schmerzes; ich hoffe, Frau Marchese, Ihr eigenes Gefühl wird mich rechtfertigen, wenn ich der Armen nicht den letzten Trost raube, der ihr auf der Welt allein noch übrig blieb.« Da Leodogar dieser Äußerung auch beistimmte, so gab sich denn die Dame darin, Emilie zu sehen.
    Emilie kam nun öfter mit der Fremden zusammen und beobachtete ein tiefes Schweigen; aber sie war schüchtern, saß mit weiblichen Arbeiten, was sie früher nie getan hatte. Sonst sang sie zuweilen ein Lied zur Gitarre, welches meistens auf den Zustand ihres Herzens Bezug hatte und wodurch sie ihre Brust gar sehr erleichtert fühlte; jetzt aber bat man sie vergebens darum: Sie schüttelte bei jeder Aufforderung dazu nur schweigend das Haupt. Als man aber stärker in sie drang, um die Ursache zu erfahren, warum sie so hartnäckig verweigerte zu singen, da sagte sie leise: »Wie kann ich singen, wenn der Tod im Zimmer ist; das wäre ja ein Frevel, den er mir übel vergelten und mich wohl gar rasend machen könnte!« Eugenie

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