- Lasst die Toten ruhen
ist nun mit alledem anzufangen? Mir war vor allem an zwei Dingen gelegen. Zum einen wollte ich aufzeigen, dass das Vampirmotiv in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts durchaus beheimatet war, und zwar nicht nur als Nachahmung, sondern lebendig und kreativ. Daraus leitet sich leicht mein zweiter Punkt ab: Ich wollte ein bisschen von der möglichen Breite zeigen. Ich vermute, dass vielfach eine Art von self-fulfilling prophecy am Werk ist: Das heute gängige Vampirbild wurde massiv vom Roman »Dracula« und besonders dessen Verfilmungen geprägt, später kamen noch »Interview mit einem Vampir« und dessen Folgewerke hinzu. Mit diesem Bild im Gedanken wird dann in der Literatur Ausschau nach dem Vampir gehalten – und nur selten gefunden. Vor der großen Normierung durch »Dracula« wurde das Motiv aber erheblich variabler verwendet.
Letztlich ist das Motiv dem steten Wandel unterworfen: Wird das Blut aus der Brust oder dem Hals gesaugt? Dringt der Vampir aus der Architektur des Todes in die Gesellschaft der Lebenden ein oder ist er als geheime Subkultur dort heimisch? Manche der hier abgedruckten Werke bieten Aufschluss über die Wurzeln des Motivs und damit Verknüpftem, wie etwa Rauschnick bei dem Vampirjäger oder Spindler mit dem Pseudovampir. Meines Erachtens hat es im 19. Jahrhundert einen regen Austausch zwischen dem englischen und dem deutschen Sprachraum gegeben, und ich vermute, dass Ähnliches auch für den französischen und russischen Sprachraum gilt. Ich nehme an, dass es noch weitere Vampirgeschichten aus dem deutschen Sprachraum gibt, welche das Wissen über diesen Austausch erweitern können. Meine Hoffnung liegt hier auf dem arg gescholtenem Projekt »Google Bücher« – dort werden zahlreiche alte Werke auch aus dem Ausland leicht zugänglich gemacht. Und wer weiß, vielleicht findet sich ja doch noch eine Ausgabe von Ignatz Ferdinand Arnolds »Der Vampyr«.
Anhang C
— Weiterführende Literatur
Silke Arnold-de Simine, Wiedergängerische Texte: Die intertextuelle Vernetzung des Vampirmotivs in E. T. A. Hoffmanns »Vampirismus«-Geschichte (1821); in: Julia Bertschik, Christa Agnes Tuczay (Hg.), Poetische Wiedergänger. Deutschsprachige Vampirismus-Diskurse vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Tübingen 2005
Nina Auerbach, Our Vampires, Ourselves, Chicago/London 1995
Hans Richard Brittnacher, Ästhetik des Horrors, Frankfurt am Main 1994
Hans Richard Brittnacher, Phantasmen der Niederlage. Über weibliche Vampire und ihre männlichen Opfer um 1900; in: Julia Bertschik, Christa Agnes Tuczay (Hg.), Poetische Wiedergänger. Deutschsprachige Vampirismus-Diskurse vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Tübingen 2005
Matthew Bunson, Das Buch der Vampire. Ein Lexikon, München 2002
Marco Frenschkowski, Vampire in Mythologie und Folklore; in: Thomas Le Blanc, Clemens Ruthner, Bettina Twrsnick (Hg.), Draculas Wiederkehr. Tagungsband 1997, Wetzlar 2003 (Schriftenreihe und Materialien der Phantastischen Bibliothek Wetzlar Bd. 35)
Ken Gelder, Reading the Vampire, London/New York 1994
Stefan Hock, Die Vampirsagen und ihre Verwertung in der deutschen Literatur, Wien 1900
Peter Mario Kreuter, Der Vampirglaube in Südosteuropa, Berlin 2001 (Romanice Bd. 9)
Florian Kührer, Vampire. Monster – Mythos – Medienstar, Kevelaer 2010
Claude Lecouteux, Die Geschichte der Vampire. Metamorphose eines Mythos, Düsseldorf 2008
Karin Lichtblau, »Und der Verdammte bist du allein!« Vampire in der deutschen Oper; in: Julia Bertschik, Christa Agnes Tuczay (Hg.), Poetische Wiedergänger. Deutschsprachige Vampirismus-Diskurse vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Tübingen 2005
Ralf-Peter Märtin, Dracula. Das Leben des Fürsten Vlad bepe_, Berlin 1980
Susanne Pütz, Vampire und ihre Opfer. Der Blutsauger als literarische Figur, Bielefeld 1992
Clemens Ruthner, Blutsauger heimischer Zunge; in: Thomas Le Blanc, Clemens Ruthner, Bettina Twrsnick (Hg.), Draculas Wiederkehr. Tagungsband 1997, Wetzlar 2003 (Schriftenreihe und Materialien der Phantastischen Bibliothek Wetzlar Bd. 35)
Clemens Ruthner, Untote Verzahnungen. Prolegomena zu einer Literaturgeschichte des Vampirismus; in: Julia Bertschik, Christa Agnes Tuczay (Hg.), Poetische Wiedergänger. Deutschsprachige Vampirismus-Diskurse vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Tübingen 2005
Hagen Schaub, Blutspuren. Die Geschichte der Vampire. Auf den Spuren eines Mythos, Graz 2008
Angelika Schoder, Blutsaugerinnen und Femmes Fatales.
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