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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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zu geben – anstelle von Geschenken, die man nach Hause tragen, eine Weile aufstellen muss und dann verräumt. Ganz zu schweigen von dem Altpapierstapel, der durch das Geschenkpapier kanzerös anschwillt. Zu einer Party, findet Nora, gehört ein anständiges Essen, und die Fete steigt am 22.12., da darf es auf keinen Fall die Gans sein, auch nicht der Karpfen, und weil einige Alternative dabei sind, sollten auch keine belegten Brote gereicht werden, denn das ist für die an Heiligabend der ultimative Kick. Also wälzt Nora Kochbuch um Kochbuch und bleibt bei einem reizenden Gericht hängen: Hot Chilie Peppers. Paprikaschoten gefüllt mit Hackfleisch, Soja gibt’s für die Vegis, viel Tabasco, Sambal Oelek, Pfeffer, Tomatensauce und ein bisschen Mais. Perfekt. 12 Leute kommen: Melanie und Stefan, Sabine und Hajo und Freund und Feind, und besagte Wiltrud, selbsterklärte allerbeste Freundin, denn die lädt Nora auch immer ein, zu Geburtstagen, Namenstagen, Brunch, Canapés, und Nora kommt immer noch nicht los von der guten Erziehung.
    Am 22.12. läuft die Küche heiß, es schäumt und schmaucht. Von Sojasauce und Tabasco glüht der Topf, ein scharfer Wind zieht durchs Treppenhaus, die Paprikaschoten dampfen und schicken kleine Wolken aus, in ihnen brutzelt jetzt das Gehackte und das Soja, und Nora steht vor dem Herd und blinzelt und freut sich.
    Kommen die Gäste. Stefan bringt Wein mit, das ist ein gutes Geschenk, kann gleich aufgebraucht werden. Melanie ist so clever, gar nichts anzuschleppen, und so trudeln sie alle ein, auch Wiltrud mit ihrem wunderbaren Mann, ohne Kinder, der Babysitter ist ja so nett und immer bereit, auch zwei Tage vor Weihnachten auf die Töchter aufzupassen, und nebenbei stellt er noch die Häkelmütze für die Oma fertig, ist das nicht klasse, so eine intakte soziale Sicherung. Sie und ihr Angetrauter überreichen Nora ein Geschenk, gewickelt in japanisches Reispapier, kunstvoll mit lila Schleife umwunden. Nora steht in der Küche, direkt vor dem Herd, sie schwitzt von den scharfen Gewürzen und der Hitze aus dem Ofen und öffnet das Päckchen. Ein Buch kommt zum Vorschein. Die feine Küche zu zweit. Nora kriegt zu viel. Rote und orangefarbene Funken tollen um ihren Kopf. Ein paar Mal atmet sie tief ein und aus. Danach erst schaltet sie wieder den Verstand ein und überlegt.
    Die feine Küche zu zweit ist der passende Anlass, nicht mehr höflich zu sein, die perfekte intakte Wiltrud rauszuschmeißen, nie mehr einzuladen, nie mehr zu besuchen und ihr schmackhaftes Knuspergebäck zum Fenster rausflattern zu lassen. Sie weiß genau, dass Nora Single aus Überzeugung ist, dass sie die Schnauze voll hat von Männern, und dass sie nicht, wie Wiltrud unterstellt, immer noch auf der vermaledeiten Suche nach dem einen ist.
    Nora liebt etwas anderes, das feine Pülverchen, das in Amsterdamer Coffeeshops legal zu erwerben ist, und davon hat sie noch was da, in der Speisekammer, neben der Dose mit Backpulver und Vanillezucker. Sie reißt den Herd auf, zieht das Backblech raus, schnappt sich die Tabascoflasche und leert sie über einer einzigen Schote, die ist für Wiltrud, rot und beißend scharf verbreitet sich sofort der Geruch in der ganzen Küche. Dann noch das Sambal Oelek drauf. Wie gut, dass sie ein großes Glas gekauft hat. Jetzt der eigentliche Schatz. Schade, dass ausgerechnet Wiltrud in den Genuss kommt. Umrühren erübrigt sich, Fleisch- und Sojamasse blubbern bei 200 Grad im Herd, die Schärfe verteilt sich allüberall.
    Nora kredenzt Stefans Wein. Alle stehen im Wohnzimmer rum und zieren sich, bis Wiltrud die versammelte Mannschaft zum Esstisch dirigiert: Setzt euch doch, sonst kommt die arme Nora doch zu nichts. Nora bringt die Peppers rein.
    Sehen die aber herrlich aus, sagt Sabine begeistert. Sie mag es scharf.
    Tolle Farbe, sagt Stefan. Richtig schön rot.
    Melanie ist empfindlicher, schnuppert wie ein Kaninchen und meint, Mensch, das riecht aber ganz schon kräftig, Nora.
    Wird ja ein scharfer Abend, bemerkt Hajo.
    Ist auch alles gut durchgezogen?, fragt Wiltrud und strahlt Nora an, wobei ihre Augen kleine Wirbel erzeugen wie die der Schlange Ka aus dem Dschungelbuchfilm.
    Nora setzt das Blech auf dem großen Holztisch ab und verteilt die Peppers. Unauffällig gibt sie erst zwei anderen, dann schiebt sie geschickt Wiltrud die Extrachili auf den Teller.
    Alle hauen rein, jeder hat Appetit, es ist kalt draußen, es ist bald Weihnachten, auf dem Tisch glimmen die Adventskerzen,

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