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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Bekanntschaft gemacht. Sieht mir nach einer fiesen Verstauchung aus. Haben Sie einen Verbandskasten, Frau Molitor?«
    Nora zeigte auf eine schwarze Plastikbox, die neben den Reglern für die Stereoanlage und die Hundezwinger an der Wand befestigt war. Clemenza riss eine Elastikbinde heraus und kümmerte sich um Walts geschwollenes Fußgelenk.
    »Halt, warten Sie mal!«, mischte Teddy sich ein. »Das muss erst abschwellen.« Er stand auf. »Haben Sie Quark im Kühlschrank?«
    Nora verdrehte die Augen. »Schauen Sie halt nach. Mittlerweile kennt sich jeder in meiner Küche besser aus als ich.«
    Teddy zog ab, kam mit einem Töpfchen Quark und einem Geschirrtuch zurück und legte Walt einen kühlenden Umschlag an. Er tat es mit der gleichen Behutsamkeit, die er auch für sein Saxofon aufgebracht hatte.
    »Na, dann ist ja alles geklärt!« Katinka nahm sich noch eine Paprikaschote. Ihr wurde heiß. Das Zeug war ziemlich scharf. Sie brach ein Stück Baguette ab. »Echt lecker, Frau Molitor!«
    Nora stellte drei Flaschen Secco auf den Tisch. »Nachdem wir hier so vereint sitzen«, legte sie los, »finde ich, wir sollten Brüderschaft trinken. Vergeben wir unseren Feinden! Sladko, zum Wohl!« Sie lachte frech. Zum ersten Mal sah Katinka die Grübchen in Noras Wangen. Der müde Ausdruck in ihrem Gesicht war wie weggeblasen.
    »Was ist mit unserem rasenden Reporter?«, fragte Caren. »Wollen Sie nichts essen?«
    »Keinen Hunger«, murmelte Dante. Er war ganz in seinen Text vertieft.
    Während die Nacht vor dem Heiligen Abend sich in eisige Stille hüllte, weil nicht einmal mehr der Winterdienst durchkam, genoss die kleine Gesellschaft im alten Boxclub das Leben, das Essen und die Gemeinschaft unter Menschen, die der Zufall für ein paar Stunden zusammengewürfelt hatte. Es wurde gelacht und gezecht. Heidelores Gesicht wurde so rot, dass schließlich kein Unterschied im Farbton zwischen Haut und Haaren mehr bestand. Nora und Caren zogen sich zum Rauchen zurück, Sladko übernahm es, das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen und die Kaffeemaschine mit frischen Bohnen zu versorgen. Harun baute das Saxofon zusammen. Teddy wiegte sein Instrument glücklich in den Armen und blies einen Blues.
    Dante schließlich legte seinen Stift weg und schüttelte das Handgelenk aus. »Wollen Sie mal?« Er schob Katinka das Notizbuch hin.
    Sie zog es zu sich heran und begann, mit leiser Stimme vorzulesen:
     
    Rot! Scharf! Chilis!
     
    Ich mache mir wenig aus Weihnachten. Außer zu den bunt beleuchteten Glühweinständen auf der Oberen Rathausbrücke, die ich jeden Abend in der Vorweihnachtszeit aufsuche, habe ich wenig Bezug zum Fest der Feste. Die Typen mit Nikolausmütze und Blinklicht im Zipfel finde ich aber ganz lustig. Ich nippe am Glühwein. Ein paar Leute stehen neben mir und philosophieren über Segnungen des Weihnachtsfestes und Familientragödien, Neurosen und Probleme mit den schrecklich netten Leuten, die auf allerbeste Freundin machen und mit Ökoplätzchen als Geschenk nerven.
    Neugier ist meine schlechteste Eigenschaft.
    Nora Molitor – so höre ich mit – hat sich an einem bestimmten Punkt ihres Lebens dafür entschieden, die weihnachtliche Höflichkeit sausen zu lassen. Wiltrud, munkelt man, sei ja wirklich eine Landplage, immer nett, hilfsbereit, pflichtversessen, menschenfreundlich, engagiert, macht alles, kocht alles für alle, schenkt Weihnachten allen die angemessene Menge Selbstgebackenes in Zellophantüten, und alle sind ja so dankbar für alles, was Wiltrud tut.
     
    Nora wollte es anders machen, sie hatte die Schnauze voll von dem Kaufen, Kaufen, Kaufen, jeder hat sowieso alles, alle sind übersatt, dann siehst du die After Shaves, Pralinenschachteln und Geschenkebücher, Zeug, das niemand je für sich selbst kaufen würde, allmählich versteht man, wie Kapitalismus funktioniert, sagt Melanie zu Stefan und Juliane und nimmt ein Schlückchen Heidelbeerglühwein. Deswegen hat sich Nora was anderes ausgedacht, für Familie und Freunde, aber sag mal, überlegt Stefan, vielleicht war die Idee auch eine kleine Revanche. Naja, wegen Wiltrud. Immer perfekt, die super duper Gastgeberin. Kocht meisterhaft, besitzt zehn Meter Kochbücher und macht sowieso immer alles richtig, hat den richtigen Mann, die richtigen Töchter, den optimalen Babysitter, das perfekte Haus, den idealen Job…
    Also, beginnt Stefan, und Melanie macht gleich weiter: Vergangenes Jahr hat Nora die Idee ausgebrütet, ihren Freunden eine Weihnachtsparty

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