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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sagte er im Plauderton. »Er hat schon
überdurchschnittlich lange durchgehalten. Taugen im Grunde nichts, diese
organischen Gehirne. Sie brennen viel zu schnell durch.«
    Karla setzte sich ihm gegenüber und rieb sich über die Augen. Der
Druck auf ihren Schläfen wurde unerträglich. Es war, als wollte ihr jemand das
Gehirn aus den Ohren quetschen. »Hör auf zu faseln«, sagte sie. »Ich brauche
Fakten. Stimmt es, dass auf ihn geschossen wurde?«
    Brad zuckte nonchalant die Achseln. »Nicht, dass ich wüsste. Hat er
das erzählt?«
    Â»Er sagte, du hättest ihn gerettet.«
    Brad faltete die Hände hinter dem Kopf. »Damit hat er im Grunde
sogar recht«, sagte er nachdenklich. »Ich bin im Augenblick seine geistige
Gesundheit. Wenn ich mal kurz weg bin, siehst du ja, was geschieht.« Sein
Lächeln war breit und unverschämt.
    Karla nickte knapp. »Also alles Einbildung? Was ist mit Quass?«
    Der Daimon hob eine Braue. »Der Drache? Ich denke, dass jemand
versucht, ihn zu vergiften. Wahrscheinlich eins seiner schrecklichen schuppigen
Familienmitglieder. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber ich gebe zu, es hat
Raouls geistiger Stabilität nicht gerade gutgetan, dass sein bester Freund
einen Verfolgungswahn entwickelt.«
    Â»Es gibt also weder irgendwelche dunklen Mächte, die Raoul
beschatten und bedrohen, noch ist jemals auf ihn geschossen worden, und auch
die ominösen Geräusche auf dem Dachboden sind reine Phantasie«, fasste Karla
ungeduldig zusammen.
    Brad nickte und sagte: »Du kannst ihm helfen.«
    Â»Wie?«
    Â»Indem du mich übernimmst.« Brad fixierte sie eindringlich. »Er
klammert sich an die Ruinen seines Verstandes. Das ist immer so, ich habe es
schon tausendmal erlebt. Wenn ich jetzt gehe, wird er sich wieder regenerieren.
Wahrscheinlich kann er sich in Zukunft nicht mehr selbstständig die Schuhe
zubinden. Aber er wäre nicht vollkommen matschig im Kopf und auch irgendwie
noch am Leben. Zum Spazierengehen und Blümchenpflücken reicht es sicher noch.«
    Karla schauderte. Die Gefühllosigkeit, mit der Brad über seinen Wirt
sprach, widerte sie an. »Und du glaubst, dass ich mich freiwillig in so ein
Verhältnis begeben möchte?«, fragte sie. »Damit ich in ein paar Jahren auch
überschnappe?«
    Brad sah sie mit weit geöffneten Augen an. »Du bist älter und
stabiler, als er es war, als er mich aufnahm«, sagte er. »Du kannst gut noch
zwanzig, fünfundzwanzig Jahre durchhalten, bevor es zu den ersten
Ausfallerscheinungen kommt. Und bis dahin hast du einen First-Class-Daimon zu
deiner Verfügung.«
    Karla schüttelte heftig den Kopf. »Nein, danke«, sagte sie.
    Brad nahm es ohne erkennbare Gemütsregung zur Kenntnis. »Damit ist
Raoul dann wohl erledigt«, sagte er sanft.
    Karla stand auf und blickte auf ihn hinab. Sie war so zornig, dass
sie ihn am liebsten geschlagen hätte. »Du wirst jetzt den Rest des Abends dafür
sorgen, dass er sich ausruht«, sagte sie. »Bleib am Steuer, lass ihn schlafen.
Ich habe noch etwas zu erledigen. Sobald ich zurückkomme, kannst du wieder
deiner Wege gehen.«
    Der Daimon nickte gleichgültig. »Kein Problem. Ich wollte ohnehin
noch ein paar der Bücher lesen, die er gekauft hat.« Er stand auf und ging ins
Arbeitszimmer.
    Karla sah die geschlossene Tür an und murmelte einen Fluch.
    Als sie ihre Wohnungstür öffnete, lockten einen Moment lang mit
Macht ihre Dusche und ihr Bett, aber dann siegte die Sorge. Während sie sich
umzog und ihren Rucksack aufräumte, rief sie ein Taxi, überprüfte die
Türklingel – sie funktionierte wieder – und legte sich dann nur kurz auf ihr
Bett, um sich während des Wartens ein wenig auszuruhen. Mit geschlossenen Augen
spürte sie der Energie nach, die wie eine Gewitterwolke über der Stadt hing.
Woher stammte dieses unglaublich starke Feld? War doch irgendwo ein großer
Memplex-Generator in Betrieb, dessen Existenz sie für unmöglich gehalten hatte?
    Sie ertappte sich dabei, dass sie nach nebenan lauschte. Waren da
irgendwelche Geräusche? Sie hielt den Atem an. Aber außer dem normalen Brummen
des Straßenverkehrs und einem leisen Gluckern und Surren, das wahrscheinlich
vom Heizkörper kam, hörte sie nichts.
    Die Türklingel ließ sie auffahren. Sie war eingeschlummert und
fühlte sich bis auf die Knochen

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