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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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zurück und konzentrierten sich auf Stef. Er entschuldigte sich, dass er ihre Badezeit verpasst hatte, und schien das auch ernst zu meinen. Es war ein Zeichen ihrer Vertrauensprobleme, dass sie sogar daran zweifelte.
    Sie trockneten Stephanie gemeinsam ab, und Milo las ihr ein Kapitel aus Harry Potter und der Stein der Weisen vor, während Tina abspülte. Sie stellte für Milo einen Teller Chicken Fingers mit Erbsen in die Mikrowelle, ließ aber die Tür offen. Sie befürchtete, dass er es sonst kalt essen würde. Manchmal passierte ihm so was in seiner Zerstreutheit, wenn er mit den Gedanken woanders war. Einmal, als er sich im Büro mit einem besonders vertrackten Problem herumschlug, hatte er sogar die Wohnung ohne Schuhe verlassen und es erst unten auf der Straße gemerkt.
    »Schläft sie?«, fragte sie, als er herüberkam.
    »Noch nicht. Sie will mit einer Freundin in Botsuana skypen. Hast du gewusst, dass sie eine Freundin in Botsuana hat?«
    »Ja, das ist Unity Khama. Ein Schulprojekt. Wir hatten früher Brieffreunde, aber heutzutage wissen sie ja nicht mal mehr, was ein Brief ist.«
    Er prustete und schaltete dann die Mikrowelle ein.
    »Also ich denke, du solltest mir was erklären«, sagte sie.

    »Kannst du noch kurz warten?«
    Als das Gerät piepte, trat er hinaus und kam gleich darauf mit zwei Jacken wieder. »Hier.« Er reichte Tina die ihre. »Zieh das an. Wir gehen rauf.«
    »Was ist mit Stef?«
    »Ich hab ihr gesagt, wir sind ein paar Minuten weg, und sie soll für niemand die Tür aufschließen. Komm, es passiert schon nichts.«
    »Warum können wir nicht hier reden?«
    »Tu mir einfach den Gefallen.«
    Sie war sich nicht ganz sicher, aber einen Versuch war es wert. Dr. Ray hatte gesagt, dass Misstrauen weiteres Misstrauen auslöste und dass es völlig außer Kontrolle geraten konnte, vor allem wenn man es unter Verschluss hielt. »Milo, im Moment bin ich nicht unbedingt scharf darauf, dir einen Gefallen zu tun.«
    »Wäre ich auch nicht«, räumte er ein. »Trotzdem, bitte.«
    Sie schlüpfte in die Jacke und sah noch einmal kurz nach Stephanie, die über Videoschaltung mit der funkeläugigen Unity redete, einem schwarzen Mädchen in Gaborone. Beide lachten, und sie zog sich gleich wieder zurück.
    Beim Verlassen der Wohnung schloss Milo betont nachdrücklich von außen ab, dann führte er sie hinauf zur Dachzugangstür, die mit einem schweren Schlüssel aufgesperrt wurde. Ein kalter Abendwind ließ ihre Haare flattern.
    »Erzähl mir nicht, du hast Angst vor Wanzen«, sagte sie.
    »Vielleicht sollte ich es dir doch erzählen. Ich will dir nichts mehr verheimlichen.«
    »Ich glaub, das habe ich schon öfter gehört.«

    »Vor ein paar Wochen habe ich Jewgeni in Berlin getroffen, und er hat gemeint, ich darf die Menschen nicht so unterschätzen und dich schon gar nicht. Er hat recht. Das hast du nicht verdient. Komm her.« Er führte sie zum Rand des Dachs. Dahinter erstreckten sich weitere Dächer bis zum Prospect Park; links glitzerten in der Ferne Lichter auf dem Weg nach Manhattan. Aber Milo deutete rechts nach unten zur Garfield Street. »Siehst du den Chevy? Den blauen.«
    »Ja.«
    »Der Typ, der da drin sitzt, folgt mir. Seit wann, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich schon die ganze Zeit, seit ich in New York bin.«
    »Bestimmt nur ein Nachbar.«
    »Nachbarn übernachten nicht im Auto.«
    »Und warum folgt er dir?«
    »Ich vermute, er gehört zu den Leuten, die mich schon in Europa beschattet haben. Sie arbeiten für einen Senator. «
    Sie begriff nicht, was das Wort »Senator« in Milos Satz zu suchen hatte. »W…« Sie stockte. »Was für ein Senator ?«
    »Nathan Irwin, ein Republikaner aus Minnesota.«
    »Scheißrepublikaner«, fauchte sie.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich wollte dir nur erklären, warum wir hier oben reden. Wahrscheinlich sind sowieso keine Wanzen in unserer Wohnung, ich möchte bloß kein Risiko eingehen.«
    Ihr Blick glitt von ihm zum Chevrolet und zurück. Der Wind ließ ihre Augen tränen, und sie hoffte, dass er das nicht falsch deutete. Sie wartete.
    »Wegen Dr. Ray. Es tut mir leid, wirklich sehr leid. Aber bei unserem Gespräch hat mein Kopf einfach auf
Autopilot geschaltet, und mir ist was eingefallen, was sehr Wichtiges. Über die Abteilung.«
    »Die Abteilung, für die du nicht mehr arbeitest.«
    »Ja. Aber ich … Hör zu. Ich möchte es dir erzählen, ohne dass ich es dir erzähle. Nicht weil ich was verheimlichen will, sondern weil es was ist, das du besser

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