Last Exit
nicht wissen solltest. Dieses Wissen muss zwar nicht unbedingt gefährlich für dich sein, aber es könnte. Und das will ich vermeiden.«
»Ein bisschen deutlicher solltest du aber schon werden, Milo.«
Er schien ihren sanften Tadel zu akzeptieren und nickte. »Ich musste mit dem neuen Leiter darüber reden, denn wenn ich recht habe, steckt die Abteilung in ernsten Schwierigkeiten. Sie könnte sogar vernichtet werden.«
Sie sah, dass er sich bemühte, und das rechnete sie ihm hoch an. »Hast du mir nicht erst neulich erzählt, dass die Abteilung gar nicht verdient, weiterzuexistieren? Hast du es dir wieder anders überlegt?«
»So was lässt sich leicht sagen, aber die Abteilung besteht doch aus Menschen. Man macht sich Sorgen um all die Leute, die ihren Job verlieren, und um andere, die wirklich in Gefahr schweben.«
»Redest du von einem Maulwurf?«
Sein Gesicht erschlaffte, und da wusste sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Das Gefühl von Triumph, das in ihr hochsteigen wollte, versiegte gleich wieder. Hieß das, dass jetzt auch sie und Stephanie bedroht waren?
»Ich möchte nicht lügen«, antwortete Milo.
»Los, lüg mich an.«
»Dann, nein. Kein Maulwurf. Nichts Ernstes.«
Sie lächelte unwillkürlich, und auch über sein Gesicht
zog ein breites Grinsen. »Und was bedeutet das jetzt?«, fragte sie.
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und spähte über die Dächer. »Es bedeutet, dass ich ein paar Tage verschwinden muss. Übers Wochenende vielleicht. Aber nächste Woche bin ich bestimmt wieder da.«
»Kannst du wenigstens telefonieren?«
»Klar.«
»Der Gute-Nacht-Anruf für Stef wäre wichtig. Sie würde sich bestimmt freuen.«
»Wie geht es ihr, was meinst du?«
»Was? Nachdem du wieder zurück bist?«
»Ja.« Er klang sehr verletzlich.
In Wirklichkeit war Tina aufgefallen, dass Stef in Milos Gegenwart viel ruhiger war und erst zu ihrer normalen lauten Ausgelassenheit zurückkehrte, wenn er außer Haus war. Angst, glaubte Tina erkannt zu haben. Stefs Angst, dass ihr Vater jederzeit zu einem seiner unklaren »Aufträge« aufbrechen konnte, wenn sie ein falsches Wort sagte. Doch als sie seinen Gesichtausdruck bemerkte, brachte sie es nicht über sich, ihm die Wahrheit zu sagen. »Du kennst doch die kleine Miss. Sie ist außer sich vor Glück, dass du wieder da bist.«
»Glaubst du?« Hoffnung stahl sich in seine Stimme.
»Natürlich. Aber wir erzählen ihr besser nicht, dass du einen Auftrag erledigen musst. Sagen wir einfach, du musst irgendwohin zu einem Vorstellungsgespräch. Capisci ?«
»Capisco.«
Schweigend blieben sie noch eine Minute auf dem Dach; dann gab er ihr einen Kuss, und sie stiegen wieder hinunter zu Stephanie, die noch immer am Computer war. Tina mahnte sie, sich von Unity zu verabschieden,
und trat ans Fenster, um die Jalousie beiseitezuziehen. Der Mann im Chevrolet war nicht zu erkennen, doch sie sah, wie das Fenster nach unten glitt und eine kurz aufblitzende weiße Hand mit langen Fingern eine Zigarette hinausschnippte, die noch rauchend bis zur Straßenmitte kullerte.
3
Am Donnerstagmorgen ließ Alan Drummond während der Fahrt durch den zähen Verkehr in der Innenstadt wieder die Trennscheibe zwischen sich und Jake hochfahren und rief Stuart Fossum an der Federal Plaza an. Sie hatten sich bei den Marines kennengelernt und danach leicht unterschiedliche Wege zum Nachrichtendienst eingeschlagen: Drummond zur CIA, Fossum zum FBI. Als er Drummonds Namen hörte, lachte Fossum laut. »Alan! Immer wenn mir gleich was auf den Kopf fällt, höre ich kurz vorher deine Stimme.«
»Bin ich wirklich so berechenbar?«
»Komm zu uns«, erwiderte Fossum. »Kehr diesen falschen Fuffzigern den Rücken.«
Obwohl sie schon seit Monaten nicht mehr miteinander geredet hatten, benahm sich Fossum, als träfen sie sich jede Woche einmal zum Mittagessen. »Hör zu, Stu. Du musst mir einen Gefallen tun. Und zwar in aller Stille.«
»Was hast du dir da vorgestellt?«
»Hintergrundakten über sieben Leute.«
»Hohe Geheimhaltungsstufe?«
»Glaube ich nicht. Es sind Assistenten eines Senators.«
Fossum überlegte. »Klingt zu einfach. Da frag ich mich natürlich, wieso jemand von deiner Bedeutung nicht seine Sekretärin bitten kann, eine Google-Suche durchzuführen. «
»Sagen wir einfach, dass das Ganze nicht so sicher ist, wie wir es gern hätten. Wenn der besagte Senator rausfindet, dass ich seinen Leuten nachschnüffle …«
»Verstanden«, unterbrach ihn Fossum.
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