Last Exit
»Dann gib mir mal die Namen durch.«
Nachdem er die Liste auswendig wiederholt hatte, forderte Fossum als Gegenleistung eine Einladung zu einem teuren Essen, und sie einigten sich auf Le Bernardin in der Fifty-first Street. Dann seufzte Fossum. »Du möchtest mir wohl nicht verraten, für welche Dienststelle du arbeitest?«
»Wenn ich schon ein Mittagessen im Bernardin spendiere, muss ich gar nichts verraten.«
»Nicht mal, worum es hier geht?«
Drummond hatte eine Geschichte parat. »Jemand hat sich aus dem Wahlkampftopf bedient. Wir haben es vor dem Senator rausgefunden und möchten die Sache in aller Stille erledigen, damit er sich nicht damit rumschlagen muss.«
»Da will sich die CIA wohl lieb Kind bei einem Senator machen.«
»Du hast es erfasst, Stu.«
Als er im zweiundzwanzigsten Stock aus dem Aufzug stieg, spähte er sofort nach hinten. Senator Irwin und seine Handlanger waren nicht da – sie kamen nur selten so früh, weil sie am Vormittag mit Kongressarbeit beschäftigt waren. Langsam bahnte er sich einen Weg durch das Großraumbüro und nahm dabei die eine oder andere Bitte entgegen. Sally Hein wollte eine ergonomische Tastatur, weil sie eine sich anbahnende Sehnenscheidenentzündung befürchtete. Manuel Gomez bat um Erstattung der Kosten für ein teures Essen mit einem Informanten bei der NSA, mit dem er sich zu einem Meinungsaustausch über
einen iranischen Mufti getroffen hatte. Nur Saeed Atassi, ein Syrienspezialist, den er dem Verteidigungsministerium abspenstig gemacht hatte, hatte eine arbeitsbezogene Anfrage. Von einem Touristen in Damaskus hatte er beunruhigende Nachrichten über einen syrischen General erhalten, der in Verbindung mit einem israelischen Oberst stand, um die geheimen Friedensgespräche zwischen den beiden Ländern zu untergraben. Atassi hatte einen Reiseführer zu der Angelegenheit erstellt, hielt es aber für besser, je eine Version an beide Regierungen durchsickern zu lassen, um den Senatsausschuss und dessen notorisch langsame Entscheidungsfindung zu umgehen. Drummond versprach ihm eine Antwort bis zum Abend.
Seine Sekretärin, eine kräftige Brünette mit einem Teleskopblick für Details, brachte ihm einen Stapel Post und einen Kaffee zu seinem großen Eichenschreibtisch. Nachdem er sich bedankt hatte, startete er auf seinem Notebook ein Programm namens Tracker, das dazu diente, die Handys und Schulterchips all seiner Touristen auf einer Weltkarte anzuzeigen, und ihm einen umfassenden Überblick über seinen Einflussbereich verschaffte. Auf dem gesamten Planeten waren rote Punkte verstreut, die meisten reglos, während andere – in Flugzeugen oder Hochgeschwindigkeitszügen – sich langsam bewegten. Wenn er mit dem Cursor über einen Punkt fuhr, öffnete sich ein kleines Fenster, dem er den Arbeitsnamen und gegebenenfalls aktuelle Informationen entnehmen konnte. Ein Zähler am unteren Bildschirmrand nannte ihm die Gesamtzahl: siebenunddreißig.
Nachdem er seine Post durchgesehen, neue Geheimdienstberichte geprüft und Befehle erteilt hatte, schneite Irwin in sein Büro. In jüngster Zeit trat er immer öfter ein, ohne zu klopfen, selbst wenn Drummond am Telefon war.
Der Senator ging hinüber zu den Fenstern mit Blick auf Manhattan und redete die Stadt an. »Ich weiß nicht, wie Sie das machen.«
»Was mache ich, Nathan?«
»Das. Eine Meile über dem Boden arbeiten. Wie in einem Elfenbeinturm.« Stirnrunzelnd wandte er sich zu Drummond um. »Das ist ungesund. Wenn man sich nicht unter die Massen mischt, wie soll man dann die Interessen der Massen schützen? Man kann ja viel Schlechtes über Politiker sagen, aber wir vergessen nie, wen wir vertreten. Sie haben unsere E-Mail-Adressen, kennen unsere Namen und Gesichter, wissen, wo wir wohnen. Einfach alles – na ja, das meiste, was wir machen, dient der öffentlichen Darstellung. Wenn man nur ein bisschen aus der Reihe tanzt, wartet schon jemand mit einem Schmiedehammer. «
Drummond schob sich in seinem Stuhl zurück und musterte den Senator. Trotz seiner weißen Haare war der Mann erfüllt von einer nervösen Energie, wie Drummond sie oft beim Militär beobachtet hatte. Sein Auftreten hatte etwas Jugendliches, wohl die Folge seines Umgangs mit den Massen. »Vielleicht haben Sie recht«, räumte Drummond ein. »Wir mischen uns stattdessen unter Leute wie Sie und vertrauen darauf, dass Sie uns berichten, was die Massen wollen.«
»Nicht nur was sie wollen, sondern was sie brauchen.«
»Natürlich. Sind Sie wegen
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