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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Berührung blies er auf die Glut und schien genau zu wissen, wie viel Druck er ausüben musste, damit es tief
unter die Haut brannte, ohne dass die Zigarette erlosch. Er war ein echter Experte.
    Milo schrie einige Male, aber schlimmer als der Schmerz war der Gestank. Zuerst der schwefelige Geruch seiner schmelzenden Haare, dann das Fleisch wie Holzkohle. Sein Magen krampfte sich zusammen, aber er hatte nicht genug zu sich genommen, um tatsächlich etwas hochzuwürgen. Dann schrie er wieder.
    In ihrem Beruf machte sich niemand die Mühe, den Stoiker zu mimen. Tatsachen waren Tatsachen, und das Leugnen von Schmerz war überflüssiges Angebergehabe. Für so was war in diesem Geschäft kein Platz.
    »Reden Sie.« Nach fünf Brandmalen putzte Oskar grob das Blut weg, damit keine Flecken auf den Sessel kamen.
    Durch seine Tränen konnte er Oskar nur verschwommen erkennen; Erika lehnte im Sofa. Ihr Gesicht war nur ein weißer Klecks. »Wer ist es?«
    »Pardon?«, fragte sie.
    »Wer drängt Sie zur Eile? Vorher haben Sie es gut gemacht. Ganz ruhig und gelassen. Ich hab Ihnen sogar abgenommen, dass Sie alle Zeit der Welt haben. Aber jetzt ist es auf einmal anders. Jemand hat Ihnen befohlen, Sie sollen mich loswerden.«
    »Gustav.« Ihre Stimme war ausdruckslos. »Ich glaube, Mr. Weaver möchte noch eine Kippe.«
    Milo spannte sich an, nur sein Gesicht wurde schlaff, als er auf den Schmerz wartete. Gustav blies auf das Ende der Zigarette, während Heinrich ihm wieder den Arm festhielt. Als Gustav die Glut zwischen die roten und schwarzen Flecken setzte, kreischte Milo hemmungslos. Das lief alles so verdammt professionell.
    Oskar wedelte sich den Qualm aus dem Gesicht und beugte sich vor. »Reden Sie.«

    »Mr. Weaver«, erklärte Schwartz vom Sofa aus, »wir sind vielleicht in Eile, aber wir haben noch die ganze Nacht. Und Gustav hat eine ganze Stange Zigaretten dabei. «
    Milo starrte auf seine gefesselten Knie. Er hörte, wie Gustav hinter ihm auf die Zigarette blies, doch als er aufblickte, trat der Mann zurück und steckte sie sich zwischen die Lippen.
    »Es war für Sie«, sagte Milo.
    »Für mich?«, fragte Schwartz.
    »Plural. Für den deutschen Geheimdienst. Ich weiß nicht, welche Abteilung, nur, dass es der deutsche Geheimdienst ist. Adriana wurde getötet, damit die Verbindung der Company zum deutschen Geheimdienst bestehen bleibt.«
    Während Oskar zweifelnd dreinschaute, musterte ihn Erika Schwartz aus zusammengekniffenen Augen. »Was soll das heißen, Mr. Weaver?«
    »Niemand hat mir was erklärt. Nachdem Sie mir den Hintergrund geschildert haben, kann ich raten, aber das können Sie sicher auch.«
    Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie ihm schon weit voraus war.
    »Deswegen hab ich Sie gefragt«, setzte er hinzu. »Wer hat Sie aufgefordert, mich loszuwerden?«
    Sie hörte ihm gar nicht zu. Er wusste, was ihr durch den Kopf ging, weil er den ganzen Tag Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Ein Mädchen mit einer Geschichte wie Adriana hatte keine Bedeutung für eine Organisation. Nicht für die CIA, nicht für den BND, nicht einmal für die Menschenhändler, die bereits genügend Geld aus ihr herausgeschlagen hatten. Bedeutung hatte Adriana Stanescu nur für einen Einzelnen oder eine kleine Gruppe.
Für die Art von Personen, die fragwürdige Clubs frequentierten, um Befriedigung in den Verlockungen von anonymem, verbotenem Sex zu suchen.
    »Erika.« Er war selbst erstaunt, wie weich seine Stimme klang. »Sagen Sie mir, wer Ihr Chef ist. Sagen Sie mir, wer uns daran hindern will, miteinander zu sprechen.«
    Sie antwortete nicht. Ohne ein Wort stand sie auf, steuerte auf die Treppe zu und stieg hinauf. Ihre drei Helfer wirkten ratlos, und Gustav setzte sich auf die Liege, um seine Zigarette zu Ende zu rauchen. Heinrich ließ sich auf dem Sofa nieder, ohne Milo anzuschauen. Oskar stand da und starrte auf die leere Treppe. Dann folgte er ihr hinauf und nahm den Wein und die Gläser mit, die sie vergessen hatte.

16
    Am Morgen bat sie Oskar, im Haus zu bleiben. Sie versprach, ihm innerhalb der nächsten Stunde telefonisch Instruktionen zu geben. Weaver sollte sich bis dahin ausruhen. Die Videovorstellung hatte am Abend geendet, und sie hatten sogar gemeinsam im Schutzraum gegessen. Mit Heinrich als Aufpasser durfte Weaver im Bad nebenan duschen. Zu einem weiteren Informationsaustausch kam es nicht, obwohl er beim Abendessen immer wieder Fragen stellte. Vor allem war er darauf aus, Theodor Wertmüllers Identität zu

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