Last Exit
Verdacht und eine Überprüfung der Überwachungskameras in ihrer Gegend gereicht – die Tarnung des Lieferwagens war wohl eher schwach gewesen. Vielleicht war Weaver von der Straße aus gesehen worden, als sie ihn ins Haus brachten. Oder Gustav hatte den dummen Fehler gemacht, zum Rauchen hinauszugehen. »Hören Sie, Theodor. Wenn ich Milo Weaver hätte, würde ich ihn nicht in meinem Haus festhalten. Ich würde eine unserer netten, sicheren Zellen benutzen. «
Rauchend starrte er in die Ferne. »Wenn Sie darauf bestehen, schön. Nur nichts zugeben. Aber vergessen Sie bitte nicht, dass ich Ihr Freund bin. Ich bin nicht darauf aus, Ihre Karriere zu untergraben. Ich will nur, dass der Mann freigelassen wird – ohne Formalitäten und Papierkram. Mir wurde auch zugesichert, dass die Amerikaner es Ihnen nicht heimzahlen. Sorgen Sie nur dafür, dass er heil bleibt, okay?«
Sie musterte ihn von der Seite. »Die Amerikaner haben mit Ihnen darüber gesprochen? Sind sie es, die behaupten, dass er bei mir ist?«
»Glauben Sie wirklich, dass Sie irgendwas tun können, ohne dass es die Amerikaner mitkriegen, Erika? Wenn sie es wirklich wissen wollen? Wir haben sechstausend Mitarbeiter. Und die CIA? Mindestens zwanzigtausend. Ganz
zu schweigen von ihrer Technologie. Mit ihren Satelliten können die jeden Ihrer Schritte bis zu Ihrem Haus überwachen und Ihnen dann mit Infrarot dabei zuschauen, wie Sie ins Bett gehen.«
»Das ist lächerlich, das wissen Sie ganz genau.«
Er schnippte seine Zigarette weg. »Fragen Sie mich nicht, woher sie es wissen. Für jemanden in meinem Alter ist das die reine Magie. Auf jeden Fall sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass sie es wissen, und ihnen ihren Mann zurückgeben. Niemand von uns kann es sich leisten, sich ihren Zorn zuzuziehen.«
Erika beobachtete, wie er zurück zum Gebäude schlenderte. Sie sog die kalte Luft ein. Sie neigte nicht zum Fluchen, aber in diesem Augenblick brach ein Schwall unflätiger Schimpfworte aus ihr hervor. Dann wuchtete sie sich hoch und ließ ihren ganzen Frust an Wertmüllers auf dem Boden verglühender Zigarette aus.
Sie kaufte Wein und Snickers bei Herrn al-Akir, ohne einen Versuch, ihm seine Nervosität zu nehmen. Dann holte sie Oskar ab. Als er sich über die lange Wartezeit beklagen wollte, schnitt sie ihm das Wort ab und erklärte ihm die Lage.
»Das versteh ich nicht«, antwortete er. »So schnell?«
»Wir haben einen Fehler gemacht. Irgendwas Dummes.«
»Wie lang haben wir noch?«
»Bis morgen Nachmittag, schätze ich. Danach schicken sie mir die GSG 9 auf den Hals und brechen meine Tür auf. Wahrscheinlich brennen sie auch gleich das Haus nieder, wenn sie schon dabei sind.«
»Können wir es jetzt auf meine Weise probieren?«
»Wenn wir ihn schlagen, erzählt er uns nur weiter Märchen. «
»Und wenn nicht, sagt er gar nichts.«
Als Erika mit dem Wein und zwei Gläsern die Treppe herunterstapfte, war er wieder an den Sessel gefesselt, aber etwas hatte sich verändert. Sie bewegte sich schneller, und sie strahlte etwas wie Verwirrung oder Panik aus. Sie fing wieder von vorn an, mit den einfachen Fragen. Warum haben Sie Adriana Stanescu getötet? Für wen arbeiten Sie?
Er hatte einen langen Tag mit diesen zwei Typen hinter sich, die ihm manchmal wahllos eine knallten, während vor seinen Augen immer wieder die Stanescu-Geschichte ablief, aber er hatte auch Zeit zum Nachdenken gefunden. Eigentlich suchten er und Erika Schwartz nach den gleichen Antworten. Beide waren sie empört über die Vorgehensweise der Abteilung Tourismus und wollten ergründen, was dahintersteckte. Milo hatte von Drummond eine vage Erklärung gehört, aber das reichte nicht. Auch Schwartz würde sich damit nicht zufriedengeben, und so machte er sich gar nicht erst die Mühe, ihr diese windige Geschichte aufzutischen.
Sein Schweigen schien Schwartz auf einmal aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit einem Ausdruck der Verzweiflung wandte sie sich schließlich an Oskar: »Ich weiß auch nicht. Vielleicht haben Sie recht.« Sie erhob sich aus dem Sessel und machte es sich auf dem Sofa bequem. »Fangen Sie an.«
Oskar stand auf. »Gustav, wie wär’s mit einer Zigarette für Mr. Weaver?«
Während Gustav eine anzündete, zerrte Heinrich an Milos schmutzigen Hemdsärmeln, bis seine Unterarme freilagen. Milo schloss die Augen. Er hatte damit gerechnet, dass es so weit kommen könnte, aber nicht so schnell.
Gustav machte so etwas nicht zum ersten Mal. Vor jeder
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