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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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hatte er den schweren Vorhang zugezogen, damit sie so viel ausziehen konnte, wie sie wollte, ohne sich unwohl zu fühlen, dann hatte er sie allein gelassen.
    Sie fügte den Ausdruck »Gentleman« der Liste schmeichelhafter Attribute hinzu, mit denen sie den verdammten Mann versehen musste.
    Aber sie war unleugbar dankbar für die Gewährung der Privatsphäre; er hatte ihr zwar am Morgen die Kleider ausgezogen
und
sie gesäubert, aber sie war so erschöpft und ausgelaugt gewesen, dass sie den größten Teil davon gar nicht richtig mitbekommen hatte, daher zählte es nicht. Jetzt, da sie klarer dachte, war sie sich der Risiken sehr wohl bewusst, sich von der körperlichen Nähe mitreißen zu lassen, von der Abhängigkeit und der Selbsttäuschung, mehr in ihre Nähe hineinzuinterpretieren, als wirklich da war. Das wäre unglaublich einfach gewesen, und die Erkenntnis des Risikos ließ all ihre inneren Alarmglocken schrillen. Sie wusste nicht, was sie tun würde, wenn es zu Mann/Frau-Situationen kam, daher war es das Beste, einen großen Bogen darum zu machen, damit sie sich nicht noch einmal zum Narren machte. Normalerweise war das auch nicht schwer, aber, na ja, Dare und diese verdammten Schmetterlinge konnten sie schon in Versuchung führen.
    Gefahr erkannt, Gefahr gebannt – wenn sie das nur im Hinterkopf behielt.
    Sie hatte ein paar saubere Klamotten in ihre Satteltaschen gestopft, aber sie war in Eile gewesen und hatte versucht, nicht in Panik zu geraten, darum war sie sich nicht sicher, was genau sie eingepackt hatte. Sie zog die Taschen heran und leerte sie aus. Proteinriegel, Wasser, ihre Pistole, Munition – vom Überlebensstandpunkt aus hatte sie die richtigen Sachen gepackt. Was Kleidung betraf, so verfügte sie jeweils über zwei Paar frische Socken und Unterwäsche, eine Jeans und zwei Flanellhemden. Nicht schlecht; wenn sie in der Lage gewesen wäre, ihren Mantel zu trocknen, wäre sie ziemlich gut auf das Wetter vorbereitet gewesen.
    Aber eine Sache, die sie nicht eingepackt hatte, waren saubere Jogginghosen zum Schlafen. Also würde sie sich weiter mit Dares Thermounterhosen begnügen müssen. Sie
konnte
ihm sein Flanellhemd zurückgeben und in ihrem eigenen schlafen, aber das wollte sie nicht. Oh Gott, sie würde ein ernsthaftes Problem haben, wenn sie nicht aufpasste.
    Nachdem sie sich in dem kalten Wasser gewaschen und sich die Zähne mit einer der Wegwerfzahnbürsten geputzt hatte – die im Wesentlichen aus einem Stück rosafarbenen Schwamms bestand, der an einer Art Lutscherstiel klebte und mit einer nach Pfefferminz schmeckenden Masse gefüllt war, die die Zahnpasta ersetzen sollte –, zog sie Dares Sachen wieder an und schlüpfte in eine ihrer eigenen dicken Socken. Sie verband sich gerade den Knöchel neu, als sie Dare die Leiter heraufkommen hörte.
    »Bist du fertig?«
    »Ja.« Der Vorhang wurde zur Seite gerissen, kaum dass das Wort ihre Lippen verlassen hatte. Sie schaute zu ihm auf, und ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund. »Danke. Ich fühle mich jetzt viel besser, fast schon wie ein Mensch.«
    Für eine Sekunde stand ein harter, undeutbarer Ausdruck auf seinem Gesicht, beinahe, als bisse er die Zähne zusammen, dann war er so schnell verschwunden, dass sie sich nicht sicher war, ob sie ihn wirklich gesehen hatte oder ob es ein Schatten gewesen war, den das harte Licht der Laterne auf sein Gesicht geworfen hatte. »Stimmt was nicht?« Sie bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen. Wenn etwas los war, wenn irgendeine Katastrophe über sie beide hereinzubrechen drohte, dann wollte sie es wissen, damit sie sich dem Problem offen stellen konnte. Sie war gern auf jede Eventualität vorbereitet.
    »Nein, wieso?«
    »Du hast gerade komisch geguckt – komisch im Sinne von seltsam, nicht im Sinne von ›haha‹.«
    »Ist alles in Ordnung.«
    »Wenn irgendetwas sein sollte, möchte ich Bescheid wissen, damit ich nicht überrascht werde.«
    »Alles ist in Ordnung.«
    »Ich mag keine Überraschungen. Ich will vorbereitet sein, damit ich damit umgehen kann.«
    Diesmal hatte sie kein Problem damit, seine Miene zu deuten, denn Verärgerung war etwas Einfaches. »Es. Ist. Alles. In. Ordnung.«
    »Warum hast du dann ein Gesicht gemacht, als hättest du Blähungen?«
    Seine dunklen Brauen zogen sich über der Nase zusammen. »Du bist eine verdammte Nervensäge, weißt du das?«
    »Und du etwa nicht?«, gab sie zurück. Sie fühlte sich sicherer, jetzt, da sie wieder auf vertrautem Boden

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