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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Frau, die er je kennengelernt hatte. Falls sie auch nur eine Spur Eitelkeit besaß, so hatte er sie nicht bemerkt. Nicht ein einziges Mal hatte sie gesagt, dass sie sich die Haare kämmen müsse; ihre Pflege schien über Sauberkeit und Zähneputzen nicht hinauszugehen. Er war sich nicht sicher, ob sie Make-up trug; wenn sie es je getan hatte, dann war es so dezent gewesen, dass er es nicht bemerkt hatte, was er allerdings ohnehin kaum tat, es sei denn, eine Frau übertrieb es maßlos mit dem Zeug. Vielleicht war ihr dichtes, schweres dunkles Haar von Natur aus glatt, und sie brauchte nicht viel damit zu tun, Punkt. Vielleicht würde sie morgen aufwachen und Theater machen, weil sie kein Mascara und keinen Fön hatte, aber er wettete, dass sie das nicht täte.
    Er war von einer Mischung aus Frustration, Erheiterung und Zärtlichkeit für sie erfüllt, die ihn ganz verrückt machte. Mit den beiden ersten konnte er umgehen: Er war frustriert, weil er seit dem Moment, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, mit ihr ins Bett gewollt hatte, was bedeutete, dass er es mit einem zweijährigen Druck zu tun hatte, und er war erheitert, weil er jetzt die Oberhand hatte und sie es irgendwie wusste. Ihre Art, sich zu wehren, war zwar so klugscheißerisch wie immer, aber sie hatte es noch nicht richtig verstanden, daher war sie ein wenig aus der Bahn geworfen.
    Aber …
Zärtlichkeit?
Was zum Geier wusste er denn schon davon? Er wusste nur, dass ihm diese ernsten dunklen Augen unter die Haut gingen, und als sie ihn das erste Mal angelächelt hatte, hatte ihr Gesicht irgendwie aufgeleuchtet, und der Adrenalinstoß war beinahe so heftig gewesen wie vor einem Kampfeinsatz. Als sie dann auch noch gelacht hatte, war es das gewesen. Er hatte sie küssen
müssen,
und wenn sie sich nicht zurückgezogen hätte, würde er sie immer noch küssen und noch viel mehr tun.
    Er hatte viele Frauen gehabt, und ihm war aufgefallen, dass die Chemie beim Küssen begann. Es hatte Frauen gegeben, zu denen er sich hingezogen gefühlt hatte, Frauen, mit denen er geschlafen hatte, die er nicht gern geküsst hatte, aber aus all diesen Beziehungen war nichts geworden. Es war gewesen, als hätte ihre Unvereinbarkeit bis zum Molekülstadium gereicht. Es hatte andere Frauen gegeben, zu denen er sich anfangs nicht besonders hingezogen gefühlt hatte, bis er sie geküsst hatte. Ihr Geschmack hatte ihn dann angeturnt.
    Angie war in mehrfacher Hinsicht ein Volltreffer. Er hatte sich noch nie so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt wie zu ihr, und sie schmeckte, als wäre sie für ihn geschaffen worden. Was als etwas Körperliches begonnen hatte, hatte sich schnell in etwas anderes verwandelt, und er traute sich fast nicht, es anzuschauen, denn Scheiße, was war denn bloß, wenn er sich in sie verliebte, sie jetzt aber nur wegen der Situation nett zu ihm war, dass er für sie aber unterm Strich immer derjenige bliebe, der sie aus dem Geschäft gedrängt und gezwungen hatte, ihr Zuhause zu verkaufen? Das war für jeden schwer zu verkraften. Er hatte zwar einen Plan dafür, aber würde sie auch zuhören?
    Vielleicht, vielleicht auch nicht. Er wollte dieses Risiko nicht eingehen. Taten sprechen lauter als Worte, und diese Gelegenheit war zu gut, um sie sich entgehen zu lassen.
    Als Chad das Pferd in dem Pferch untergebracht hatte, war das schwache Licht, durch diesen höllischen, endlosen Regen gefiltert, vollends verschwunden. Er musste seine Taschenlampe benutzen, um das Pferd zu manövrieren; zum Glück schien das Tier genauso froh darüber zu sein, endlich Schutz zu finden, wie er selbst. Denn wenn es jetzt irgendeinen Ärger gemacht hätte, dann schwor er, dass er den Bastard erschossen hätte.
    Der Tag war von Anfang bis Ende ein Riesenhaufen Scheiße gewesen, nichts als vergebliche Mühe. Er war schon von der vergangenen Nacht müde, aber allein der Gedanke, den Berg hinunterzukommen und wegzufahren, also zu
siegen,
hatte ihn aufrecht gehalten. Er hätte sich genauso gut die Mühe sparen und sich stattdessen ein wenig ausruhen können. Jetzt war ihm kalt, er war nass und erschöpft und fühlte sich richtig schlecht.
    Dabei hätte es einfach sein sollen. Er hätte nur den Berg hinunterzureiten brauchen, und wenn er das Haus dieses Ranchers noch im Hellen erreicht hätte, hätte er bloß zu warten brauchen, bis es dunkel war, und dann in den SUV steigen und wegfahren müssen. Ein Kinderspiel. Trotz des beschissenen Wetters, trotz der Tatsache, dass er wusste,

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