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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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versuchte, so zu tun, als wäre dies lediglich eine x-beliebige Jeans, einfach nur eine x-beliebige Tasche. Er tauchte die Finger bis ganz unten hinein. Keine Schlüssel.
    Fuck!
In einem Anfall von Zorn stand er auf und trat gegen das Leichenteil. Was sollte er jetzt tun?
    Denk nach, befahl er sich. Denk nach! Was hätte Davis mit den Schlüsseln gemacht?
    Dann schlug er sich vor die Stirn. Er war ein Idiot. Davis war Rechtshänder, also würde der Schlüssel natürlich in der rechten Tasche sein. Er hatte die Schweinerei in der
linken
Tasche durchsucht, nicht in der rechten.
    Er trat und schubste das Leichenteil mit der Stiefelspitze, bis es auf die andere Seite gerollt war. »Noch einmal«, flüsterte er, als er die Hand in die Tasche schob. Diesmal war er nicht so zimperlich; er musste diese Schlüssel haben. Er wusste nicht, was er tun würde, wenn der Bär sie gefressen hätte. Mit dem Pferd in die nächste Stadt reiten, einen Wagen stehlen, und dann nichts wie weg … Die Chancen, dass dieser Plan funktionierte, tendierten gegen null, und er wusste es.
    Seine Finger streiften Metall. Er packte die Schlüssel, zog sie heraus und hielt sie mit der Faust umklammert. Dann brach er beinahe in Tränen aus.
    Für einen Moment stand er nur da, die Augen geschlossen, die Schlüssel in der Hand. Er war so froh und erleichtert, dass er fast nicht glauben konnte, dass er sie wirklich gefunden hatte, dass nach einer so dermaßen beschissenen Nacht, in der alles schiefgegangen war, endlich auch mal etwas geklappt hatte.
    Okay. Das war gerade noch gut gegangen. Die Sache konnte immer noch aufgehen. Angie Powell mochte zwar dort draußen sein, aber er hatte immerhin ein Pferd und sie nicht, und er hatte einen Plan und sie nicht. Er ließ sich seine ganze Arbeit nicht von einer Frau kaputt machen.
    Vielleicht würde er ihr auf dem Pfad begegnen. Vielleicht würde er noch eine Chance bekommen, sie zu töten. Er würde nicht nach ihr suchen – das würde zu viel Zeit kosten, und die Priorität Nummer eins bestand darin zu fliehen. Aber wenn er ihr über den Weg lief, würde er nicht zögern, sie zu erschießen. Und diesmal würde er sich davon überzeugen, dass sie tot war, bevor er floh.
    Die Schlüssel in der Hand zu halten änderte alles. Es lief wieder nach Plan. Er war wieder Herr über sein eigenes Schicksal, und bei Gott, nichts würde ihm in die Quere kommen.

17
    Der Bär erhob sich. Nachdem er sich satt gefressen hatte und müde war, hatte er unter einem riesigen, umgefallenen Baum Schutz vor dem Sturm gesucht. Den Rest der Nacht hatte er geschlafen.
    Er hatte in den letzten Tagen gut gefressen. Früh am Abend, vor dem Sturm, war er zu seiner letzten Beute gegangen, um fertigzufressen, und hatte die frische Geruchsspur eines anderen Menschen aufgenommen. Er war ihr bis zu einem Ort gefolgt, der voller Gerüche von großen Tieren war, gemischt mit denen von weiteren Menschen.
    Dann war der Geruch frischen Blutes in seiner Nase praktisch explodiert, und er hatte nicht warten können, die Beute war da, das Fleisch noch warm und frisch, das Blut strömte weiter. Diese Beute war nicht einmal weggelaufen; sie zu fangen war viel einfacher gewesen als bei den anderen.
    Jetzt hatte der Bär geschlafen, und vorerst begnügte er sich damit, zusammengerollt und zufrieden in seiner Zuflucht zu bleiben. Er hörte Geräusche, aber das Wetter und sein eigener gut genährter Zustand hielten ihn davon ab, sie näher zu erforschen. Da waren zwei interessante Gerüche, aber in seinem schläfrigen Zustand waren sie nicht stark genug, nicht verlockend genug, um ihn wieder in den Regen hinauszuziehen.
    Er hatte die ungegessenen Reste mit etwas Laub und Erde bedeckt, und wenn sein Magen nicht mehr voll war, würde er zu seiner Beute zurückkehren.
    Der Duft würde dann immer noch da sein.

18
    Angie schreckte aus tiefem Schlaf hoch – ein scharfer Schmerz schoss ihr durch den Knöchel. Sie musste einen Laut von sich gegeben haben, denn die große Hand, die auf ihr ruhte, klopfte ihr beruhigend auf den Bauch.
    »Macht der Knöchel Ärger?« Dares heiseres Murmeln erklang direkt hinter ihr. Er hörte sich an, als wäre er noch nicht ganz wach.
    »Nur wenn ich ihn bewege«, antwortete sie benommen. Ihr Verstand war so benebelt, dass sie kaum die Worte bilden konnte. Ihre Glieder waren immer noch schwer vor Müdigkeit, ihre Muskeln schlapp. Sie schaffte es gerade, die Augen einen Spaltbreit zu öffnen; der kleine Raum war voller grauer,

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