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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Anstalten, sich ihnen anzuschließen. Mit seinen vier Jahren hatte er diese Lektion bereits gelernt.
    »Nathan?«, sagte Catherine leise. »Da du jetzt wieder zu Hause bist, werden einige Leute mit dir reden wollen.« Er sah sie an, und sein Gesicht war so bleich, dass sie nicht anders konnte, als ihm mit dem Finger über die Wange zu streichen. Seine Haut fühlte sich kühl und trocken an. Es war das Gesicht eines Kindes, das zu viel Zeit in geschlossenen Räumen verbrachte.
    »Erinnerst du dich an die Donnerstagnacht?«, fragte sie leise. »Die schlimme Nacht?«
    Er schwieg.
    »Daddy hatte eine Pistole, richtig, Nathan?« Nathan nickte langsam. »Wir haben gestritten.« Wieder nickte Nathan.
    »Weißt du noch, warum wir gestritten haben?« Catherine hielt den Atem an. Das war der Unsicherheitsfaktor. Wie gut war das Gedächtnis eines verängstigten vierjährigen Kindes? Wie viel hatte er verstanden?
    Zögernd schüttelte Nathan den Kopf.
    Catherine atmete erleichtert auf. »Die Leute wollen nur hören, dass Daddy eine Pistole hatte«, sagte sie leichthin. »Und wie sehr wir uns gefürchtet haben. Den Rest kennen sie.«
    »Daddy ist tot«, sagte Nathan.
    »Ja.«
    »Daddy kommt nicht mehr nach Hause.«
    »Nein, er kommt nicht mehr nach Hause.«
    »Und du?«
    Erneut streichelte Catherine seine Wange. »Ich werde immer versuchen, zu dir nach Hause zu kommen, Nathan.«
    »Und Prudence?«
    »Sie kommt auch wieder nach Hause.«
    Nathan nickte ernst. »Daddy hatte eine Waffe«, wiederholte er. »Ich habe mich gefürchtet.«
    »Danke, Nathan.«
    Nathan beobachtete wieder die anderen Kinder. Im nächsten Moment kroch er auf Catherines Schoß. Sie legte die Arme um seine Schultern und schmiegte die Wange an seinen zerzausten Scheitel.

21
     
    Als Bobby nach Hause kam, wurde er nicht nur von einem Besucher an der Tür erwartet, sondern gleich von dreien. Der heutige Tag wurde ja immer besser, dachte er sich.
    »Sollten Sie nicht in der Kirche sein?«, fragte er den Staatsanwalt Rick Copley, während er die Tür aufschloss. Im nächsten Moment hob er die Hand. »Schon gut, ich verstehe: Sie haben Ihre Seele bereits an den Teufel verkauft.«
    Bobbys witzig gemeinte Bemerkung entlockte Copley nur ein Stirnrunzeln, als er ihm in seine Parterrewohnung folgte. Hinter Copley kam D.D. Warren, die Bobbys Blick sorgfältig auswich. Die Nachhut bildete der Ermittler von der Staatsanwaltschaft, an den Bobby sich undeutlich von der ersten Vernehmung nach der Schießerei am Freitagmorgen erinnerte. Den Namen des Mannes hatte er vergessen.
    »Casella« lautete die Lösung des Rätsels, die Copley dreißig Sekunden später lieferte, als er die Anwesenden in Bobbys Wohnzimmer einander vorstellte. Der Raum war klein, und auf den abgenutzten Möbeln stapelten sich verschiedene Heimservice-Kartons und Serviettenhaufen. Die drei Besucher sahen sich um, offenbar ratlos, wohin sie sich setzen sollten.
    Bobby beschloss, ihnen nicht aus dieser Verlegenheit zu helfen. Schließlich hatte er kein Interesse daran, dass sich die ungebetenen Gäste womöglich häuslich bei ihm niederließen.
    Er ging in die Küche, holte sich eine Cola und kehrte zurück, ohne den anderen etwas zu trinken anzubieten. Dann nahm er auf einem hölzernen Küchenstuhl Platz. Nach einer Weile warf D.D. ihm einen spöttischen Blick zu und begann dann, Pizzakartons beiseite zu räumen, damit sich das Trio auf dem altersschwachen Sofa niederlassen konnte, in dem es prompt gute zwanzig Zentimeter tief versank. Bobby versteckte sein Grinsen hinter der Coladose.
    »Also«, verkündete Copley und bemühte sich um einen herrischen Ton, obwohl sich seine Knie ungefähr auf Kinnhöhe befanden. »Wir müssen Ihnen noch einige Fragen zur Donnerstagnacht stellen.«
    »Nur zu.« Bobby erwartete, dass Copley wieder ganz am Anfang beginnen würde. Er würde Bobby seine Geschichte so lange herunterbeten lassen, bis er ihn dazu gebracht hatte, sich in irgendeinem Detail zu verheddern. Deshalb war er von Copleys erster Frage ein wenig überrascht.
    »Wussten Sie, dass Catherine und Jimmy Gagnon große Förderer des Bostoner Symphonieorchesters waren?«
    Bobby zuckte zusammen und überlegte fieberhaft, was wohl als Nächstes kommen würde. Die möglichen Antworten gefielen ihm gar nicht. »Nein«, erwiderte er zögernd.
    »Sie haben viele Konzerte besucht.«
    »Wirklich?«
    »Außerdem Wohltätigkeitsveranstaltungen und Cocktailpartys. Die Gagnons waren in diesen Kreisen sehr aktiv.«
    »Schön

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