Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
abgeschlagene Horn des Drachen. Kaum steckte es in seiner Tasche, da stellte Sigbert zu seiner Verwunderung fest, dass ihm ungeahnte Kräfte zugewachsen waren. Als er einen Felsbrocken, der schwerer wog als zwanzig Männer, mit der Stiefelspitze berührte, flog der in hohem Bogen davon. Zur Probe riss der Ritter noch einen Baum aus, und obwohl dessen Stamm so dick war, dass fünf Recken ihn nicht hätten umfassen können, kostete es ihn nicht die geringste Anstrengung. Sigbert schmunzelte, ahnte er doch, dass er dank des Drachenhorns von nun an so gut wie unbezwingbar sein würde.
Bewehrt mit dem Schatz und dem wundersamen Horn, kehrte er glücklich zur Burg des Grafen zurück. Aus lauter Dankbarkeit gab ihm Theophil von Drachenthal seine Tochter Hilda zur Frau. Unter dem Jubel der von Niflin erlösten Bevölkerung feierten die beiden schon am nächsten Tage Vermählung. Ihre Ehe ward glücklich und von Gott gesegnet und begründete ein edles Herrschergeschlecht. Sigbert und Hilda aber lebten zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.
Das Schicksal des sagenhaften Schwertes Glanz jedoch verlor sich ebenso im Nebel der Geschichte wie das des zaubermächtigen Drachenhorns.«
Laura atmete auf – geschafft!
Sie schlug das dicke Buch zu und schaute die Klasse abwartend an. Die meisten ihrer Mitschüler schienen ganz gebannt von der Erzählung. Ihre Augen leuchteten, und die Wangen waren gerötet. Schon wollte sie sich erheben, als etwas völlig Unerwartetes geschah.
»Echt cool!«, rief Philipp Boddin und fing an zu klatschen. Ausgerechnet der supercoole Mr. Cool! Und die anderen taten es ihm gleich. Selbst Max Stinkefurz patschte einige Male in seine Fettfinger. »Wirklich, Laura – Luperseistung!«, grunzte er, so breit wie verlegen grinsend.
»Sehr schön, Laura!«, lobte auch Schnuffelpuff und erhob sich vom Stuhl.
»Danke«, murmelte das Mädchen, schüttelte verlegen die blonde Haarmähne, um dann hastig zu seinem Platz zurückzugehen. Als Laura an Philipp vorbeikam, erhaschte sie seinen Blick. Darin stand ehrliche Bewunderung, und ein freundliches Lächeln lag auf seinen wohlgeformten Lippen.
Laura merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Rasch senkte sie den Kopf. Oh, Mist! Hoffentlich bekam keiner mit, dass sie rot wurde. Zumal es keinerlei Grund dafür gab. Als ob sie sich aus Philipps Bewunderung etwas machen würde! Einfach albern, so was anzunehmen! Ihre Knie zitterten ein wenig, als sie sich setzte.
Kaja beugte sich zu ihr herüber und grinste sie breit an. »Hast du es auch bemerkt?«
»Bemerkt?« Obwohl Laura ahnte, worauf die Freundin anspielte, gab sie sich unwissend. »Was soll ich denn bemerkt haben?«
»Na – wie er dich angeguckt hat!«
»Angeguckt? Wen meinst du denn?«
»Oh, nö, Laura!« Empört blies Kaja die Wangen auf. »Jetzt tu nicht so naiv! Philipp mein ich natürlich. Mr.. Cool – wen denn sonst?«
Lauras Gesicht brannte plötzlich wie Feuer.
Hilfe!
Ihre Wangen leuchteten mittlerweile bestimmt so rot wie eine Rotlichtbirne!
»Während du vorgelesen hast, hat er dich die ganze Zeit angestarrt, als wärst du nicht von dieser Welt. Und seine Augen, die haben richtig verträumt ausgesehen. Voll süß!«
»Blödsinn!« Laura schoss Kaja finstere Blicke zu.
»Wenn ich’s dir doch sage! Und als du zu deinem Platz zurü – « Das Pummelchen brach plötzlich ab, musterte Laura mit weit geöffnetem Mund – und grinste dann breit. »Oh, nö, Laura – du bist ja ganz rot! Im ganzen Gesicht! Sag bloß, du bist verkn – «
»Quatsch!«, fiel Laura ihr wütend ins Wort. »Mir ist nur furchtbar warm, das ist alles!«
»Warm? Soso.« Kaja legte die Stirn in Falten. »Ist ja interessant.«
»Interessant?« Laura hatte keine Ahnung, was die Freundin meinte. »Wieso das denn?«
»Na, ja«, antwortete Kaja gedehnt. »Vor dem Frühstück hast du dich noch beklagt, dass es für die Jahreszeit heute ausgesprochen kühl ist. Und jetzt plötzlich ist dir furchtbar warm. Das ist doch eigenartig, findest du nicht?«
»Nee.« Laura blinzelte genervt, als sie plötzlich bemerkte, dass Philipp sie versonnen ansah. Sie wandte sich abrupt ab, als habe er sie bei etwas Verbotenem ertappt, und fühlte noch im gleichen Moment, dass ihr neuerlich das Blut in die Wangen schoss. Panik stieg in ihr hoch. Verstohlen blickte sie sich um. Zum Glück schenkte ihr keiner der Mitschüler auch nur die geringste Aufmerksamkeit. Selbst Philipp hatte sich wieder weggedreht. Nur in Kajas sommersprossigem
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