Laura, Leo, Luca und ich
verliebt. Nacheinander, versteht sich. Wenn ich aber ihre Namen einem Ausländer nenne, denkt er, ich beschreibe, wie das kaputte Getriebe meines Volvos klingt. Jetzt also Laura. Die heißt mit vollem Namen Laura Carlotta Benedetta Ada, denn sie trägt, wie in Italien üblich, die Vornamen ihrer Großmütter, Patinnen und Großtanten auf. Was für eine Pracht. Wäre sie in meine Familie hineingeboren, müsste sie übrigens Gertrud Elfriede Gisela Gertraude heißen, aber das ist eine andere Geschichte.
Italienische Namen klingen wie ein Versprechen. Das ist allerdings nicht das Einzige, was eine Italienerin so unwiderstehlich macht. Laura ist zum Beispiel ein beängstigend fanatischer Fußballfan. Eine unserer ersten gemeinsamen Entscheidungen war für oder wider die Anschaffung von 5 0-Kanal -Bezahlfernsehen. In Deutschland wäre das ein Scheidungsgrund, doch |47| hier war es Laura, die vehement für Sky plädierte, denn schließlich laufen nur dort alle Spiele live.
Laura hat auch keine Angst, wenn sie hinter mir auf der Vespa sitzt. Und das will was heißen, denn ich hätte auf jeden Fall Angst, wenn ich hinter mir auf der Vespa sitzen würde. Falls sie sich ein wenig fester klammert, dann ist das Zuneigung, nicht Furcht. (Jedenfalls habe ich das immer so interpretiert. Vielleicht sollte ich mal meinen Fahrstil überdenken.)
Doch mit der Kumpelhaftigkeit ist es noch nicht getan, Laura hat – wie möglicherweise die meisten Italienerinnen – mehr zu bieten: Sie ist tief überzeugt von der Schönheit als Leitmotiv des Lebens und erhebt selbst die alltäglichsten Dinge – essen, trinken, durch die Stadt schlendern – zur Kunstform. Das macht mich süchtig nach ihr. Zum Glück kauft sie mit tödlicher Präzision ein. Sie muss keine achtzehn Paar Schuhe probieren. So haben wir mehr Zeit, kunstvoll und leitmotivmäßig zu schlendern.
Wer sich jetzt auf Partnersuche südlich der Alpen begeben will, dem sei mitgeteilt, dass Italienerinnen auch schwerwiegende Nachteile haben. Während die Deutsche sich mit einem Glas Prosecco zufriedengibt, will eine Italienerin sofort einen Ring. Nicht aus dem Kaugummiautomaten, sondern aus dem Juweliergeschäft. Und sie erstellt schon bei der zweiten Verabredung eine Gästeliste für die Hochzeit, obwohl man noch nicht über das Händchenhalten hinausgekommen ist. Zudem haben Italienerinnen Brüder. Nicht einen, sondern immer mindestens zwei, wie ich ja gleich beim |48| allerersten Rendezvous erfuhr. Sie sind einem gegenüber also in der Mehrzahl. Und es ist zwar nicht mehr so wie früher, dass sie einem drohen, man würde, sollte man es nicht »ernst« meinen, wichtiger Körperteile verlustig gehen. Aber ganz ausschließen kann man es eben auch nicht.
Die gemeinsame Währung ist da, die Grenzen sind gefallen, Europa rückt zusammen. Unsere kulturellen Unterschiede werden bald keinen lausigen Cent mehr wert sein. Doch ein Land wird immer das bleiben, was es ist: Italien bleibt Italien, und eine Italienerin bleibt eine Italienerin. Und die bietet Liebe, Dramatik, Fußball, Autos, ab und zu eine Platzwunde am Kopf (Geschirr, tief fliegend) – und perfekte Pasta. In jeder Reihenfolge, die Sie sich als Mann wünschen können.
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Die Zwei
W enn der Weg zum Herz einer Frau wirklich durch ihren Magen führt, dann wäre ich mittlerweile schon ein paar Mal geschieden. Ich kann exakt dreieinhalb Gerichte auf den Teller bringen, von denen zumindest eines nach was klingt und auch nach was schmeckt: Risotto mit Gamberetti, Knoblauch und Cashewkernen. Statt Risotto kann man auch Spaghetti nehmen, das zähle ich nur halb mit. Dann kann ich noch eine passable Pasta al ragù zubereiten, mit passierten Tomaten und frischen Möhren. Tja, und dann hätte ich da noch Bratkartoffeln zu bieten, die mir mein Vater so oft vorgekocht hat, dass ich schon hätte blind und blöde sein müssen, um nicht ein paar Tipps mitzubekommen. Das war es auch schon.
Zum Glück führt der Weg zum Herz einer italienischen Frau über ihre Brüder, und mit Leo und Luca habe ich echte Glückstreffer gelandet, wenngleich sie nicht nur völlig verschieden, sondern gar mit entgegengesetzten Charaktereigenschaften ausgestattet sind.
Leo hätte in einer Mafia-Familie den Spitznamen »Il |50| Tedesco«, denn er ist von unerbittlicher Präzision und Pünktlichkeit, dazu geht er auch noch physiognomisch eher ins Blond-Mitteleuropäische. Sogar das Bier trinkt er so schnell wie ich, und das schaffen nicht einmal meine
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