Laura und das Labyrinth des Lichts
die Hexe von Endor in ihre Schwarzen Künste eingeweiht hat.
Aber wie auch immer: Es ist jetzt Ewigkeiten her, seit ich Beliaal bat, mir Einblick in die Uralte Offenbarung zu gewähren. Allerdings war ich damals auf der Suche nach dem Kind des Dunklen Blutes und habe deshalb den Ausführungen zum Kind des Hellen Lichts keine allzu große Beachtung geschenkt.«
»Dann weißt du also nicht, woran man es erkennt und wie man es unschädlich machen kann?«
»Nein, Sally.« Der Großmeister schüttelte betrübt den Kopf. »Das weiß ich leider nicht.«
»Dass isst jammerschade«, lispelte Pinky enttäuscht. »Gibt ess keine Möglichkeit, dasss Ihr Euch einen weiteren Einblick in diessess Buch verschafft?«
»Doch, die gibt es.« Mit hochmütigem Grinsen sah Maximilian Longolius in die Runde seiner Getreuen, die ihn ehrfürchtig ansahen. Er schien es im höchsten Maße zu genießen, im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit zu stehen.
S taunend blickte Alienor nach Westen, wo die Dächer und Türme von Schloss Tintall im Licht der untergehenden Sonne glänzten. Obwohl es bestimmt noch eine Stunde dauern mochte, bis die Weißen Ritter die Mauern der mächtigen Festung erreichten, war sie schon deutlich zu erkennen – vor allem das weiße Banner der Hhelmritter mit den gekreuzten Schwertern, das von der Spitze des Bergfrieds wehte.
Auf einer Klippe hoch über dem Ufer des südlichen Eismeers gelegen, ragte Tintall weithin sichtbar auf. Schon aus der Ferne wurde deutlich, dass die Feste sich ganz gewaltig von Schloss Gleißenhall unterschied, wo die Elevin ihre Kindheit verbracht hatte. Der Herrschersitz ihrer Eltern erinnerte Alienor mit seinen verschachtelten Gebäuden, spitzen Türmen und verwinkelten Erkern an einen wahr gewordenen Traum. Tintall hingegen tat schon von Weitem kund, dass seinen Bewohnern weder zum Träumen noch zum Spaßen zumute war. Wehe allen, die uns Übles wollen, schienen die wehrhaften Türme und Mauern der Burg weithin zu künden. Jeder, der uns angreift, wird eine gebührende Antwort erhalten!
Tatsächlich war Tintall im Verlauf seiner langen Geschichte niemals eingenommen worden. Dabei hatte es an entsprechenden Versuchen nicht gefehlt, aber bislang war noch jeder Eroberer abgewehrt und in der Regel sogar vernichtend geschlagen worden. Zogen die Angreifer allerdings die richtigen Lehren aus dem vergeblichen Anrennen und gaben ihr fruchtloses Vorhaben rechtzeitig auf, ließen die Ritter sie unbehelligt abziehen.
Seit Anfang der Zeiten standen sie unerschütterlich auf der Seite des Lichts und fühlten sich deshalb dem Schutz des Lebens verpflichtet. Niemals hätten sie ohne Not Blut vergossen. Alle bisherigen Herrscher der Hhelmlande hatten sich an dieses oberste Gebot des Lichts gehalten, auch König Artas, der Vater von Ritter Paravain, der das Reich bis zu seinem allzu frühen Tod vor nunmehr siebzehn Sommern regiert hatte.
Alienor war der Name des Königs bestens vertraut. Überall in Aventerra erzählte man von seinen Heldentaten. Seine Klugheit und Weisheit wurden weithin gerühmt, natürlich auch auf Schloss Gleißenhall. Obwohl ihre Kinderzeit dort schon einige Jahre zurücklag, entsann Alienor sich noch gut, wie ihr Bruder Alarik und sie mit großen Augen und offenen Mündern der Kammerzofe Saiima gelauscht hatten. Die Zofe hatte nur zu gerne vom ebenso weisen wie mutigen König Artas und seinen tapferen Rittern erzählt.
So hatten Alarik und Alienor zahllose Einzelheiten aus dem Leben des Königs erfahren, obwohl ihnen nie in den Sinn gekommen wäre, sich bei Ritter Paravain nach Artas zu erkundigen. Der Ritter hatte sich zwar immer von seiner freundlichsten Seite gezeigt und selbst die abwegigsten Fragen geduldig beantwortet, doch er war stets ausgewichen, wenn es um den tragischen Tod seiner Eltern ging.
Wie die betagte Magd Eileena, die dem Hüter des Lichts über viele Jahre gedient hatte, den Kindern eines Tages unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraute, fühlte Paravain sich für den Tod seiner Eltern verantwortlich. Ihn plagten Schuldgefühle, weil er Tintall verlassen hatte, um auf der Gralsburg seinen Dienst als Weißer Ritter anzutreten, anstatt das Leben seines Vaters und seiner Mutter Gunivain zu schützen.
»Wie töricht von ihm«, hatte Eileena gemeint. »Paravain war damals noch ein Knabe von dreizehn Sommern. Und gegen ein heimtückisches Fieber ist selbst der unerschrockenste Ritter machtlos!«
Vorsichtig drehte Alienor den Kopf und warf dem Weißen
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