Laura und das Labyrinth des Lichts
stinkendem Fleisch wie dem eurigen ergötzen.« Damit fasste er in die Seitentasche seines Umhangs und schleuderte eine Handvoll bleicher Objekte von sich. Sie waren kaum länger als ein Fingerglied und liefen an einem Ende spitz zu.
Paravain erkannte augenblicklich, worum es sich handelte: Es waren die Zähne der Höllenhunde, die den Ausgang aus dem Totenreich von Taranos bewachten.
»Beste Grüße von Rygani!«, höhnte der Dämon. »Sie wünscht euch viel Spaß mit ihren Lieblingen!« Im gleichen Moment ertönte ein lauter Knall, und von Beliaal war nichts mehr zu sehen als sein schwarzer Umhang. Der erhob sich flatternd in die Lüfte und flog geschwind wie ein Adler davon.
Die Zähne allerdings berührten kaum den Boden, als sie auch schon zu wachsen anfingen. Paravain blieb kaum genug Zeit, das Streitross zu seinen Mannen zurückzulenken, bevor die Gruppe von einer Meute Skeletthunde umringt war. Die Bestien bestanden aus nichts als Knochen, die bleich im schwindenden Licht aufschimmerten. Ihr Bellen klang so unheimlich, als käme es aus den tiefsten Schlünden der Hölle.
Alienor war wie zu Stein erstarrt. Sie konnte den Blick nicht von den Knochenhunden abwenden. In Windeseile griff die Meute an. Heulend und kläffend hetzten die Bestien auf die Ritter zu.
Paravain begriff als Erster, was sie vorhatten. »Steigt ab!«, schrie er. »Bildet einen Ring um die Pferde. Die Biester haben es auf ihre Beine abgesehen!«
Tatsächlich sprangen die Skelettungeheuer nicht die Ritter an, sondern die Rösser. Sie schnappten nach deren Beinen und Flanken, während die Pferde auskeilten. Die Reiter fuhren mit gezogenen Schwertern dazwischen.
Die Wirkung der gewaltigen Hiebe war verheerend: Der ersten Bestie wurde der Schädel abgetrennt und flog meterweit durch die Luft. Die nächste erwischte es am Rückgrat, das in der Mitte entzweigeschmettert wurde.
Alienor hatte sich an die Heilerin geklammert und in der Mitte der Weißen Ritter Schutz gesucht. Nun stieß sie einen erleichterten Jubelschrei aus …
Viel zu früh, wie sie gleich darauf entsetzt feststellte: So schlimm die Ungeheuer auch getroffen sein mochten, stets setzten sie sich wie von Geisterhand wieder zusammen und griffen von Neuem an. Die Weißen Ritter wehrten sich nach Kräften, und ihre Hiebe prasselten wie stählerne Trommelwirbel auf die Knochenhunde nieder. Doch obwohl sie die Gerippe ein ums andere Mal zerschmetterten, war der Zeitpunkt absehbar, an dem ihre Kräfte erlahmten und sie den unermüdlichen Skelettungeheuern nichts mehr entgegensetzen konnten. Dann würde die Meute der Höllenhunde über sie herfallen und sie allesamt in Stücke reißen.
P inky Taxus runzelte die Stirn. Auch die übrigen sahen den Großmeister fragend an.
»Das erforderliche Ritual kann nur am Beltane-Fest durchgeführt werden«, erklärte Maximilian Longolius. »Und bis dahin dauert es noch einige Zeit.«
»Und weiter?«
»Wenn Beliaal den versprochenen Preis nicht bekommt, hält er sich an den Teilnehmern der Beschwörung schadlos und holt sich einen von ihnen!«
Die Taxus schlug die Hände vor den Mund, Quintus Schwartz kratzte sich mit gequälter Miene am Kopf. Er fühlte sich offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. Selbst Sally schien unsicher geworden zu sein, denn sie klang ziemlich kleinlaut. »Aber der Dämon kann doch nicht erwarten, dass er das Mädchen sofort bekommt, oder?«
Mit herablassender Geste antwortete Longolius: »Auch wenn Beliaal keineswegs unsterblich ist, so existiert er doch fast seit Anbeginn der Zeiten. Die irdische Zeitrechnung ist für ihn ohne jeden Belang. Angesichts seines schier endlosen Lebens kommt ihm ein Tag nicht länger vor als den Menschen der Bruchteil einer Sekunde. Es bleibt uns also ausreichend Zeit, unserer Versprechen zu erfüllen.
Doch irgendwann wird auch der Herrscher der Finsternis die Geduld verlieren, und wenn Laura Leander dann immer noch nicht ihm gehört, wird einer von uns mit seinem Leben dafür bezahlen. Oder vielleicht sogar mehrere.« Prüfend sah er seinen Anhängern in die Augen. »Wir sollten deshalb sorgsam abwägen, ob wir den mächtigen Dämon des Todes beschwören oder nicht.«
Stille lastete über dem Wohnzimmer, während Longolius und seine Vasallen nachdachten. Die Unsicherheit, die sie befallen hatte, war selbst draußen auf dem Balkon spürbar.
»Lasst uns lieber noch ein wenig abwarten«, schlug Dr. Schwartz schließlich vor. »Im Augenblick droht uns von der Kleinen doch
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