Laura und das Labyrinth des Lichts
Lukas. »Was wolltest du denn nachsehen?«
»Ob ich dort vielleicht ein paar Blüten der Lichtrose finde«, sagte er. »Der Alamania punicea miraculosa!«
»Ausgerechnet auf der Insel?«, fragte der Vater verwundert.
Lukas lag schon eine schnippische Antwort auf der Zunge, als ihm einfiel, dass Marius ja gar nicht Bescheid wissen konnte. »Als wir vorletzten Dezember nach dem Kelch der Erleuchtung gesucht haben«, erklärte er, »haben wir dort eine solche Blüte gefunden. Und im letzten Jahr hat Eva Luzius, Mamas Tante, uns erklärt, dass diese Pflanze auf Aventerra ›Lichtrose‹ genannt wird. Oma Lena hatte sie aus ihrer Heimat mitgebracht und ein großes Spalier damit bepflanzt.«
»Ich weiß«, erwiderte der Vater. »Aber trotzdem verstehe ich nicht …«
»Die Essenz der Blüten schützt vor dem Bösen«, erläuterte Lukas rasch. »Und daher ist mir der Gedanke gekommen, dass die Rose vielleicht auch Laura helfen könnte.«
»Aha«, brummte Marius, auch wenn sein Gesichtsausdruck darauf hindeutete, dass er dem Jungen nicht ganz folgen konnte.
»Ich habe Tante Eva angerufen, aber leider tragen ihre Sträucher noch keine Blüten – deshalb wollte ich auf der Insel nachsehen. Die Pflanze dort hat damals auch mitten im Winter geblüht!«
»Jetzt verstehe ich, Lukas«, mischte Aurelius Morgenstern sich wieder ein und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Ein wirklich ausgezeichneter Gedanke. Wir anderen müssen uns schämen, dass wir nicht darauf gekommen sind.«
»Hört, hört!«, sagte Attila aus dem Hintergrund. »Wer behauptet denn, dass Lauras Zustand von bösen Mächten verursacht wurde?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete der Professor nachdenklich. »Aber so langsam sollten wir auch diese Möglichkeit nicht länger ausschließen.« Er wandte sich wieder an Lukas. »Erzähl bitte weiter!«
»Ich bin also zur Insel rübergerudert«, fuhr der Junge fort, »und hatte das Ufer fast erreicht, als es mit einem Male duster wurde – und da habe ich sie gesehen.«
»Wen denn, mon dieu !«, platzte Percy voller Ungeduld heraus. »Rede endliisch und lass dir niischt jedes Wort aus der Nase zie’en!«
»Eine riesige Lichtsäule erhob sich über der Insel und schien bis in die Unendlichkeit zu reichen. Und davor stand eine junge Frau. Sie hatte kastanienbraunes Haar und trug ein schlichtes weißes Gewand …«
»Morwena, die Heilerin von Hellunyat«, stellte Marius fest.
Lukas nickte. »Sie hat mich aufgefordert, mit ihr zu kommen, weil sie ein Mittel kennt, das Laura hilft.«
Miss Mary schnappte hörbar nach Luft. »Und dann, Lukas? Was ist danach geschehen?«, fragte sie atemlos.
»Nichts weiter«, antwortete der Junge. »Die Schatten haben sich wieder aufgelöst, und auf der Insel war alles wie immer.«
Stille kehrte ein. Nur das leise Ticken einer Uhr war zu hören, während jeder der Wächter versonnen vor sich hinstarrte.
Schließlich trat Percy vor Lukas hin und musterte ihn skeptisch. »Wenn iisch diisch rescht verste’e, dann bist der Meinung, dass deine Vision dir ein Ereignis offenbart ’at, das siisch noch in der ’eutiischen Nacht zutragen wird?«
»Genau, Monsieur Valiant.« Lukas hielt dem forschenden Blick stand. »Heute begehen wir das Ostarafest, an dem sich die magische Pforte wieder öffnet, die unsere Erde mit der Welt der Mythen verbindet. Ich bin mir sicher, dass Morwena auftauchen wird, um mich nach Aventerra mitzunehmen, damit ich das Heilmittel für Laura holen kann.«
»Warum denn so umständliisch?« Percy wirkte keineswegs überzeugt. »Warum bringt die ’eilerin dieses ’eilende Elixier nascht gleisch mit, um Laura so schnell wie mögliisch zu ’elfen und dir gleischzeitiisch diesen ’öchst gefä’rliischen Ausflug zu ersparen?«
Lukas zuckte ratlos die Achseln. Dafür wandte sich der Professor an den Sportlehrer: »Dafür kann es gleich mehrere Gründe geben. Möglicherweise muss Morwena dieses Elixier erst noch herstellen …«
Percy verzog zweifelnd das Gesicht. »Und weiter?«
»Selbst wenn die Heilerin bereits über ein solches Mittel verfügt«, erklärte Morgenstern ruhig, »darf sie es unter keinen Umständen zu uns bringen! Damit würde sie nämlich gegen die uralten Gesetze verstoßen, die den Bewohnern von Aventerra das Eingreifen in das Schicksal der Menschen verbieten. Und im Gegensatz zu unseren Feinden halten die Krieger des Lichts dieses Gebot strengstens ein – meistens zumindest.«
Die übrigen Wächter entgegneten nichts. Doch
Weitere Kostenlose Bücher