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Laura und das Labyrinth des Lichts

Laura und das Labyrinth des Lichts

Titel: Laura und das Labyrinth des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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Bedeutung des Festes sind nur noch Reste geblieben. Nachdem es zeitweise in die Walpurgisnacht umgedeutet wurde, in der die Hexen angeblich um den Blocksberg fliegen, sind schließlich die Maifeiern unserer Tage daraus hervorgegangen, die mit dem wahren Beltane nicht das Geringste zu tun haben und zu einer reinen Volksbelustigung verkommen sind.«
    An diesem Tag wollten die Dunklen also den Dämon beschwören. Da es bis Mai noch einige Monate hin waren, beschloss Laura, diese Spanne mit einer Traumreise zu überbrücken.
    Zur rechten Zeit angekommen, musste sie nur noch den Ort der Beschwörung herausfinden. Sie nahm an, dass das Ritual nicht vor Mitternacht durchgeführt werden würde. Trotzdem legte sie sich in der Beltane-Nacht schon kurz nach zweiundzwanzig Uhr vor Burg Ravenstein auf die Lauer. Quintus Schwartz und Rebekka Taxus würden sich bestimmt nicht vor Beginn der offiziellen Nachtruhe davonstehlen.
    Der Pfad zum Lehrerhaus, in dem auch die beiden Dunklen wohnten, wurde von dichtem Gebüsch gesäumt. Laura verbarg sich in einem Kirschlorbeerstrauch in der Nähe des Turms, der an der nördlichen Ecke des Burggebäudes aufragte. Die sattgrünen Blätter boten ihr ausreichend Deckung, und gleichzeitig hatte sie ungehinderten Blick auf den Eingang des Gebäudes.
    Am fast wolkenlosen Himmel glänzte der zunehmende Mond und überzog die Dächer der Burg und der Nebengebäude mit Silberlicht. Es war lausig kalt in dieser Nacht, und kein Mensch zeigte sich im Freien. Laura kuschelte sich so gut es ging in ihren Anorak und schaute sehnsüchtig zu den erleuchteten Fenstern des Lehrerhauses. Im Zimmer ihres Vaters blieb es dunkel, denn seit ihrer Geburt vor einem knappen halben Jahr nächtigte Marius auch Wochentags zu Hause in Hohenstadt bei Frau und Kind und fuhr jeden Tag ins Internat. Seine Schlafkammer in Ravenstein war ebenso verlassen wie das danebenliegende Arbeitszimmer, das er sich mit Percy Valiant teilte.
    Die Fensteröffnung war schwarz wie eine dunkle Vorahnung. Auch die silberne Mondsichel, die sich in der Scheibe spiegelte, vertrieb Lauras Beklommenheit nicht. Vierzehn Jahre in der Zukunft nahm hinter diesem Fenster das Verhängnis seinen Lauf.
     
    »Was?« Marius Leander richtete sich im Schreibtischstuhl auf und sah seinen Sohn fassungslos an. »Bist du sicher, dass du das nicht geträumt hast?«
    »Klaromaro – sogar absolut sicher!«, antwortete Lukas entrüstet. »Es ist noch keine zehn Minuten her! Außerdem war es nicht das erste Mal, dass ich Schatten gesehen habe.«
    Der Vater kratzte sich hinterm Ohr. Dann nickte er. »Okay, Lukas. In dem Fall müssen wir sofort die anderen Wächter informieren. Die Sache ist viel zu wichtig. Deshalb dürfen wir sie nicht unter uns entscheiden.«
    Kaum fünf Minuten später hatten sich die übrigen Wächter in dem kleinen Arbeitszimmer eingefunden: Miss Mary Morgain, Percy Valiant, Attila Morduk und Aurelius Morgenstern. Obwohl der Direktor sich offensichtlich sehr beeilt hatte und gewaltig schnaufte, traf er als Letzter ein. Sein Häuschen stand abgelegen im Burgpark, und er hatte den weitesten Weg von allen.
    »Nun gut, mein Junge«, sagte er, nachdem er etwas zu Atem gekommen war. »Jetzt erzähl schon, was du gesehen hast!«
    »Also …« Lukas ließ den Blick über die Gesichter der Versammelten schweifen, die ihn erwartungsvoll anschauten. »Ich saß im Boot und ruderte zu der kleinen Insel hinüber …«
    »Zur Insel im Drudensee?« Der Professor musterte ihn verwundert. »Was wolltest du denn da?«
    »Das frage ich mich auch!«, pflichtete Hausmeister Morduk dem Direktor bei. Sein kahler Schädel glänzte im Licht der Deckenlampe wie eine auf Hochglanz polierte Bowlingkugel. »Du weißt doch«, fügte er mit erhobenem Zeigefinger hinzu, »dass jedem Zögling unseres Internats das Betreten strengstens verboten ist!«
    »Natürlich weiß ich das, Attila!« Lukas verdrehte die Augen. »Aber in diesem Fall ist das doch was anderes, oder?«
    »Und wieso?«, blaffte der Letzte der Zwergriesen zurück. »Hältst du dich vielleicht für etwas Besseres als die übrigen Schüler?«
    »Quatsch!« Lukas war kurz vorm Explodieren. »Ich wollte doch nur nachsehen, ob …«
    »Ja, bitte«, fiel Morduk ihm ins Wort. »Da bin ich aber gespannt!«
    »Schon gut, Attila.« Aurelius Morgenstern legte beschwichtigend die Hand auf Morduks Schulter. »Lass Lukas bitte ausreden.«
    Unter missbilligendem Gebrabbel trat der Hausmeister zur Seite. Der Direktor wandte sich an

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