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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Thoma
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Fräulein von Rupp begegnet. Sie ist mit ein paar
    Freundinnen gegangen, und da haben sie sich mit den El-
    lenbogen angestoßen und haben gelacht. Und sie haben sich
    noch umgedreht und immer wieder gelacht.
    Wenn ich auf die Universität komme und Korpsstudent
    bin, und wenn sie mit mir tanzen wollen, lasse ich die
    Schneegänse einfach sitzen.
    Das ist mir ganz wurscht.
    Die Verlobung
    Unser Klassprofessor Bindinger hatte es auf meine Schwester
    Marie abgesehen. Ich merkte es bald, aber daheim taten alle
    so geheimnisvoll, daß ich nichts erfahre.
    Sonst hat Marie immer mit mir geschimpft, und wenn
    meine Mutter sagte: „Ach Gott, ja!“, mußte sie immer noch
    was dazu tun und sagte, ich bin ein nichtsnutziger Lausbube.
    Auf einmal wurde sie ganz sanft. Wenn ich in die Klasse ging,
    lief sie mir oft bis an die Treppe nach und sagte: „Magst du
    keinen Apfel mitnehmen, Ludwig?“ Und dann gab sie Ob-
    acht, daß ich einen weißen Kragen anhatte und band mir
    die Krawatte, wenn ich es nicht recht gemacht hatte. Einmal
    kaufte sie mir eine neue, und sonst hat sie sich nie darum ge-
    kümmert. Das kam mir gleich verdächtig vor, aber ich wußte
    nicht, warum sie es tat.
    Wenn ich heimkam, fragte sie mich oft: „Hat dich der Herr
    Professor aufgerufen? Ist der Herr Professor freundlich zu dir?“
    „Was geht denn dich das an?“ sagte ich, „tu nicht gar so
    gescheit! Auf dich pfeife ich.“
    Ich meinte zuerst, das ist eine neue Mode von ihr, weil
    die Mädel alle Augenblicke was anderes haben, daß sie recht
    gescheit aussehen. Hinterher habe ich mich erst ausgekannt.
    Der Bindinger konnte mich nie leiden, und ich ihn auch
    nicht. Er war so dreckig.
    Zum Frühstück hat er immer weiche Eier gegessen; das
    sah man, weil sein Bart voll Dotter war.
    Er spuckte einen an, wenn er redete, und seine Augen wa-
    ren so grün, wie von einer Katze. Alle Professoren sind dumm,
    aber er war noch dümmer.
    Die Haare ließ er sich auch nicht schneiden und hatte
    viele Schuppen.
    Wenn er von den alten Deutschen redete, strich er seinen
    Bart und machte sich eine Baßstimme.
    Ich glaube aber nicht, daß sie einen solchen Bauch hatten
    und so abgelatschte Stiefel wie er.
    Die andern schimpfte er, aber mich sperrte er ein, und er
    sagte immer: „Du wirst nie ein nützliches Glied der Gesell-
    schaft, elender Bursche!“
    Dann war ein Ball in der Liedertafel, wo meine Mutter
    auch hinging wegen der Marie.
    Sie kriegte ein Rosakleid dazu und heulte furchtbar, weil
    die Näherin so spät fertig wurde. Ich war froh, wie sie drau-
    ßen waren mit dem Getue.
    Am andern Tage beim Essen redeten sie vom Balle, und
    Marie sagte zu mir: „Du, Ludwig, Herr Professor Bindinger
    war auch da. Nein, das ist ein reizender Mensch!“
    Das ärgerte mich, und ich fragte sie, ob er recht gespuckt
    hat, und ob er ihr Rosakleid nicht voll Eierflecken gemacht hat.
    Sie wurde ganz rot, und auf einmal sprang sie in die Höhe und
    lief hinaus, und man hörte durch die Türe, wie sie weinte.
    Ich mußte glauben, daß sie verrückt ist, aber meine Mut-
    ter sagte sehr böse: „Du sollst nicht so unanständig reden
    von deinen Lehrern; das kann Mariechen nicht ertragen.“
    „Ich möchte schon wissen, was es sie angeht; das ist doch
    dumm, daß sie deswegen weint.“
    „Mariechen ist ein gutes Kind,“ sagte meine Mutter, „und
    sie sieht, was ich leiden muß, wenn du nichts lernst und un-
    anständig bist gegen deinen Professor.“
    „Er hat aber doch den ganzen Bart voll lauter Eierdotter“,
    sagte ich.
    „Er ist ein sehr braver und gescheiter Mann, der noch eine
    große Laufbahn hat. Und er war sehr nett zu Mariechen.
    Und er hat ihr auch gesagt, wie viel Sorgen du ihm machst.
    Und jetzt bist du ruhig!“
    Ich sagte nichts mehr, aber ich dachte, was der Bindinger
    für ein Kerl ist, daß er mich bei meiner Schwester verschuftet.
    Am Nachmittag hat er mich aufgerufen; ich habe aber den
    Nepos nicht präpariert gehabt und konnte nicht übersetzen.
    „Warum bist du schon wieder unvorbereitet, Bursche?“
    fragte er.
    Ich wußte zuerst keine Ausrede und sagte: „Entschuldigen,
    Herr Professor, ich habe nicht gekonnt.“
    „Was hast du nicht gekonnt?“
    „Ich habe keinen Nepos nicht präparieren gekonnt, weil
    meine Schwester auf dem Ball war.“
    „Das ist doch der Gipfel der Unverfrorenheit, mit einer
    so törichten Entschuldigung zu kommen“, sagte er, aber ich
    hatte mich schon auf etwas besonnen und sagte, daß ich
    so Kopfweh gehabt habe,

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