Lauschangriff - Im Visier der Feinde
staubigen Gettos von Gazastadt fand er vielfältige Gelegenheit, sein Talent mit dem Messer oder dem Gewehr unter Beweis zu stellen, wenn er in seiner Lehrzeit mit den Killer-Schwadronen der Hamas in Israel einfiel.
Die Ausflüge über die Grenze waren seinen Wertmaßstäben zufolge immer immens erfolgreich verlaufen. Er brachte ohneUnterschied jeden Israeli um, auf den er traf, Mann, Frau, Kind – er schlug in der Nacht mit seiner gebogenen Klinge zu oder mit Dynamit. Dabei verpasste er sich einen englischen Namen – »Cobra« –, damit die Israelis auch wussten, mit wem sie es zu tun hatten.
Er wurde von seinen Leuten als Killer geschätzt, mehr noch aber als jemand, der Sprengsätze herstellen und primitive Raketen abfeuern konnte. Unter Dschihadisten hatte Akbar eine Art Nomadenleben geführt, war immer dem Ruf der El Kaida gefolgt und still und heimlich zwischen Iran, Afghanistan, Gaza und den Berghängen des Hindukusch hin und her gewechselt.
Ben al-Turabi und Abu Hassan Akbar kannten sich. Sie hatten Seite an Seite an den von Bin Laden geleiteten quasi-religiösen Versammlungen teilgenommen, die im Grenzland von Afghanistan und Pakistan abgehalten wurden. Beide Männer waren gerade nach Tora-Bora unterwegs gewesen, als die Amerikaner ihre Raketensalven über die Bergregion hatten niedergehen lassen.
In Guantanamo konnte keiner mit Sicherheit sagen, ob die beiden Gefangenen El-Kaida-Waffenbrüder gewesen waren, mehrere Verhöroffiziere vermuteten aber, dass sie sich kannten. Sie glaubten es an ihren Unterhaltungen auf dem Fußballfeld erkennen zu können, wo sie mit weniger Worten auskamen, als bei solchen Gesprächen sonst üblich war. Wenn sie sich trafen, wurde viel mit dem Kopf genickt, aber wenig gesprochen. Bei den Verhören wurden sie oft gefragt, ob sie miteinander bekannt waren, aber keiner der beiden gab darauf eine Antwort. Al-Turabi lachte, und Akbar stieß unverständliche Laute aus.
Hätte man nachweisen können, dass sie sich kannten, wäre es ein gravierendes Indiz zu ihren Lasten gewesen – schließlich waren sie an ganz unterschiedlichen Orten festgenommen worden; al-Turabi in den afghanischen Bergen, Akbar im Norden von Bagdad. Beide wurden von den Geheimdiensten mehrerer Länder als aktive Dschihadisten eingestuft, und hätte manbeweisen können, dass sie miteinander bekannt waren, hätte ihnen das wahrscheinlich die lebenslange Unterbringung in Guantanamo eingetragen. Aus diesem Grund sprachen al-Turabi und Akbar nur selten direkt miteinander und hatten es so eingerichtet, dass sie, unter den Augen der Wachleute, ihre Informationen über Ibrahim und Yousaf austauschten, die sich als getreue Gefolgsleute erwiesen hatten. Die vier Männer waren Blutsbrüder in der schwarzen Kunst der Täuschung und Geheimhaltung.
Und natürlich wussten sie, dass außerhalb des Stacheldrahts Kräfte am Werk waren, die sich für ihre Freilassung einsetzten; sie wussten, dass sie eines Tages wieder in den heiligen Kampf gegen die Ungläubigen ziehen würden. Die Nachrichten tröpfelten nur langsam und spärlich ein, aber sie gaben ihnen Hoffnung und hielten die flackernde Flamme ihres Widerstands und ihres Zorns am Leben.
Die einzige Form von Gerichtsbarkeit, die ihnen während ihrer Gefangenschaft zustand, war ein Militärtribunal – eine Art Sondergericht, das jedem in Guantanamo Inhaftierten den Prozess machen und ihn verurteilen konnte. Im November 2001 ermächtige Präsident George W. Bush diese »Gerichte« dazu, ihre Arbeit aufzunehmen, worauf alle vier Männer den »Richtern« vorgeführt wurden. Doch da keiner ein Sterbenswörtchen von sich gab, war es für alle Beteiligten pure Zeitverschwendung.
Militärtribunale haben durchaus ihre Berechtigung, wenn Angehörige gegnerischer, außerhalb der Zivilgerichtsbarkeit operierender Streitkräfte zur Verantwortung gezogen werden sollen. Obwohl solchen Tribunalen Offiziere angehören, die sowohl als Richter als auch als Geschworene fungieren, dürfen sie keinesfalls mit Militärgerichten gleichgesetzt werden.
Tribunale sind Untersuchungskommissionen, die sich einzig und allein mit den Vorwürfen befassen, die das Militär vorbringt. Die Gefangenen werden vom Militär angeklagt, Militärangehörige sitzen darüber zu Gericht und sprechen das Urteil. Die von Militärtribunalen verhängten Urteile können nicht vor US-Bundesgerichten angefochten werden.
Die von Präsident Bush 2001 erlassene Ermächtigung war im Grunde nur die Wiederbelebung eines
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