Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Instruments, von dem die USA im Lauf ihrer Geschichte immer wieder Gebrauch gemacht hatten. General Washington setzte Militärtribunale während der Amerikanischen Revolution ein. Die Nordstaaten machten während des amerikanischen Bürgerkriegs und danach davon Gebrauch. General Andrew Jackson ließ damit im Krieg von 1812 einen britischen Spion verurteilen.
So bedurfte es nicht viel, sich dieser Einrichtung wieder zu bedienen. Was natürlich fast reflexartig für aufgeregte Proteste auf Seiten der Liberalen und Linken sorgte. Im Juli 2004 wurde daher auf Betreiben des Obersten Gerichtshofs verfügt, dass durch sogenannte »Combatant Status Reviews« zu prüfen war, ob den in Guantanamo Inhaftierten überhaupt der Status eines »feindlichen Kombattanten« zugebilligt werden konnte.
Die weitreichenden, umfassenden Anhörungen in diesem Forum behandelten jeden Einzelfall gesondert. Das US-Militär glaubte, die ganze Welt wäre verrückt geworden, als es mit ansehen musste, wie die US-Gerichtsbarkeit Typen die Freiheit schenkte, die mit Bomben, Raketen und anderen Sprengstoffen über US-Truppen hergefallen waren. Im Januar 2005 verfügte dann die Washingtoner Bundesrichterin Joyce Hens Green, dass die »Combatant Status Reviews«-Tribunale verfassungswidrig wären und die Inhaftierten Anspruch auf die von der US-Verfassung zugesicherten Rechte hätten. Yousaf, Ibrahim, Ben und Abu Hassan waren damit so gut wie frei.
Kurz darauf wurden zwei Gesetze verabschiedet. Das erste untersagte die unmenschliche Behandlung von Gefängnisinsassen, was auch auf die Inhaftierten in Guantanamo zutraf, und stellte Grundregeln für die »Gerichtsprozesse« auf. Einige Monate darauf peitschte die Bush-Regierung den Military Commissions Act durch den Kongress. Dieses zweite Gesetz ermöglichte Gerichtsverfahren durch Militärkommissionen bei Verstößen gegen das Kriegsvölkerrecht. Yousaf und seine Kumpane durften weiterhin hoffen, waren aber noch lange nicht frei.
Der nächste Durchbruch ließ mehr als zwei Jahre auf sich warten. Die gesamte Zeit vertrauten sie darauf, dass der »weiche« Westen ihnen entgegenkommen würde, und sie wurden nicht enttäuscht. Am 12. Juni 2008 gestand der Oberste Gerichtshof durch eine hauchdünne Mehrheit jedem Ausländer, der seit Jahren in Guantanamo einsaß, das Recht zu, seine durch keinerlei Anklagepunkte gerechtfertigte, zeitlich unbegrenzte Inhaftierung vor einem US-Zivilgericht anzufechten.
Präsident Bush war wütend über diese dritte Zurechtweisung, die er durch den Obersten Gerichtshof erfahren musste. Er lehnte das Urteil nicht nur entschieden ab, sondern drohte sogar mit einem weiteren Gesetz, um sicherzustellen, dass gefährliche Terroristen auch weiterhin hinter Schloss und Riegel blieben.
Der Bundesrichter Anthony Kennedy, dessen Stimme den Ausschlag zugunsten des Urteils gegeben hatte, bekräftigte zwar die terroristische Gefahr, der sich die USA ausgesetzt sahen, argumentierte aber, die Gesetze und die Verfassung der USA seien so beschaffen, dass sie auch in außergewöhnlichen Zeiten Bestand hatten.
Er gestand den Inhaftierten das von der Verfassung garantierte Recht zu, auf Habeas Corpus zu klagen, das heißt, vor einem Zivilgericht die Unrechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung geltend zu machen, die ohne rechtmäßiges Urteil erfolgt war. Nach Richter Kennedys Meinung konnte ihnen dieses Recht nicht verwehrt werden, auch wenn sie in Guantanamo inhaftiert waren. Und ebenso wenig konnte ihnen verwehrt werden, sich auf die sogenannte Suspension Clause zu berufen, die zivilrechtliche Garantie, die verhindert, dass der Kongress Habeas Corpus unter gewissen Umständen aussetzt.
Und um es dem Präsidenten und seinen militärischen Stabschefs so richtig zu zeigen, wies der Richter in Bausch und Bogen auch das von der Regierung vorgebrachte Argument zurück, wonach den Gefangenen diese Rechtsmittel nicht zustünden, weil die USA keine uneingeschränkte Hoheitsgewalt über die Militärbasis an der Ostspitze Kubas hätten. »Abgelehnt«, schrieb Kennedy dazu und hätte auch noch das Wörtchen »Blödsinn« hinzufügen können, so sicher war er sich seiner Begründung.
John Roberts gehörte zu jenen vier Bundesrichtern, die Kennedys Meinung nicht teilten. Die anderen waren Antonin Scalia, Clarence Thomas und Samuel Alito.
Zehn Tage darauf kam das Berufungsgericht für den District of Columbia zu einer historischen Entscheidung – Huzaifa Parhat, in Guantanamo inhaftiert, sei
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