Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Afghanen sein wollen. Paschtunen, Pathanen, Städter, Stammesangehörige, Händler, Buchhalter, Goldschmiede, Juweliere, Bauern und Kebab-Brater bevölkern den zauberhaften Ort voller hinterhältiger Machenschaften und Gefahren.
Das Herz dieser abgelegenen pakistanischen Provinz schlägt auf der anderen Seite der Grenze, in Afghanistan. In Pakistan selbst bringt kaum jemand Verständnis für die Menschen dort auf. Noch nicht einmal die Regierung der Nordwestlichen Grenzprovinz in Pakistan steht im Verdacht, der eigenen Bevölkerung mit Sympathie zu begegnen und hat auch wenig für die afghanischen Herrscher in Kabul übrig oder für die Führer der finsteren Taliban-Gruppierungen.
Jahrhundertelang galt Peshawar als »Tor nach Afghanistan«. Die Stadt liegt an der einzigen Straße zum Khaiberpass, der sagenumwobenen Bergroute, die die beiden Länder miteinander verbindet. Für die Pathanen ist Peshawar das Tor nach Zentralasien, womit sie natürlich recht haben, falls man zufällig auf einem Yak aus den Höhen des Himalaja herabkommt.
Nach westlichen Maßstäben aber ist Peshawar das Tor ins Nichts. Die Stadt ist der Endpunkt der pakistanischen Eisenbahn; alle Züge enden hier, nachdem sie, von schweren Diesellokomotiven gezogen, von so fernen Ausgangspunkten wie Karatschi, Lahore, Quetta oder Rawalpindi durch die gebirgige Landschaft gedonnert waren.
Der einzige Zug, der Peshawar verlässt und nicht den Süden, die »Zivilisation«, ansteuert, ist der alte Khaiber-Steam-Safari, der einige Male im Monat Touristen zum Khaiberpass bringt – direkt hinein ins Land der Räuber und Wegelagerer, vorbei an den Verstecken der Warlords, die seit Jahrhunderten über diese Region herrschen.
Nördlich von Peshawar liegt das Swat-Tal, ein 250 Kilometer langes, von hohen Bergen umschlossenes, kaum zugängliches Gebiet, das sich entlang des gleichnamigen Flusses von Nord nach Süd erstreckt. Hier liegt die Hochburg der Pathanen, die sich wenig um die pakistanischen Gesetze scheren, und hier liegen auch die El-Kaida-Ausbildungslager.
Es ist die wichtigste Zufluchtsstätte der modernen Dschihadisten. Zusammen mit den Fanatikern der Taliban, den Hütern desvom Scheich errichteten Terrornetzwerks, leben und trainieren sie hier oben in der stillen Bergwelt an den Ufern des großen Swat-Flusses und unter den schneebedeckten Gipfeln, die zu den südlichen Ausläufern des mächtigen Hindukusch gehören.
In 2000 Jahren hatte es bislang noch keiner geschafft, dieser Region seinen Willen aufzuzwingen – keiner, seitdem Alexander der Große 326 v. Chr. hier auftauchte, im Herzen des Tals vier Schlachten schlug und weiter nach Süden in Richtung Peshawar vordrang, dankbar, dass er noch am Leben war und seine Armee alles einigermaßen überstanden hatte. Er kehrte nie mehr zurück.
Je weniger die Einwohner des modernen Pakistan vom Swat-Tal hören, umso lieber ist es ihnen. Selbst in einem religiös und politisch so tief gespaltenen Land wie Pakistan genießt das Tal einen erschreckend schlechten Ruf. Peshawars zerrissenes Herz schlägt für das angrenzende Afghanistan und für die kriegerischen Stämme des Swat-Tals, für die Männer, die sich voll und ganz dem Dschihad verschrieben haben. Kaum Verbindungen aber bestehen zum ökonomischen Zentrum Pakistans, der 14-Millionen-Metropole Karatschi, tausend Kilometer entfernt am Arabischen Meer.
Peshawar zeugt von dem gesetzlosen Mittelalter, freundlich und fröhlich an der Oberfläche, nicht weit darunter aber pulsiert das Blut eines fanatischen Islam, was der altertümlichen Stadt sowohl ein quasi-romantisches als auch gefährliches Flair verleiht. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass selbst der alte Touristenzug, der die Besucher zum Khaiberpass bringt, den Bahnhof – nur für den Fall – nie ohne eine Abteilung schwer bewaffneter Wachleute verlässt.
Es gibt wohl kaum einen Ort auf der Welt, an dem die Anhänger jener Männer, die das World Trade Center zum Einsturz gebracht haben, so von der einheimischen Bevölkerung toleriert, sogar willkommen geheißen und unterstützt werden wie hier. Solche Männer sorgen immer für Probleme, weshalb kaum jemand mit ihnen zu tun haben möchte – sieht man vom Iranund den heuchlerischen, geheimniskrämerischen Politikern und Stammesältesten in der abgelegenen Nordwestlichen Grenzprovinz Pakistans ab.
Für Ausländer ist das Swat-Tal offiziell gesperrt, niemand kann für die Sicherheit der Besucher garantieren. Diese Anordnung ist damit
Weitere Kostenlose Bücher