Lauschangriff - Im Visier der Feinde
erwiderte der CIA-Boss. »Wir müssen miteinander reden. Das US-Berufungsgericht hat soeben vier Killer aus Guantanamo freigelassen …«
»Ich weiß«, unterbrach ihn der General.
»Was? Es ist erst vor fünf Minuten bekannt gegeben worden.«
»Ich habe es schon vor fünf Minuten gewusst.«
»Hätte ich mir denken können. Wie auch immer, jetzt haben wir das Problem, wie wir die Typen wegschaffen sollen. Sie fliegen nach Pakistan, von Dulles nach Paris, mit Air France, dann weiter nach Karatschi mit Pakistan International Airlines.«
»Und ich soll mich um die Sicherheitsbestimmungen auf dem Charles de Gaulle kümmern?«
»Na ja, ich weiß doch, dass Ihre leicht hysterische Regierung auf Sie mehr hören wird als auf jeden anderen.«
»Sie haben auf dem Flug von Washington nach Frankreich Begleitung mit an Bord?«
»Ja, zwei US-Marshals und zwei meiner Top-Jungs.«
»Werden die Gefangenen Handschellen tragen?«
»Genau darum geht es. Ich glaube nicht, dass das möglich ist, nicht bei einer ausländischen Fluglinie im internationalen Luftraum.«
»Warum nehmen Sie keine US-Airline nach Frankreich? Dann können Sie tun und lassen, was Sie wollen.«
»Genau wie Sie …«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Die französische Einwanderungsbehörde könnte ihnen die Einreise nach Frankreich verweigern – dann müssten sie an Bord der amerikanischen Maschine zurück in die USA, und das kommt für uns nicht infrage.«
»Sie meinen also, wenn Sie mit Air France fliegen, müssen wir sie von Bord lassen und sie so schnell wie möglich mit einer anderen Fluggesellschaft weiterschicken?«
»Genau. Und es muss die PIA sein, weil Pakistan sich bislang als einziges Land bereit erklärt hat, sie aufzunehmen.«
»Nur ein wenig Kooperation, und schon ist das Problem gelöst?«
»Genau. Aber wir brauchen Ihre Hilfe, weil wir vier CIA-Mitarbeiter auf den PIA-Flug schleusen wollen, damit sie den Gefangenen nach Karatschi folgen. Wir würden die Agenten auf dem Charles de Gaulle gern austauschen. Die ersten vier werden umgehend in die USA zurückkehren.«
»Bobby, ich werde mich darum kümmern. Ich schicke eine E-Mail mit einigen Telefonnummern zur Kontaktaufnahme. Aber alles unter einer Bedingung …«
»Schießen Sie los«, kam es von Birmingham.
»Sie werden diese Typen weder auf französischem Boden erschießen noch das Flugzeug in die Luft sprengen.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort.«
Im Lageraum des Mossad im Kellergeschoss der israelischen Botschaft am International Drive in Washington NW fand regelmäßig »Kriegsrat« statt – so regelmäßig wie das Freitagabendgebet für den Sabbat oder Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest. Irgendetwas stand immer auf dem Plan, ein Anschlag, eine muslimische Demonstration, Hunderte von Fanatikern, die lautstark ihre Unterstützung für die Hamas oder Hisbollah hinausplärrten.
Manchmal ging es auch um Gravierenderes. Manchmal, wie an diesem Abend, war sogar Botschafter Gavron anwesend. Für die neun Männer, die sich in dem atomwaffensicheren Raum versammelt hatten und an ihrem Tee nippten, hatte das US-Gericht das Undenkbare getan. Richter Osborne und seine Kollegen hatten zwei der schlimmsten Massenmörder in der jüngsten israelischen Geschichte freigelassen.
Diese Männer glichen im Grunde Söldnern, nur dass sie nicht für Geld töteten, sondern für ihren Gott. Der Mossad wusste, dass sie beide Angehörige der verhassten Jund Ansar Allah waren, der Armee der Anhänger Allahs, einer Gruppe von Verrückten, denen die Hamas im Kampf gegen Israel nicht effektiv genug war.
Ben und Abu hatten im heiligen Krieg der Palästinenser gekämpft, hatten sich dann Osama Bin Laden angeschlossen und waren auch für die Taliban in den Kampf gezogen, ihre Waffenbrüder im Hindukusch. Dieser Austausch zwischen den Dschihadisten-Gruppierungen, der Wechsel der Führungskräfte zwischen Bagdad, Gaza und Kabul lehrte den Mossad das Fürchten. Ben und Abu gehörten dabei laut israelischer Einschätzung zu jenen, die ihnen am meisten Kopfschmerzen bereiteten.
»Das Problem«, sagte Botschafter Gavron, »sind natürlich die amerikanischen Anwälte. Hätten sie sich geweigert, diesen Abschaum zu vertreten, wäre das alles nicht passiert.«
»Na ja, wären sie nicht gewesen, hätten die Scheichs einfach ihre eigenen Anwälte ins Land geholt.«
»Das geht nicht«, erwiderte Gavron. »Um in New York einen Prozess zu führen, muss man der New Yorker Anwaltskammer angehören. Das Gleiche
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