Lauschangriff - Im Visier der Feinde
verließ, meldete sich DS Martin bei Lt. Colonel Makin, der Rücksprache mit dem Amerikaner halten musste. Es war bereits nach 16.30 Uhr, als alle Beteiligten zu dem Schluss kamen, die Operation abzubrechen.
Drei Minuten vor 18 Uhr wurden die El-Kaida-Killer Ibrahim Sharif, Yousaf Mohammed, Ben al-Turabi und Abu Hassan Akbar zum zweiten Mal in drei Monaten aus dem Polizeigewahrsam entlassen.
Wichtiger noch, sie würden nicht Mack Bedford gegenübertreten müssen, der bereits das windgepeitschte Ilkley Moor observierte.
Dr. Ahmed Kamil war sein Geld wieder einmal wert gewesen.
K APITEL S ECHS
Um 18.30 Uhr hatte sich das Wetter auf der Hochebene in Yorkshire rapide verschlechtert. Die Moore waren berüchtigt für plötzlich aufziehende Unwetter, stürmische Winde und Nebel, im Herbst allerdings war das Wetter noch launenhafter als sonst, Temperatur und Windrichtung konnten sich nahezu im Stundentakt ändern.
Wie alle Mitglieder der Spezialkräfte benötigte Mack Bedford viermal so viel Zeit für die Erkundung des Gefechtsfelds als andere. Den gesamten Spätnachmittag hatte er am Hotelfenster gestanden und zugesehen, wie der Himmel sich verdunkelte und Wind aufgekommen war.
Kurz nach den 18-Uhr-Nachrichten der BBC setzte Regen ein. Mack beschloss, zu den beiden Felsen aufzubrechen, deren dunkle Silhouetten er deutlich vor sich sah. Er trug seine regenfeste Tarnhose und über einen Sweater seine Tarnjacke. Er zog wasserdichte Kampfstiefel an, schwarze Lederhandschuhe und eine schwarze Sturmhaube. Er schob ein Magazin in seine SIG-Sauer-9-mm-Dienstpistole und befestigte sie gegenüber dem Kampfmesser am Ledergürtel.
In einer speziellen Innentasche verstaute er eine Handgranate mit einer Sprengkraft, die ausgereicht hätte, das Cow-and-Calf-Hotel hochgehen zu lassen. Sie stammte von Lt. Colonel Makin: »Für einen kleineren Notfall.« Daneben hatte er ein SEAL-Nachtsichtgerät bei sich, aber nichts, wodurch er im Falle seines Todes zu identifizieren gewesen wäre.
In dieser Aufmachung stieg Mack Bedford durch das Fenster seines Zimmers im Erdgeschoss und schlug die Richtung zumIlkley Moor ein, das nun schnell in der Dunkelheit versank. Len Martins Anruf, in dem er ihm mitteilen wollte, dass die Operation verschoben sei, verpasste er um zwölf Minuten.
Nicht lange, und er hatte den Lichtschein des Hotels hinter sich und befand sich mitten in der urtümlichen Landschaft, wo er in der Ferne die Umrisse der beiden Felsen ausmachen konnte. Er hatte in seiner SEAL-Dienstzeit viele unheimliche Gegenden kennengelernt, aber keine, die so beklemmend gewesen wäre wie diese.
Der Wind heulte, ein wehklagendes, an- und absteigendes Tosen, während leichter Regen niederging. Es hätte eigentlich klare Sicht herrschen sollen, doch unter der niedrigen Wolkendecke zog Nebel auf, der der öden Landschaft etwas Unwirkliches verlieh. Außerdem war es verdammt kalt.
So weit er sehen konnte, gab es kaum Deckungsmöglichkeiten. Natürlich würde er jederzeit so gut wie unsichtbar sein, wenn er sich nur flach auf dem feuchten Moorboden ausstreckte – eine nicht sonderlich angenehme Aussicht. Aber SEALs nehmen ihr Gelände in Besitz, erkunden es, tauchen ein in seine Atmosphäre, seine Geräusche, lange bevor der Feind auftaucht.
Es war nach 19 Uhr, als Mack die Felsen erreichte und beeindruckt war von ihrer Größe. Wie schwarze steinerne Teufelswälle ragten sie vor ihm auf, der größere war ohne entsprechende Kletterausrüstung nicht besteigbar. Umgeben waren sie von flachem, felsigem und von niedrigen Gräsern bewachsenem Terrain. Er umrundete die Felsen und blieb vor dem kleineren, etwa 14 Meter hohen stehen.
Die Straße lag hundert Meter entfernt. Von der Cow, dem größeren Felsen, waren es knapp 40 Meter zum nächsten Heidekrautabschnitt, ein Spurt von fünf Sekunden, falls das nötig war. Mack war nicht unbedingt erpicht darauf – nicht hier auf dem feuchten, glitschigen Untergrund, der in der Dunkelheit kaum zu erkennen war.
Er schritt weitere Strecken ab und überprüfte die Sicht. 20 Minuten später stellte er fest, dass es deutlich dunkler geworden war. Die Wolkenbank lag jetzt direkt über dem Moor. Sterne und Mond waren nicht zu sehen. Perfekte Verhältnisse für einen Angreifer. Für jemanden, der sich zu verteidigen hatte, aber nicht unbedingt ideal. Ein potenzieller Feind konnte sich mühelos unbemerkt anschleichen. Was seiner langen Erfahrung nach allerdings nur wenigen gelang. Die einzige Ausnahme waren die
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