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Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Titel: Lauschangriff - Im Visier der Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Robinson
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standen jeweils im Abstand von 50 Metern auf dem Bahnsteig. Sie hatten sich neue Kleidung besorgt, damit sie als Städter durchgingen. Keine Krawatten, aber weiße Hemden, dazu ein Sportsakko und schwarze Halbschuhe. Keine Stetsons oder Ponchos mehr. Und schon gar keine Kalaschnikows. Jeder hatte jetzt einen Aktenkoffer in derHand: braunes Leder für Ibrahim und Yousaf, schwarzes Leder für die andern beiden.
    Die Fahrkarten waren unter den auf ihren Pässen eingetragenen Namen bezahlt worden. Sie hatten Sitzplatzreservierungen und bestiegen den amerikanischen Personenzug, ohne erkennen zu geben, dass sie sich kannten. Die reservierten Plätze im Speisewagen allerdings ermöglichten ihnen, sich auszutauschen.
    Yousaf hielt das alles für stinkvornehm. Verständlich, da die Züge, mit denen er in seiner Heimat unterwegs war, bis zur Oberkante mit Bauern und ihren Markttieren vollgepackt waren, und wer nicht mehr in die Waggons passte, fuhr mit seinen Hühnerkörben oben auf dem Dach mit.
    Voller Ehrfurcht starrten die vier aus den Fenstern, als sich die Lokomotive pünktlich um 12.40 Uhr in Bewegung setzte, durch die geschniegelten Vororte von Albuquerque rollte und sich auf ihre lange Reise entlang der alten Viehrouten machte. Voraussichtliche Ankunft im 900 Kilometer entfernten Dodge City: eine halbe Stunde nach Mitternacht.
    Die Strecke führte durch die Weiten des amerikanischen Westens, durch Weizenfelder, vorbei an Ranches und Missionen, durch Berge und Wüsten, manchmal durch gewundene Canyons, die nur etwas breiter waren als der Zug selbst.
    Zum Abendessen bestellten sie Roastbeef und Eis und trafen um 0.34 Uhr in Dodge City ein. Sie hatten unterschiedliche Schlafabteile gebucht und schliefen, als der Chief durch die großen, flachen Prärien von Kansas stampfte.
    Sie erwachten, als der Zug in die riesige Union Station in Kansas City, Missouri, einfuhr, wo er 20 Minuten Aufenthalt hatte. Ben und Abu schliefen sofort wieder ein, Ibrahim und Yousaf allerdings traten auf den Bahnsteig und blickten zur fast 30 Meter hohen Decke mit ihren drei 1,5 Tonnen schweren Kronleuchtern und der knapp zwei Meter großen Uhr hinauf, die über dem mittleren Bogen hing.
    Keiner von ihnen hatte so etwas schon mal zu Gesicht bekommen, schon gar nicht in einem Bahnhof. Sie vergaßen sogar, dass sie sich eigentlich nicht kennen sollten, während sie sich umsahen und die 1999 komplett restaurierten Stuckarbeiten anstarrten.
    Ibrahim und Yousaf kehrten zum Zug zurück und setzten sich in den Speisewagen, wo sie sich bei einem Frühstück leise über die angrenzenden Tische hinweg unterhielten, während der Zug den Bahnhof verließ.
    Sie saßen noch immer beim Kaffee, als der Zug die 41 Meter hohe Stahlbrücke über den Missouri überquerte, den längsten Fluss der USA. Von hier aus ging es dreieinhalb Stunden lang durch die Ebenen des nördlichen Missouri, bevor sich ein 35 Kilometer langer Abstecher ins südliche Iowa anschloss. Doch kurz nach dem Aufenthalt in Fort Madison kam der Zug, genau an der Grenze zu Illinois, aus keinem ersichtlichen Grund plötzlich zum Stehen.
    Ibrahim, der in seiner Jugend alte, meist illegal kopierte britische und amerikanische Kinofilme gesehen hatte, fürchtete bereits, eine Abteilung Nazis käme mit schweren Stiefeln durch die Abteile gestürmt und würde ihre Papiere sehen wollen. Amerikanische Nazis natürlich, die ihn und seine Gefährten gefangen nehmen und wieder ins Konzentrationslager Guantanamo zurückbringen würden.
    Er wandte sich an den jungen Mann, der rechts neben ihm saß und den Kansas City Star las. »Warum dieser Aufenthalt? Ist das so vorgesehen?«
    »Vorgesehen! Nie und nimmer«, erwiderte der junge Mann. »Wir sind am Mississippi. Da kommt ein Schiff den Fluss hoch, so was passiert eben manchmal. Jetzt haben wir in Chicago wahrscheinlich zwanzig Minuten Verspätung.«
    Ibrahim Sharif war erleichtert. Er hatte allerdings keine Ahnung, warum ein Schiff eine Brücke sperren konnte, da er davon ausging, dass Schiffe unter der Brücke hindurchfuhren, während Züge sie überquerten. Und sicherlich hatte er noch keine Brücke gesehen, bei der sich das Mittelteil plötzlich drehte, um eine Fahrrinne für Schiffe zu schaffen. Geduldig wartete er, bis sich der Chief wieder in Bewegung setzte und hoch über dem legendären Fluss über die längste Doppeldecker-Drehbrücke der Welt ratterte.
    Um 13 Uhr erreichten sie Princeton, Illinois, und um 20 Minuten nach drei waren sie in Chicago, der

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