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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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entfernte Verwandte ihres Mannes, um die sie etwas besorgt seien, weil sie für ein paar Jahre nach Afrika gingen – nach Nigeria, glaube ich. Da sie Mrs Lancaster nicht mitnehmen könnten, suchten sie nach einer passenden Bleibe für sie, und nach allem, was sie über unser Heim gehört hätten, schiene es ihnen die ideale Lösung. Wir haben dann alles arrangiert, und Mrs Lancaster hat sich sehr gut eingelebt.«
    »Aha.«
    »Mrs Lancaster war sehr beliebt. Sie war ein bisschen – na, Sie wissen schon – verwirrt. Sie vergaß viel und verwechselte alles und konnte sich manchmal nicht an Namen und Adressen erinnern.«
    »Hat sie viele Briefe bekommen?«, fragte Tuppence. »Aus Afrika, meine ich?«
    »Ich glaube, die Johnsons haben im ersten Jahr ein- oder zweimal geschrieben. Später dann nicht mehr. Das ist leider so, wissen Sie. Wenn jemand in ein fernes Land geht, vergisst er schnell. Und ich glaube, sie haben nie eine enge Bindung gehabt. Sie war ja nur eine entfernte Verwandte, für die sie sich verantwortlich fühlten. Alle finanziellen Dinge erledigte der Anwalt, Mr Eccles. Er hat eine sehr angesehene Praxis. Wir hatten früher schon mit ihm zu tun. Vermutlich waren die Freunde und Angehörigen von Mrs Lancaster gestorben, denn sie bekam wenig Post, und es hat sie so gut wie nie jemand besucht. Nach dem ersten Jahr kam einmal ein sehr gut aussehender Herr zu ihr. Ich glaube, er hat sie nicht selbst gekannt, sondern war ein Freund der Johnsons. Wahrscheinlich wollten sie sich vergewissern, dass es ihr gut ging und sie zufrieden war.«
    »Und danach haben alle sie vergessen«, stellte Tuppence fest.
    »Leider. Ist das nicht traurig? Aber so geht es oft, und es ist ein Glück, dass die meisten unserer Gäste hier neue Freundschaften schließen. Sie haben manchmal gemeinsame Erinnerungen – na ja, und dann sind sie sogar recht glücklich. Ich glaube, viele vergessen ihr früheres Leben ganz.«
    »Wahrscheinlich sind einige auch ein bisschen…« Tommy zögerte und suchte nach einem Wort, wobei er sich langsam über die Stirn strich.
    »Ich weiß, wie Sie das meinen«, sagte Miss Packard. »Wir nehmen niemanden mit einer Geisteskrankheit auf, aber es gibt Grenzfälle. Menschen, die senil sind, die nicht mehr allein zurechtkommen, die gewisse fixe Ideen haben. Manchmal glauben sie, berühmte historische Persönlichkeiten zu sein. Es ist ganz harmlos. Wir hatten einmal zwei Marie-Antoinettes hier. Eine sprach dauernd vom Petit Trianon und trank viel Milch. Und dann hatten wir eine reizende alte Dame, die darauf bestand, Madame Curie zu sein und das Radium entdeckt zu haben. Natürlich sind Fälle von Gedächtnisschwund sehr viel häufiger. Die alten Leute können sich nicht mehr entsinnen, wer sie sind. Oder sie sagen immer wieder, dass sie etwas sehr Wichtiges vergessen haben, das ihnen unbedingt wieder einfallen müsste. Das kommt am häufigsten vor.«
    Tuppence zögerte etwas und fragte dann: »Hat Mrs Lancaster immer von dem Kamin hier im Wohnzimmer gesprochen, oder ging es um irgendeinen Kamin?«
    Miss Packard sah sie erstaunt an. »Ein Kamin? Mir ist nicht klar, was Sie damit meinen.«
    »Sie hat etwas gesagt, das ich nicht verstanden habe. – Vielleicht verband sich eine unangenehme Erinnerung mit dem Kamin. Oder sie hat etwas gelesen und sich geängstigt.«
    »Das ist natürlich möglich.«
    Tuppence lenkte ab. »Ich mache mir immer noch Gedanken über das Bild, das sie Tante Ada gegeben hat.«
    »Das brauchen Sie nicht, Mrs Beresford. Ich vermute, dass sie es inzwischen längst vergessen hat. Vielleicht hing sie gar nicht so sehr daran. Sie freute sich, dass es Miss Fanshawe gefiel, und hat es ihr geschenkt. Bestimmt wäre es ihr recht, wenn Sie es haben, weil Sie es auch schön finden.«
    »Wissen Sie, was ich tun werde? Wenn Sie mir die Adresse geben können, schreibe ich Mrs Johnson.«
    »Ich habe nur die Adresse des Hotels in London, in dem sie gewohnt haben. Cleveland, glaube ich. Ja, Cleveland-Hotel, George Street, W 1. Sie hat eine knappe Woche mit Mrs Lancaster dort gewohnt, und dann wollten sie zu Verwandten nach Schottland. Das Cleveland-Hotel hat sicher die Adresse.«
    »Vielen Dank, Miss Packard. Ach, und nun noch die Zobelstola…«
    »Ich hole Ihnen Miss O’Keefe.«
    »Du und deine Mrs Blenkinsop«, sagte Tommy, als sie allein waren.
    Tuppence machte ein selbstzufriedenes Gesicht. »Das ist eine meiner besten Erfindungen. Ist es nicht ein großartiger Name? Kannst du sie dir nicht richtig

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