Lauter reizende Menschen
bar, sondern geben eine Quittung. Und einmal im Monat verschicken wir Rechnungen.«
»Das hat mir Onkel Peter auch mitgeteilt. Und wie steht es mit Reparaturen?«
»Ich erledige nur Reifenpannen und andere kleine Schäden. Einen verstopften Vergaser kann ich leicht zwischendurch reinigen - solange nicht gleich zwei auf einmal kommen. Wenn dieser Fall einmal eintrat, habe ich geklingelt, und Peter kam mir helfen. Wir haben nämlich eine Klingel ins Haus gelegt.«
Nicht zum erstenmal fiel Lucia auf, daß er einfach >Peter< sagte. Das war gewiß nicht plump vertraulich gemeint, vielmehr wußte sie, daß die Maori durch die Nennung des Vornamens Zuneigung und Freundschaft ausdrücken, und schon heute war sie neugierig, wie lange Len sie noch >Miss Field< nennen würde. Es sollte sich erweisen, daß diese Förmlichkeit genau drei Tage dauerte, und Lucia fühlte sich erleichtert, als Len zum erstenmal >Luce< zu ihr sagte. Da wußte sie, daß sie gewonnen hatte. Allerdings wagte sie nicht, sich auszumalen, was ihre Mutter zu dieser Verstümmelung ihres Vornamens gesagt hätte.
Fast den ganzen Vormittag über blieb sie an der Tankstelle und ließ sich von Len die Bedienung der Pumpen zeigen. Mit übergroßer Zuversicht ging sie nicht heran, und sie konnte sich kaum vorstellen, daß sie eines Tages ohne Stocken würde sagen können: »Das macht sechs Shilling und acht Pence, bitte!« Kopfrechnen war nie ihre Stärke, und sie war froh, als sie eine Tabelle an der Wand entdeckte. Sie lernte, wo die Quittungen gesammelt wurden, die man von den Fahrern der Busse und Lastwagen erhielt, wo sich das Wechselgeld befand, wie man flink Münzen zählte, und sie versuchte sogar, sich diejenigen Kunden einzuprägen, denen Len Kredit zu geben pflegte.
»Aber mit dem Öl werde ich nie im Leben fertig, Len!« stöhnte sie.
Ermutigend lächelte er sie an. »Soll ich Ihnen mal aufmalen, wie ein Auto von innen aussieht?« Und schon fing er damit an, seine Zeichnung eingehend zu erläutern.
Lucia hörte andächtig zu, schlug aber schließlich doch vor: »Am besten beschränke ich mich zunächst aufs Benzin und überlasse Ihnen das Öl.«
»Na schön. Ich kann ja immer mal auf einen Sprung herankommen, auch wenn ich gerade mit einem andern Wagen zu tun habe. Dann müssen Sie dafür aber meinem Wagen das Benzin einfüllen. Einverstanden?«
Lucia war erleichtert, und da gerade kein Kunde kam, lief sie ins Haus zurück und packte aus, was sie am vergangenen Abend noch in den Koffern gelassen hatte. Bald aber rief die Klingel um Hilfe, und als sie hinunterlief, fand sie Len mit dem Flicken eines alten Reifens beschäftigt, während gerade ein schlichtes, aber moderneres Auto einbog. Hinter dem Steuer saß eine junge Frau, die die Flausen ihres kleinen Jungen und seines noch kleineren Schwesterchens zu erdulden hatte. Geschäftig trat Lucia neben den haltenden Wagen.
»Guten Morgen! Wieviel darf es sein?«
Lucia gefiel sich sehr in dieser Rolle. Die Dame gab nicht sogleich Antwort, aber sie lächelte Lucia lange strahlend an, so bezaubernd, daß Lucia dachte: >Du bist schön, mit deinen dunklen Augen, dem dunklen Haar, den reizenden Zügen. Und lieb bist du und still, das sieht man gleich... Wer magst du sein?< Aber all diese Fragen behielt sie schön für sich. Sie lächelte nur zurück und wartete geduldig.
»Sie sind doch bestimmt Lucia Field, die Nichte von Mr. Rolfe? Er sagte mir, er hoffe, daß Sie kämen. Nun, es wäre schön, wenn es Ihnen hier gefiele... Haben Sie schon gehört, wie es ihm geht?«
»Noch nicht. Aber, da fällt mir ein: Wie bekommt man hier eigentlich seine Post? Ich habe ganz vergessen, Len danach zu fragen.«
»Wir haben eine normale Landzustellung. Der Bus bringt den Postsack zu Miss Mills — Ihrer Nachbarin, von deren berühmtem Garten Sie sicherlich schon gehört haben. Und das Austragen erledigt Mr. Davis, der oben an der Bergstraße wohnt.«
Inzwischen war auch Len herangetreten. »Die beiden können einander das Wasser reichen!« warf er vielsagend ein. »Ich wette, sie lesen sämtliche Briefe!«
Lucia und die Dame tauschten ein Lächeln.
»Allerdings sind sie beide anders als Len«, lachte die Fahrerin. »Er ist immer freundlich und munter. Davis hingegen ist alles andere als beliebt. Ganz zurückgezogen wohnt er oben auf der Hochebene, gar nicht weit von den Stallungen entfernt... Aber ich darf Sie nicht aufhalten, denn bestimmt haben Sie alle Hände voll zu tun. Wie wäre es aber, wenn Sie mich
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