Lauter reizende Menschen
beschäftigt.« — Im stickigen Wohnzimmer genoß Carmen Mills ihre Rolle als Gastgeberin.
»Wie herrlich, liebe Gäste zu haben! Was für eine riesige Freude! Das Teeservice hier hat meinem Großvater gehört. Ich benutze es nur bei ganz besonderen Gelegenheiten.«
»Es ist wirklich hübsch«, erklärte Annabel freundlich. »Darf ich Ihnen behilflich sein? Soll ich Mutter die Tasse reichen?«
»O nein, meine Liebe; nicht diese! Hier, dies hier war Großvaters Lieblingstasse, und deshalb habe ich sie Mrs. Wharton zugedacht. Sehen Sie? Sie ist größer. Jawohl, sie steht der großen Dichterin zu.« Mit fast priesterlicher Feierlichkeit bot sie Augusta die Tasse dar.
Mrs. Wharton sah aus, als brauche sie dringend eine Erfrischung: Ihr Gesicht war vor Hitze und innerer Anspannung gerötet, und in ihren Augen loderte es wild. Was selten vorkam, war geschehen: Sie war mit jemandem zusammengestoßen, der ihr mindestens ebenbürtig war — und darüber war sie alles andere als froh! Dankbar nahm sie die Tasse an, aber als sie sie zum Mund führen wollte, ertönte ein lautes Grollen; hastig setzte sie die Tasse wieder ab und schaute sich erschrocken um.
»Nur ein Erdbeben, verehrte Mrs. Wharton! Deshalb brauchen Sie sich nicht zu beunruhigen!« meinte die Gastgeberin besänftigend. »Das haben wir häufig hier. Lassen Sie nur Ihren Tee nicht kalt werden.«
Augusta bemühte sich, keine Angst zu zeigen, aber sie stammte aus einem Teil des Landes, das sich keiner Erdbeben zu erfreuen brauchte, und deshalb mochte sie sie ganz und gar nicht leiden. Mit einem etwas mißratenen Lächeln streckte sie die Hand nach der Tasse aus... und in diesem Augenblick wankte die Erde, und gleichzeitig spürte sie etwas. Mit spitzem Schrei griff sie sich mit einer Hand an die Wange.
»Der Kamin!« kreischte sie. »Die Steine lösen sich! Ein Splitter hat mich ins Gesicht getroffen!«
Zu ihrer eigenen Beschämung lachte Lucia vor Vergnügen auf. Carmen aber sprang auf, und in ihrem Gesicht arbeitete es wild. Annabel schlug die Hände zusammen. »Dieses elende Luftgewehr! Hätte ich es doch nur besser versteckt... Liebste Mutter, es war ja nur ein Stückchen Korken!« Dabei bemühte sie sich so auszusehen, als habe sie das kleine, niederträchtige Gesicht hinter dem Fenster nicht bemerkt — und als höre sie nicht die eiligen Schritte ihres Jungen, der, ausnahmsweise über seine eigenen Heldentaten erschrocken, den Gartenweg entlang davonstürmte.
»Jawohl, nur ein Stückchen Korken!« wiederholte Carmen. »Das Erdbeben ist vorbei, und alles ist in bester Ordnung. Deshalb erfreuen Sie sich nun an einer gemütlichen Tasse Tee!«
Unter heldenhafter Anstrengung ergriff Augusta die Tasse und führte sie zum Munde. In diesem Augenblick hörten sie, wie jemand den Pfad entlanggelaufen kam.
Jim selbst konnte sich nachher nicht erklären, wie er den >Hinterhalt< eigentlich bewältigt hatte; aber es war ihm unterwegs durchaus gut zumute gewesen. Auch der Hengst war, als sie den Beginn des steilen Abstiegs erreicht hatten, zur Ruhe gekommen, nachdem er zunächst mit übermütigen Sprüngen über die grasbewachsene Hochebene galoppiert war. Der Anblick des schmalen Pfades aber, der sich in der Finsternis des dichten Busches verlor, behagte ihm gar nicht, und schnaubend hatte er auszubrechen versucht. »Nimm dich doch zusammen!« hatte Jim ihn ermahnt und ihn dann mit gutem Zureden und den Hacken vorwärtsgedrängt. Dabei hatte er eisern versucht, selbst an absolut nichts zu denken, denn jeder Gedanke an Annabel versetzte ihn in panische Angst, die ohne Zweifel auf >Raubritter< abfärben würde. Nur an das Pferd und an den schmalen Pfad vor ihnen hatte er denken dürfen.
Der erste Kilometer durch den Busch bot keine ernsten Schwierigkeiten. Schmal und gewunden senkte sich der Pfad hinab, und entschlossen drängte sich >Raubritter< durch die hochwachsenden Baumfarne, die Jims Gesicht peitschten. Unbewegt und drückend war die Luft. Plötzlich machte das Pferd einen erschrockenen Sprung: Ganz in der Nähe war ein Vogel mit gellendem Aufschrei davongeflogen.
»Hast du jetzt schon Angst vor Vögeln?« fragte Jim tröstend. »Was bist du für ein furchtsames Schaf!«
Seine Stimme beruhigte den Hengst, und so sprach er weiter auf ihn ein, Worte, die ihm selbst dumm und albern vorkamen. Plötzlich und unvermutet kamen sie aus dem Busch und blieben am Rande der steilen Klippen stehen. Unter ihnen dehnte sich schimmernd der See. Ganz in der Nähe
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