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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sein, desto schlimmer war das Resultat.
    Sie zückten ihre Sicherheitsausweise und näherten sich dem Ausgang. Wagner lächelte die beiden hochgewachsenen Männer an, die gleich daneben Posten bezogen hatten. Der Sitz ihrer dunkelblauen Anzüge war perfekt, die dezent gemusterten Krawatten makellos gebunden. Vom obligatorischen Knopf im Ohr wand sich ein dünnes Kabel in den Hemdkragen, das Mikrofon verbarg sich manschettenknopfgroß im Ärmel. Ein winziger Sticker, der einen goldenen Marshallstern auf rotem Grund zeigte, wies sie als Agenten des Secret Service aus – »bullet catchers«, wie sie sich selbst voller Stolz nannten, Kugelfänger. »Heute ist der Tag, an dem der Präsident angegriffen werden soll«, lautete jeden Morgen ihre Beschwörungsformel. »Und ich bin der Einzige, der das verhindern kann.« Im Augenblick gaben sie sich gelassen. Ihr Präsident würde erst noch eintreffen. Dann aber war es besser, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Jeder, der unkontrolliert in den fünf Meter weiten Bannkreis um Bill Clinton trat, riskierte einen verdrehten Arm oder Schlimmeres. Dieser Bereich galt als Todeszone, in dem potentielle Attacken auf das Staatsoberhaupt als lebensbedrohlich eingestuft wurden. Die bullet catchers kannten keine Gnade.
    Sie lächelten zurück, auf gleicher Blickhöhe mit ihr.
    In solchen Momenten genoss sie ihre Körpergröße. Wagner maß einen Meter siebenundachtzig – ohne die High-Heels, die sie in dutzendfacher Ausfertigung besaß, weil sie fand, auf die paar Zentimeter komme es nun auch nicht mehr an. Sie wusste, dass ihre Beine in der Tat von bemerkenswerter Länge, die komplette Kika Wagner dafür aber auch bemerkenswert dünn, blass und eckig war. Mit ihrer schmalen, endlosen Nase voller Sommersprossen hätte sie einem Bild von Modigliani entstammen können. Leider fehlte ihren übrigen Formen die entsprechende Üppigkeit, als habe der Italiener nach Fertigung des Porträts die Lust verloren und den Pinsel an Egon Schiele weitergegeben.
    Nachdem sie als Teenager durch die kleinen Höllen gewandelt war, die das Schicksal klapperdürren Riesenkindern bereitet, hatte sie irgendwann die Flucht nach vorn beschlossen. Ihr honigfarbenes Haar war knapp über der Taille gerade abgeschnitten, die Röcke grundsätzlich kurz, die Schuhe hoch, über ihre Blusen zogen sich bevorzugt schmale Krawatten. Insgesamt sah Wagner auf diese Weise noch länger aus, als sie tatsächlich war, eine Frau, nach der man, wie Spencer Tracy einmal über die junge Katherine Hepburn gesagt hatte, einen Hut werfen konnte in der Gewissheit, dass er irgendwo hängen bleiben würde.
    Die beiden Amerikaner warfen einen Blick auf die Ausweise und Kuhns Butterbrot.
    »Kein Dynamit, Jungs«, sagte Kuhn jovial. »Schwarzwälder Schinken! You know?«
    Das Lächeln verschwand aus den Gesichtern der beiden Männer. Einer deutete auf die Schleuse im Ausgang, wo Polizisten beiderlei Geschlechts zur routinemäßigen Leibesvisitation bereitstanden. Wagner nickte stumm, während Kuhn demonstrativ das Gesicht verzog.
    »Kika!« Als ob sie an allem schuld sei. »Wir gehen doch raus, nicht rein! Haben Sie eine Ahnung, was die schon wieder von uns wollen?«
    »Fragen Sie sie.«
    »Verstehe! Ich versteh ja alles. Rein, okay! Aber raus? Kommen Sie, das ist Geldverschwendung. Das sind Ihre Steuergelder, Kika, haben Sie darüber schon mal nachgedacht? Sie und ich, wir bezahlen den ganzen Quatsch, und was haben wir davon? Staatsverschuldung!«
    Wagner verdrehte die Augen. Sie gingen durch die Schleuse, wurden abgetastet, und Kuhn musste sein Brot der Durchleuchtung anvertrauen.
    »Ich will raus, nicht rein«, maulte er weiter.
    »Wir wissen's inzwischen«, sagte Wagner. »Wir wissen jetzt auch, warum wir eine Staatsverschuldung haben. Wer hätte gedacht, dass die Zusammenhänge so einfach sind!«
    Sie schob ihn nach draußen und beschleunigte ihren Schritt. Vor dem Hotel wartete ein Shuttle darauf, sie zu einem der öffentlichen Parkplätze in der Nähe zu bringen. Kuhn stellte fest, dass seine Jacke auf halb acht hing und ein Schnürsenkel aufgegangen war, versuchte, beide Probleme gleichzeitig unter Einbeziehung seines Butterbrots zu lösen und hampelte hinterdrein.
    »Die Zusammenhänge sind aber so einfach!«, rief er. »Bleiben Sie doch mal stehen, verdammt, ich … die Staatsverschuldung ist das Resultat des Zusammenspiels kleinster Faktoren. Am Anfang setzen sich alle an einen Tisch und sagen, jetzt wird regiert, was könnten wir denn

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