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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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die Irren hergebrettert?«, polterte O'Connor. »Ich muss näher heran.«
    Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. O'Connor erinnerte sich des Würgegriffs und griff unwillkürlich nach seinem Hals.
    »Wir gehen da jetzt hin, aber zusammen«, sagte sie sehr bestimmt. »Und Sie bleiben dicht bei mir.«
    »O'Connor, hören Sie mich?«
    Lavalliers Stimme drang aus dem Funkgerät an ihrem Gürtel. Sie zog es heraus und drückte es O'Connor in die Hand.
    »Wir haben zwei von den Dingern abgeschossen«, sagte Lavallier. »Lärmschutzhalle. UPS-Gebäude. Zwei Spiegel.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte O'Connor atemlos.
    »Nein, ich mache Spaß. War's das, verdammt? Besteht weiterhin Gefahr? Ich muss das wissen!«
    O'Connors Augen suchten die umliegenden Gebäude ab. Der Tower war eindeutig zu hoch, um mit bloßem Auge etwas von der Größe eines Rasierspiegels erkennen zu können. Ohnehin wirkte von hier alles wieder ganz anders als von der Rollbahn aus oder auf der Luftaufnahme in Mahders Büro. Größer und unübersichtlicher.
    Mahder.
    »Sie können Entwarnung geben«, sagte er ruhig. »Wenn Sie zwei getroffen haben, ist das System vernichtet.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja. Ach, und Lavallier, damit Ihnen nicht langweilig wird – Sie haben einen Verräter.«
LAVALLIER
    »Und?«, fragte Lex.
    Lavallier seufzte und sah hinüber zur Gangway.
    »Lassen Sie ihn aussteigen.«
    »Was war los?«
    »Möglicherweise ein Zwischenfall. Keine Ahnung. Definitiv haben wir es verhindert.«
    »Ein Attentat?« Lex schnappte nach Luft. »Und Sie erwarten, dass ich Bill Clinton aussteigen lasse?«
    Lavalliers Blick wanderte zum VIP-Zelt. Er konnte O'Connor dort sehen. Der Physiker mochte ein verdammter Idiot sein, aber merkwürdigerweise hatte Lavallier das Gefühl, sich auf seine Aussage mehr als verlassen zu können.
    »Es ist vorbei«, sagte er zu Lex. »Geben Sie den Leuten ihren Präsidenten. Wir treffen uns am VIP-Zelt, in Ordnung?«
    Lex verzog die Augenbrauen.
    »Wenn ich ja nicht so grenzenloses Vertrauen in Sie hätte …«, sagte er gedehnt. Dann gab er die Anweisung, und der Sicherheitsmann oben auf der Gangway winkte Bill Clinton das zweite Mal an diesem Tag vor die Öffentlichkeit.
    Erst jetzt wurde Lavallier bewusst, dass er in Schweiß gebadet war. Er fuhr sich über Stirn und Augen. Seine Handfläche wurde noch nasser, als sie ohnehin schon war. Schnell wischte er sie an der Hose ab. Auf der Empore der Gangway erschien der Präsident mit mürrischer Miene. Ohne sich mit Winken aufzuhalten, schritt er zügig die Stufen zum roten Teppich herunter.
    Lavallier überlegte, was die Presse mitbekommen hatte von dem Vorfall. Die Schalldämpfer hatten die Schüsse verschluckt, die Einschläge in der Lärmschutzhalle durften im Lärm untergegangen sein, den die Journalisten bei Clintons Erscheinen selbst veranstaltet hatten. Möglicherweise hatte der eine oder andere etwas zu hören geglaubt, aber Geräusche ließen sich im Nachhinein erklären.
    Wie immer das Nachhinein aussehen mochte.
    Es konnte immer noch geschehen, dass er Clinton die Hand schüttelte. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse würde es eine völlig neue Bedeutung bekommen. Eine existentielle sozusagen. Eine unausgesprochene Gratulation zu einem neu geschenkten Leben.
    Lavallier zögerte.
    Dann entschied er sich anders. Er hatte zu tun. Seine Hände waren ohnehin zu feucht nach dem ganzen Theater. Ein Händedruck mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten sollte frei sein von den Absonderungen ausgestandener Ängste.
    Während Clinton über den roten Teppich und zwischen den starr aufgereihten Spalieren der Infanterie hindurchschritt, eilte Lavallier zum VIP-Zelt.
KOLONNE
    Norman Guterson stellte sich eine lange Reihe von Fragen. Sie war noch länger als die Wagenschlange, die beim Eintreffen der Air Force One zweireihig auf das Vorfeld gerollt war.
    Alles war voller Menschen. Die Fahrer und sonstigen Insassen der Kolonne waren ausgestiegen und sahen zu ihnen herüber, durchsetzt von den Agenten aus der Maschine und Einheiten des erweiterten Personenschutzes mit ihren Panzerwesten und MPs. Etwa dreißig Diplomaten umstanden das Ende des roten Teppichs. Zivile und uniformierte Sicherheitsleute hielten sich unterhalb des Heckbereichs der Maschine auf, weitere Polizisten flankierten die Absperrungen, hinter denen sich die Journalisten drängten. Nicht viel ließ darauf schließen, das etwas Unvorhergesehenes stattgefunden hatte oder noch zu erwarten war, sah man

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