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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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kann.«
    Jana schüttelte den Kopf und wies mit dem Finger auf das Dossier. »Die Vorrichtung ist starr.«
    »Ihr Ziel aber nicht. Es ist etwa so, als solle sich ein Haus mitdrehen, wenn jemand dran vorbeigeht.«
    »Überhaupt nicht. Was wir brauchen, ist ein Umleitungssystem.«
    »Sie meinen …«
    »Die klassische Lösung.« Jana lehnte sich vor und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Es wird funktionieren, Gruschkow! Nichts anderes haben die Amerikaner und die Russen auch gemacht. Ich habe noch keine Vorstellung davon, wie wir es steuerungstechnisch lösen, aber es müsste so sein, dass eine der Komponenten beweglich ist.«
    Jana erläuterte Gruschkow den technischen Aufbau, wie sie ihn sich vorstellte. Tatsächlich war sie keineswegs so sicher, ob es funktionieren würde, wie sie tat. Sie wusste zu gut, dass die Idee einem roh geschliffenen Halbwissen, einer exzellenten Flasche Rotwein und der fortgeschrittenen Tageszeit von drei Uhr morgens entsprang. Aber wenn sie selbst zu sehr zweifelte, bekäme sie Gruschkow nicht dazu, sich weiter damit auseinander zu setzen. Zwar unterstand er ihrem Kommando, dennoch konnte sie nichts von ihm erzwingen, was er selbst für unmöglich hielt.
    Ricardos Meinung war eher von akademischem Interesse. Er war Kaufmann, kein Wissenschaftler. Von ihm hatte Jana nichts anderes hören wollen, als was er gesagt hatte. Die meisten Leute gingen zuallererst nach ihrem Gefühl, wenn es um die Frage des Möglichen oder Unmöglichen ging. Die Mehrheit der Menschen war beispielsweise der Meinung, interstellare Fernstreckenreisen müssten über kurz oder lang möglich sein, obgleich es allen physikalischen Gegebenheiten zuwiderlief. Die wenigsten hielten es wiederum für möglich, dass Kraken Konversationen untereinander führten in einer Sprache auf Basis von Körpermustern, aber genau dafür hatte die Wissenschaft deutliche Anzeichen. Der Prozess des Aussonderns, den das menschliche Gehirn tagtäglich vollzog, geschah schnell und intuitiv. Was einem mangels tieferen Verständnisses nicht sofort einleuchtete, galt erst einmal als unwahrscheinlich. Hätte man den Deutschen erzählt, Gerhard Schröder sei ein getarnter Außerirdischer, hätte sich kaum jemand daran begeben, es nachzuprüfen. Entsprechend hatte Ricardo, ein intelligenter Mann von hervorragender Allgemeinbildung, reagiert, als Jana ihre Gedanken vortrug. Er schloss – obschon er es technisch nicht begründen konnte – die Möglichkeit von vornherein aus. Insofern war seine Meinung wertvoll, weil sie vermuten ließ, dass kaum jemand überhaupt auf die Idee gekommen wäre.
    Im Unerwarteten liegt die Chance.
    »Ich bin Programmierer«, sagte Gruschkow schließlich, nachdem er unbewegt zugehört hatte. »Vergessen Sie das nicht. Ich verstehe nur zufällig etwas von diesen Dingen.«
    »Sie verstehen nicht zufällig etwas davon, sondern weil Sie ein wissenschaftlicher Allrounder sind«, sagte Jana. »Und das ist kein Lob, sondern eine Tatsache. Ich hätte Sie andernfalls nicht gefragt. Also, was ist? Halten Sie es für möglich?«
    Gruschkow blähte die Backen. Er nahm seine Brille ab, zog ein Tuch hervor und polierte sie ausgiebig. Dann hielt er sie mit zusammengekniffenen Augen gegen die Deckenbeleuchtung und setzte sie wieder auf.
    »Ja«, sagte er.
    »Das wusste ich!«, rief Jana triumphierend. »Ich wusste, dass es klappt.«
    »Langsam.« Gruschkow zeigte ihr die Handflächen. »Ich sagte, es ist möglich. Das ist nicht dasselbe wie klappen. Geben Sie mir Zeit und vor allem einen Sack dezidierter Informationen. Ich brauche genaue Angaben über das Gelände, Ausdehnung und Beschaffenheit des Terrains, vor allem hinsichtlich der höchsten Punkte. Was Details betrifft, nehme ich Kontakt mit Moskau und Leningrad auf, für die grundsätzlichen Fragen steht mir ebenfalls jemand zur Verfügung. Sobald – das heißt, falls! – es an die Konstruktion geht, fehlen mir allerdings die richtigen Verbindungen.«
    »Ich schätze, da kann Mirko weiterhelfen. Ich sehe ihn demnächst in Köln. Er scheint alles und jeden zu kennen.«
    Ricardo runzelte die Stirn.
    »Sie sagten, er wird mit im Team sein.«
    »Das war eine seiner Bedingungen.«
    »Meinetwegen«, sagte Gruschkow desinteressiert. »Wie ich es augenblicklich sehe, wird das Team ohnehin noch größer sein müssen. Wir brauchen ein paar Leute mit besonderen Fähigkeiten, wie viele genau, hängt davon ab, was die nächsten Tage bringen.«
    »In Ordnung. Was brauchen Sie sonst

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