Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten
Davis gehört; Sie können überall herumfragen, Sie werden schon sehen. Seinen Namen sehen Sie nirgendwo gedruckt, nicht einmal in Inseraten;diese Dinge sind ohne Nutzen für Davis, nicht nützlicher, als sie dem Wind und der See sind. Nie sieht man eins von Davis’ Büchern in den Vereinigten Staaten obenauf treiben, aber legen Sie Ihre Taucherausrüstung an und lassen Sie sich hinab, hinab in die Tiefe, bis Sie die dichte Region, die sonnenlose Region der ewigen Schinderei und der Hungerlöhne erreichen – dort finden Sie sie zu Millionen. Der Mann, der diesen Markt erobert – sein Glück ist gemacht, sein Lebensunterhalt gesichert, denn diese Menschen werden ihn niemals im Stich lassen. Ein Autor kann hohe Reputation genießen, die sich auf die Oberfläche beschränkt, und sie verlieren und bemitleidet, dann verachtet, dann vergessen, ganz und gar vergessen werden – bei Oberflächen-Reputation ist das häufig die Stufenfolge. Eine Oberflächen-Reputation, so hoch sie sein mag, ist immer sterblich und immer vernichtbar, wenn man es richtig anstellt – mit Steck- und Stricknadeln oder mit leisem, schleichendem Gift, nicht mit der Keule oder dem Tomahawk. Eine andere Sache ist es mit der Unterwasser-Reputation – unten, in den tiefen Gewässern; einmal Favorit, immer Favorit; einmal geliebt, immer geliebt; einmal geachtet, immer geachtet und geehrt und hochgehalten. Denn was der Kritiker sagt, findet niemals seinen Weg in diese ruhigen Tiefen; weder der Hohn der Zeitungen noch ein Hauch der Verleumdungswinde, die oben wehen. Nie erfahren die dort unten von diesen Dingen. Ihr Idol mag aus bemaltem Lehm bestehen, dort oben an der Oberfläche, und verblassenund verkümmern und zerfallen und verwehen bei dem wechselhaften Wetter, das dort herrscht; doch unten ist es aus Gold und unerschütterlich und unzerstörbar.«
Maisbrotüberzeugungen
Vor fünfzig Jahren, als ich ein fünfzehnjähriger Junge war und ein Städtchen im Staate Missouri an den Ufern des Mississippi bewohnen half, hatte ich einen Freund, dessen Gesellschaft mir sehr lieb und teuer war, weil meine Mutter mir den Umgang mit ihm verboten hatte. Es war ein fröhlicher, frecher, reizender junger Schwarzer mit satirischer Begabung – ein Sklave –, der täglich vom Holzstoß seines Herrn herab vor mir als einzigem Zuhörer Predigten hielt. Er ahmte den Kanzelstil mehrerer Geistlicher des Ortes nach, sehr gelungen und mit schönem Feuer und leidenschaftlichem Nachdruck. Ich bewunderte ihn rückhaltlos. Ich glaubte fest, er sei der größte Redner der Vereinigten Staaten und man werde eines Tages noch von ihm hören. Aber das geschah nicht; man übersah ihn beim Austeilen der Belohnungen. So geht es zu in dieser Welt.
Hin und wieder unterbrach er seine Predigt, um ein Stück Holz zu sägen; aber das Sägen war vorgetäuscht – er sägte mit dem Mund, indem er sehr treffend das Geräusch der Bogensäge nachahmte, die sich durch das Holz hindurchkreischt. Aber es erfüllte seinen Zweck; es hielt denHerrn davon ab, herauszukommen und nachzusehen, wie die Arbeit vorankam. Ich hörte mir die Predigten vom offenen Fenster einer Holzkammer im rückwärtigen Teil des Hauses an. Einer seiner Texte lautete:
»Sag du mir, von wo ein Mann sein Maisbrot kriegt, und ich sag dir, was seine Überzeugung ist.«
Ich werde das nie vergessen. Es prägte sich mir tief ein. Durch die Hand meiner Mutter. Nicht in mein Gedächtnis, sondern woandershin. Sie hatte sich an mich herangepirscht, als ich gerade vertieft war und nicht aufpasste. Der schwarze Philosoph meinte, der Mensch sei nicht unabhängig und könne sich nicht Ansichten leisten, die seinem täglichen Brot im Wege stehen. Wenn er es zu etwas bringen wolle, müsse er sich der Mehrheit anschließen; in wichtigen Dingen wie Politik und Religion müsse er mit der großen Masse seiner Nachbarn denken und fühlen, sonst nehme er Schaden an seiner gesellschaftlichen Stellung und seinem beruflichen Erfolg. Er müsse sich auf Maisbrotüberzeugungen beschränken – zumindest nach außen hin. Er müsse seine Überzeugungen von anderen Leuten beziehen, er dürfe sich keine selbst zurechtlegen, er dürfe keine Ansichten aus erster Hand haben.
Ich glaube, Jerry hatte im großen Ganzen recht, meine aber, er ging nicht weit genug.
1. Nach seiner Vorstellung passt sich der Mensch mit Berechnung und Absicht der Mehrheitsüberzeugung seiner Umgebung an.
Das kommt vor, aber ich glaube nicht, dass es die Regel ist.
2. Nach
Weitere Kostenlose Bücher