Lavendel-Glorias Letzter Wille ROTE LATERNE Band 7 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
letztlich kam es den Beamten des Drogendezernates nicht so sehr darauf an, Ma-Lei-Tsung als kleine Dealerin zu entlarven. Vielmehr wollten sie an die Leute im Hintergrund herankommen.
Das Lokal war in seinem Stil recht kitschig gehalten. Bunte Papierlampen hingen über den Tischen, und die Wände waren mit Drachen geschmückt, die ein drittklassiger Künstler in grellen Farben auf die weißen Wände gemalt hatte.
»Zwei Kaffee!« rief Karin Clemens der zierlichen Chinesin zu, die in einem orange-roten geschlitzten Kleid hinter der Theke stand.
»Sofort«, entgegnete Ma-Lei-Tsung, und es dauerte nicht lange, bis sie mit den beiden Kaffeetassen zurückkehrte. »Na, ihr zwei?«, fragte sie. »Schon Feierabend?«
»Für heute ja«, meinte Karin tiefsinnig. »Urlaub müsste man einmal haben. Die normalen Bürgerlichen machen auch Urlaub. Nur für unsereins gibt es so was nicht.«
»Du bist moralisch wieder ganz schön drauf«, bemerkte die vollbusige, rothaarige Anita mit einem Grinsen.
»Ist doch wahr«, sagte Karin. »Diese Pornowelle versaut einem das ganze Geschäft. Drüben in der Kaiserstraße haben sie wieder zwei neue Live-Buden aufgemacht. Da geben sie den Leuten Anschauungsunterricht auf der Bühne.«
»Ist doch ganz amüsant«, bemerkte Anita und rührte in ihrem Kaffee.
»Für mich nicht«, sagte Karin darauf ziemlich resolut. »Wofür sind wir denn schließlich da?«
»Wusstest du übrigens, dass die schwarze Helga jetzt auch in so 'ner Kneipe arbeitet? Die macht die Männer an und nimmt sie dann mit nach oben. Sie sagt, dass das Geschäft glänzend rollt. Vielleicht krieg ich auch mal so 'nen Job. Wenn die da sehen, dass live auf der Bühne was läuft, dann hast du nur noch wenig Arbeit mit denen. Ehrlich!«
»Also, mir hängt das zum Hals raus«, sagte Karin. »Ma-Lei-Tsung, lass mal einen Kognak hereinbrausen, sonst wird mir noch übel.«
»Du kannst aber auch gar nichts mehr ab«, sagte Anita. »Hast du übrigens wieder einmal was von Lavendel-Gloria gehört?«
»Nö, hab ich nicht«, knurrte Karin.
In diesem Augenblick trat Ma-Lei-Tsung mit dem Kognak an den Tisch.
»Es geht ihr nicht besonders, gut«, sagte die Chinesin.
»Wem?«, fragte Karin.
»Na, Lavendel-Gloria. Ich habe sie gestern besucht. Sie ist ganz schön runter, und ich finde, dass sich eine von euch einmal ein bisschen um sie kümmern sollte.«
»Wir?« fragte Karin. »Warum denn ausgerechnet wir? Wir haben mit uns selbst zu tun. Die ist doch aus allem raus, seit sie auf Edelnutte macht. Die hat ihre garantierten Kohlen jeden Monat. Sollen wir vielleicht Beichtschwestern spielen?«
»Sie ist immerhin eine von uns«, sagte Ma-Lei-Tsung. »Bei uns hält man doch zusammen, oder nicht?«
»Ja, schon«, sagte die dunkelhaarige Karin darauf. Sie schnippte die Asche von ihrer Zigarettenkippe weg und blickte hoch. »Wer kümmert sich um uns, wenn es uns mies geht? Du, sag mal, hast du nicht eine von deinen chinesischen Glückspillen zur Hand?«
»Für zehn Mark schon«, sagte Ma-Lei-Tsung.
»Dann rück mal zwei Stück rüber, damit sich unsere Stimmung wieder bessert. Vielleicht lassen wir uns dann mal herab, die göttliche Lavendel-Gloria zu besuchen.«
Achselzuckend wandte sich die Chinesin ab und verschwand durch die Tür in einem Nebenraum. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie zurückkehrte. Auf einem Tellerchen brachte sie vier gelbe Pillen.
»So«, sagte sie, »macht zwanzig Mark. Doppelte Ration für jede, weil ihr doch ziemlich down seid. Aber schluckt das Zeug schnell. Ihr wisst, dass die Bullen mir direkt im Genick sitzen.«
Die Mädchen schluckten die Pillen und tranken Kaffee nach. Schon ein paar Minuten später wirkten die beiden Dirnen ziemlich entspannt. Kippen-Karin lehnte sich behaglich zurück.
»So ist das Leben schon viel erträglicher«, seufzte sie zufrieden.
»Ja, ja«, murmelte Anita. »So hat es bei Lavendel-Gloria auch angefangen. Mal hier 'ne Pille, mal dort 'ne Pille ...«
»Mensch, hör doch auf!«, stieß Karin hervor. »Willst du mir meine Stimmung vermiesen, oder wie?«
Die Mädchen schwiegen, denn die Tür war aufgegangen, und zwei Herren waren eingetreten. Die Mädchen des Milieus hatten einen untrüglichen Blick für alles, was der Polizei zuzuordnen war.
Die beiden Männer steuerten auf die Theke zu.
»Guten Tag, die Herren«, sagte Ma-Lei-Tsung. »Was führt Sie denn schon wieder zu mir? «
»Nichts Besonderes, Ma-Lei-Tsung, reine Routinekontrolle, wie immer!«
»Also, dann bitte,
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