Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
plötzlich alle Teile des Puzzles zu einem Ganzen zusammen«, sagte Tobias ergänzend.
»Und was war diese Tatsache?«, fragte Vale interessiert.
»Mir war nie so richtig klar, warum der Mörder den ersten Totenkopfring Aspasia geschickt hatte. Dass er mich herauszufordern suchte, verstand ich ja noch. Er schien davon besessen, Eiland nachzuahmen, und ich hielt es für möglich, dass er mich als denjenigen ansah, der Zachary zum Selbstmord getrieben hatte. Was aber hatte er Aspasia vorzuwerfen? Sie behauptete, er hätte es getan, weil sie Eilands Geliebte war. Gewiss, von einem Mörder kann man keine Logik erwarten, doch irgendwie erschien es mir doch zu sinnlos.«
»Allerdings.« Vale sah ihn an. »Er war eindeutig auf Sie als Gegner fixiert. Warum sollte er die Geliebte seines Bruders ins Visier nehmen, wenn er keinen Vorteil davon hatte?«
»Er hatte einen Grund, ihr diesen Ring zu schicken«, sagte Lavinia. »Als er anfing, sie zu erpressen, gab er ihr auf diese Weise zu verstehen, dass er ihre Geheimnisse kannte.«
»Also gut«, sagte Joan. »Jetzt verstehe ich, warum Sie es gestern so eilig hatten, zu Aspasias Haus zu kommen, Tobias.« Sie sah Lavinia an. »Aber was veranlasste Sie, ihr Haus zu durchsuchen?«
»Eine ausgezeichnete Frage.« Tobias sah Lavinia finster an. »Sie können sicher sein, dass ich sie selbst schon stellte.«
»Ohne der Antwort viel Beachtung zu schenken«, schnappte Lavinia. »Gestern ging es ihm ausschließlich um diese Sache, was sehr nervenaufreibend war - selbst während eines kalten Abendessens, das er mir damit verdarb. Schließlich musste ich ihn mit Nachdruck bitten, das Haus zu verlassen und erst wiederzukommen, wenn seine Laune sich gebessert hätte.«
»Nun?«, drängte Vale. »Wie lautet die Antwort? Warum durchsuchten Sie Aspasias Haus?«
Während des nun eintretenden Schweigens spürte Lavinia alle Blicke auf sich. Sie nahm einen Schluck Tee und stellte die Tasse ab.
»Ich folgte einem Impuls«, sagte sie.
Tobias gab einen undefinierbaren Ton von sich.
»Ich sah Aspasia gestern in der Oxford Street«, fuhr Lavinia unbeirrt fort. »Als sie aus ihrem Wagen stieg, bemerkte ich ihre Halbstiefel und mir fiel ein, was Sweet Ned gesagt hatte, als ich ihn bat, die Kleidung der Frau zu beschreiben, die ihn auf mich ansetzte. Unter anderem erwähnte er, dass sie halbhohe Ziegenlederstiefel trug.«
»Teuer und sehr modisch.« Joans Miene erhellte sich, als sie begriff. »Natürlich. Ned sagte, die Frau hätte ein altes Kleid angehabt, und Ihnen fiel nun ein, dass die Stiefel des Mörders nicht zu seiner ärmlichen Aufmachung passten.«
»Nicht ganz. Mir fiel auf, dass ein männlicher Mörder, der sich mit einem alten, unmodischen Kleid tarnt, sehr wahrscheinlich kein Geld für teure Ziegenlederstiefel investieren würde. Als ich in der Mordnacht auf Beaumont Castle den Mörder sah, trug er einfache, derbe Lederschuhe. Genau die Art, die man bei einem Hausmädchen erwartet.«
»Schuhwerk, in dem ein Mann nötigenfalls rennen kann«, setzte Tobias trocken hinzu.
»Sehr klug«, sagte Joan.
»Weiter fiel mir auf, dass Aspasias Haar zu einer Fülle von Löckchen und Locken gekämmt war«, führ Lavinia fort. »Ich dachte daran, dass Sweet Ned erwähnte, die blonde Perücke seiner Auftraggeberin wäre eine ganz schlichte mit Nackenknoten gewesen. Mir erschien es logisch, dass jemand, der sich aufs Frisieren nicht gut verstand, für eine als Verkleidung benötigte Perücke eine einfache wählen würde.«
»Sehr gut«, sagte Joan. »Das erklärt den Impuls, auf Ihrem Heimweg bei ihrem Haus Halt zu machen. Schließlich sah es aus, als sei Aspasia mit Einkäufen beschäftigt.«
Lavinia verzog das Gesicht. »Leider hatte sie zwei Straßenjungen beauftragt, mich zu beobachten. Als diese sahen, dass ich der Straße zustrebte, in der sie wohnte, liefen sie zurück und warnten sie. Sie sorgte stets dafür, dass ihre kleinen Spitzel wussten, wo sie anzutreffen war. Nun folgte sie mir rasch zu Fuß und sah, dass ich mit dem alten Herrn im Park sprach und dann in der Gasse hinter ihrem Haus verschwand.«
Tobias verschränkte die Arme. »An diesem Punkt folgte auch Aspasia ihrem Impuls. Dass Lavinia sich in ihr Haus einschlich, war für sie der Beweis, dass sie nun selbst unter Verdacht geriet. Ihr war sofort klar, dass sie Lavinia aus dem Weg schaffen und das Land unverzüglich verlassen musste.«
»Sie nahm die nächstbeste Geisel, derer sie habhaft werden konnte, und wollte den
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