Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
alten Mann benutzen, mich zu fassen«, sagte Lavinia. »Aber an Stelle eines gebrechlichen Greises geriet sie an einen ehemaligen Berufsmörder.«
»Was machte der Mementomori-Mann im Park vor ihrem Haus?«, fragte Joan.
»Offenbar wartete er, dass sie nach Hause käme.« Tobias griff in die Tasche und holte den Totenkopfring hervor, den er am oberen Ende der Treppe in Aspasias Haus gefunden hatte. »Ich glaube, er kam, um sie zu töten. Zweifellos war er deijenige, der die Haushälterin mit einer Nachricht aus dem Haus lockte.«
»Er wartete auf sein Opfer«, sagte Vale. »Aber Lavinia kam vor ihr.«
Tobias sah Lavinia an. »Sie komplizierte die Sache für ihn, doch nahm er die Änderung seiner Pläne gelassen hin. Seine Fähigkeit, Strategien blitzschnell zu ändern, war sicher seinerzeit einer der Gründe für seinen Erfolg.«
»Wo mag er jetzt sein?«, fragte Joan.
»Sicher unterwegs zu seinem Haus am Meer«, sagte Lavinia leise. »Ich vermute, dass er seinen Ruhestand nur unterbrach, um den Tod seiner Lehrjungen zu rächen.«
»Zumindest ist es das, was er uns glauben machen wollte«, knurrte Tobias. »Persönlich würde ich nichts von dem glauben, was er zu dir sagte, Lavinia.«
Sie schaute ihn an. »Er war ein alter Mann, Tobias. Und bis auf seinen Spazierstock unbewaffnet. Gestern hättest du ihn verfolgen und erschießen können. Warum hast du ihn flüchten lassen?«
Tobias verschränkte die Hände im Rücken und blickte aus dem Fenster in den Park. »Ich glaube, er ließ sich als Geisel nehmen, weil er wusste, dass du im Haus warst und Aspasia dich ermorden wollte. Sein Ziel war es, dich zu schützen. Indem er sie tötete, hat er dir vermutlich das Leben gerettet. Dafür stand ich in seiner Schuld.«
Auf dieses Eingeständnis hin trat nachdenkliches Schweigen ein.
Nach einer Weile räusperte Lavinia sich. »Es gab noch einen Grund, warum ich gestern meinem Impuls folgte und zu Aspasias Haus ging.«
Alle warteten.
»Ich suchte nach irgendeinem Grund, sie mit den Morden in Verbindung zu bringen«, sagte Lavinia. »Ich habe die Frau nie gemocht.«
Als Tobias am nächsten Morgen zum Frühstück kam, lag der Briefumschlag auf der Stufe vor Nummer 7. Er spürte ein Prickeln zwischen den Schultern, als er sich danach bückte.
Rasch richtete er sich auf, drehte sich um und spähte suchend die Straße entlang. Der einzige Mensch außer ihm war ein alter Gärtner an der Ecke, der eifrig eine Hecke schnitt. Ein breitkrempiger Hut beschattete sein Gesicht. Falls er Tobias wahrnahm, ließ er es sich nicht anmerken.
Tobias beobachtete ihn eine Weile, ehe er das Briefsiegel im schwarzen Wachsfleck, der den Brief verschloss, untersuchte. Er lächelte versonnen. Als er wieder aufblickte, war der Gärtner verschwunden.
Er öffnete die Tür und betrat die Diele.
»Nun, da sind Sie ja, Mr March.« Mrs Chilton kam auf ihn zu und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Ich dachte ja, dass ich jemanden draußen hörte. Sie kommen gerade recht zum Frühstück.«
»Ich weiß. Eine große Überraschung, nicht?«
Sie verdrehte die Augen und winkte ihn zum Frühstückszimmer. Er ging den Gang entlang, den Umschlag in der Hand, und traf Lavinia und Emeline am Tisch in dem sonnigen kleinen Raum an.
»Guten Morgen, Sir«, grüßte Emeline gut gelaunt. »Was haben Sie da?«
»Einen Brief, den ich eben auf der Stufe vor der Tür fand.«
Lavinia senkte die Zeitung und beäugte den Brief interessiert. »Auf der Stufe? Wer mag ihn dort hinterlassen haben?«
»Warum öffnest du ihn nicht und löst das Rätsel?« Tobias nahm einen Stuhl und reichte ihr den Umschlag.
Sie sah ihn mit zerstreuter Neugierde an und stieß dann einen Quiekser aus, als sie im schwarzen Wachs einen Totenkopf erkannte.
»Der Mementomori-Mann muss ihn hinterlassen haben«, sagte sie zu Emeline und entfaltete den Brief. »Möchte wissen, was ...« Sie sprach nicht weiter, als ein Scheck auf den Tisch fiel. »Allmächtiger ... tausend Pfund.«
»Lies den Brief«, sagte Emeline, die vor Aufregung fast platzte. »Beeil dich bitte, ich halte diese Spannung nicht aus.«
Tobias goss sich Kaffee ein. »Etwas sagt mir, dass wir eben unser Honorar für den Fall des Mementomori-Mannes bekamen.«
Lavinia warf einen Blick auf die elegante Handschrift und fing laut zu lesen an.
Liebe Mrs Lake und lieber Mr March,
ich hoffe, beiliegender Scheck deckt das Honorar und die Unkosten für Ihre Dienste in dieser letzten Affare ab. Ich muss mich für
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