Leander und der tiefe Frieden (German Edition)
heißgemacht. Sie haben
sogar einen Detektiv auf die Sache angesetzt, einen Detektiv, verstehen Sie?
Gegen uns, gegen ihre Freunde!«
»Den Rat habe ich Hinnerk gegeben, Vater«, bekannte Erik
Petersen.
Sein Vater sah ihn kopfschüttelnd an.
»Warum, Erik?«, fragte er leise. »Hast du so wenig Vertrauen zu
mir? Hältst du mich für einen Mörder?«
»Für dich hat immer nur Geld gezählt, Vater. Aber das war es
nicht. Hinnerk hätte keine Ruhe gefunden. Und wenn ich in den letzten zwanzig
Jahren einen von euch wirklich für ehrenhaft und unschuldig gehalten habe, dann
war es Hinnerk. Ich habe ihm auch geraten, seinem Enkel endlich reinen Wein
einzuschenken. Wenn man keine Familie mehr hat – so wie ich –, dann weiß man
erst, wie wichtig die Aussöhnung nach zwei Generationen ist.«
Claus Petersen sackte in sich zusammen, als hätte jemand die
Luft aus ihm herausgelassen.
»Zurück zu Stewart
Williamson«, setzte Leander die Befragung fort. »Wissen Sie, was die Detektei
herausgefunden hat?«
»Eben nicht«, begehrte Enno Jessen auf. »Deshalb habe ich doch
…«
Er brach ab und schaut Claus Petersen ängstlich an.
»Du warst es also doch«, hauchte der kraftlos. »Du bist für die
Einbrüche verantwortlich.«
»Was sollte ich denn machen? Wenn der Detektiv nun herausgefunden
hätte, dass der Engländer umgebracht worden ist?«
»Wer sollte ihn denn umbringen, du Idiot? Und warum denn?«,
schrie Claus Petersen nun.
Enno Jessen schwieg, aber Lena begriff plötzlich, was in ihm
vorging.
»Mein Gott«, sagte sie, »jetzt verstehe ich. Sie haben gedacht,
Ihr Sohn hätte etwas damit zu tun, Sie haben ihm den Mord zugetraut.«
Enno Jessen blickte stumpf zu Boden.
»Du dummer alter Narr«, seufzte Claus Petersen.
»Das Gift des Misstrauens«, erklärte Erik. »Ihr habt euch für
Freunde gehalten, aber ihr wart allesamt so sehr korrumpiert von eurem Geld.
Ihr wart nur noch darauf aus, eure Geschäfte nicht zu gefährden, dass ihr euch
gegenseitig nicht mehr vertraut habt, als ihr euch am meisten brauchtet.«
»Vielleicht ist das die gerechte Strafe für alles, was gewesen
ist«, sagte Enno Jessen plötzlich. »Wir haben das verloren, was am wertvollsten
war.«
»Mein Großvater«, hakte Leander noch einmal nach. »Was ist mit
seinem Tod? Haben Sie damit auch zu tun?«
»Ich bin schuld«, erklärte Enno Jessen. »Ich dachte doch, Geert
hätte den Engländer töten lassen. Und Ocko hat Geert ständig in den Ohren
gelegen, weil Hinnerk nicht aufgegeben hat. Da bin ich zu Hinnerk gefahren und
habe ihn gewarnt. ›Du bist auf der Insel nicht mehr sicher‹, habe ich gesagt.
›Du musst weg, sofort!‹. Und dann habe ich ihn zum Hafen gefahren und den
Kutter mit ihm zusammen klargemacht. ›Nur bis Langeneß‹, habe ich gesagt, ›oder
bis Wittdün. Und wenn dein Enkel kommt, sage ich ihm, wo er dich findet.‹ Und
dann ist er ausgelaufen.«
»Das glaube ich Ihnen nicht!«, rief Leander aufgebracht. »Warum
sollte er Ihnen vertraut haben? Wen schützen Sie?«
Enno Jessen schwieg.
»Enno!«, fuhr Claus Petersen ihn an. »Sag die Wahrheit!«
»Ocko«, murmelte er resigniert. »Ich habe Ocko zu Wilhelm
geschickt. Wilhelm war der Einzige, dem Hinnerk noch vertraut hat. Ocko hat
Wilhelm gesagt, Hinnerk sollte in dieser Nacht getötet werden. Und Wilhelm hat
Hinnerk dann gewarnt.«
»Warum ist mein Großvater nicht einfach mit Wilhelm Jörgensen
in die Galerie gegangen? Dort wäre er doch sicher gewesen.«
»Das wollte er, aber Wilhelm hatte Angst. Er wollte sich und
Eiken nicht gefährden. Stattdessen hat er Hinnerk auf dem Kutter geholfen.«
»Mein Gott, Enno«, sagte Claus Petersen. »Du hast Hinnerk in
den Tod getrieben.«
»Das habe ich nicht gewollt«, heulte Enno Jessen verzweifelt
auf. »Ich wollte ihm Angst machen, damit er Geert nicht an seinen Enkel verrät.
Ich konnte doch nicht ahnen, dass er überhaupt noch die Kraft hatte, alleine
auszulaufen. Wer denkt denn an so was?«
»Wissen Sie, Herr Jessen, was an der ganzen Sache das
Tragischste ist?«, fragte Lena in angewidertem Tonfall. »Es gab überhaupt
keinen Grund für Ihre Aktion. Ihr Sohn hat Stewart Williamson nicht umgebracht.
Es war entweder ein Unfall oder Selbstmord. Heinrich Leander ist völlig umsonst
gestorben. Er wollte Henning nur endlich reinen Wein einschenken, was die
Geschehnisse von 1944 betraf. Und da hätte Ihnen gar nichts passieren können.«
»Und unser Ruf?«, wandte Claus Petersen ein. »Unser guter Ruf
ist unser
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