Lebe lieber innovativ
an der Stanford für mein Aufbaustudium. Ich landete dort zwar über Umwege, die für andere wie Zeitverschwendung aussehen mögen, doch das waren sie keineswegs. Die Kurven auf meinem Weg eröffneten mir nicht nur
eine neue Perspektive auf meine Ziele, sondern sie gaben mir auch die Zeit, verschiedene Optionen auszuprobieren, was mir letztendlich half, mich in meiner Entscheidung zu bestätigen. Darüber hinaus ging ich diesmal für mich selbst auf die Graduate School und nicht für andere.
Menschen, die uns nahestehen, erwarten oft, dass wir bei den Entscheidungen, die wir für unsere Berufslaufbahn getroffen haben, auch bleiben. Ein einmal anvisiertes Ziel sollte nach Möglichkeit auch ohne Abweichung beibehalten werden. Doch so läuft das im Leben nun mal nicht. Die meisten Menschen ändern ihren Kurs mehrfach, bevor sie endlich den Job finden, der am besten zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt. Das funktioniert so ähnlich wie der Entwurf eines Produktes oder die Entwicklung einer neuen Software – man muss so lange experimentieren und vieles einfach ausprobieren, bis etwas wirklich funktioniert. Hält man sich zu früh zu streng an einen bestimmten Weg, kann das durchaus in die falsche Richtung führen.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Studenten kennen gelernt, die mir einen vermeintlich detaillierten Überblick über ihre Pläne für die nächsten 50 Jahre geben konnten. Das ist nicht nur unrealistisch, sondern schränkt leider auch stark ein. Vor uns liegen so viele unerwartete Erfahrungen, dass man am besten stets die Augen offen hält, anstatt sie vor den vielen glücklichen Möglichkeiten, die sich zufällig bieten können, zu verschließen. Man sollte seine Berufslaufbahn genauso planen wie eine Reise in ein fremdes Land. Selbst wenn man sich gut vorbereitet, eine Reiseroute ausgearbeitet hat und weiß, wo man übernachtet, sind die interessantesten Erfahrungen immer die, die man spontan macht. Vielleicht treffen
Sie einen faszinierenden Menschen, der Ihnen Orte zeigt, die in keinem Reiseführer stehen, oder Sie verpassen den Zug und erkunden daher den ganzen Tag lang eine kleine Stadt, die Sie eigentlich gar nicht besuchen wollten. Ich garantiere Ihnen, dass Sie sich vor allem an die Erlebnisse der Reise erinnern werden, die Sie ursprünglich gar nicht eingeplant hatten – an die Dinge, die Ihnen ganz unerwartet begegneten und Sie überraschten.
Das trifft auf jede Art von Unternehmung zu. So kamen zum Beispiel auch die meisten wichtigen Entdeckungen in der Wissenschaft dadurch zu Stande, dass jemand auf überraschende Ergebnisse stieß und unerwartete Erkenntnisse erlangte. Erfolgreiche Wissenschaftler lernen schnell, sich nicht von Datenmaterial verunsichern zu lassen, das sie auf unerforschtes Terrain führt. Statt Daten, die nicht zu dem erwarteten Ergebnis passen, zu verwerfen, halten die besten Wissenschaftler gerade an Anomalien fest. Denn sie wissen, dass genau in diesem Bereich die wahren Durchbrüche erzielt werden. Durch ihre Wachsamkeit gegenüber Unregelmäßigkeiten erschließen sich Wissenschaftler häufig ganz neue Forschungsbereiche und machen bemerkenswerte Entdeckungen. So waren den Wissenschaftlern seit den Anfängen der Mikroskopie in den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderts zwei Arten von Gehirnzellen bekannt, die sie Neuronen und Gliazellen nannten. Sie gingen davon aus, dass sich alle entscheidenden Aktivitäten in den Neuronen abspielten und dass die Gliazellen – deren Name vom griechischen Wort für Kleber stammt – nur eine Art »Gerüst« oder strukturelle Stütze für die Neuronen bildeten. Diese Vorstellung hielt sich mehr als 150 Jahre lang und die Wissenschaftler konzentrierten sich in erster Linie auf die Erforschung der Neuronen.
In den letzten 20 Jahren stellte sich jedoch heraus, dass die Anzahl der Gliazellen im Gehirn zehnmal höher ist als die der Neuronen und die Gliazellen eine Menge wichtiger Funktionen im Nervensystem erfüllen. Bruce Ransom, Neurologe, Begründer und Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift Glia, ist ein Pionier auf diesem Gebiet. Er selbst und weitere Wissenschaftler aus aller Welt haben nachgewiesen, dass Gliazellen an nahezu jeder Gehirnfunktion aktiv beteiligt sind. Selbst bei der synaptischen Transmission, also der Weiterleitung von Impulsen im Gehirn, dem am häufigsten wissenschaftlich untersuchten Zusammenspiel von Neuronen, wirken Gliazellen mit. Bruce ist der Meinung, dass die Gliazellen noch nicht alle ihre
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