Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
war eine der ersten Neuerungen, die mir am Herzen lagen, die IBKP unabhängiger von Feenmagie zu machen. Es wird dich freuen zu hören, dass wir nur noch in etwa vierzig Prozent der Fälle auf sie zurückgreifen.«
»Ach, nur vierzig Prozent? Das sind immer noch hundert Prozent mehr, als mir lieb ist.«
»Aber wir haben einen Weg gefunden, wie du ohne jeglichen Feenkontakt effizient arbeiten könntest.«
»Und woran soll ich so effizient arbeiten?«
Ihr Blick wanderte zu David, der ein finsteres Gesicht zog. » Ich mache bei diesem Quatsch nicht mit.«
»Tja, wenn das so ist«, entgegnete Raquel mit missbilligend hochgezogenen Augenbrauen, »wäre ich dir ohnehin sehr verbunden, wenn du uns kurz allein lassen würdest. Ich kann schließlich kaum geheime Informationen an gleich zwei Tote weitergeben, nicht wahr?«
Ich blinzelte kurz verwirrt, bis mir wieder einfiel, dass David vor achtzehn Jahren oder so für die mittlerweile nicht mehr existierende Amerikanische Behörde zur Kontrolle Paranormaler gearbeitet hatte, bis er seinen eigenen Tod vorgetäuscht hatte, um aus der Sache herauszukommen. Schien eine relativ beliebte Art der Kündigung zu sein. Obwohl ich meinen Tod ja nicht vorgetäuscht hatte – das hatte alles Raquel erledigt, damit sie mich nicht suchen kamen, nachdem ich verschwunden war.
David schnaubte. »Du scheinst zu vergessen, dass ich Evies gesetzlicher Vormund bin.«
»Und du scheinst zu vergessen, dass an deiner Vormundschaft absolut nichts Gesetzliches ist, weil alle Dokumente gefälscht sind.«
»Komm mir jetzt nicht mit dem Gesetz! Wer arbeitet denn für eine internationale Organisation, die absolut in absoluter Straffreiheit auf amerikanischem Boden operiert, ganz zu schweigen von –«
Die Haustür flog auf und Lend kam hereingestürmt. Mein Herz vollführte einen freudigen Salto in meiner Brust, wie jedes Mal, wenn er mich überraschte. Sein gewohntes Aussehen, ein dunkelhaariger, dunkeläugiger Schnuckeltyp, flirrte über seinem wahren Ich, das wie Wasser in menschlicher Gestalt aussah.
Und, nicht zuletzt, absolut umwerfend.
»Evie!« Er schlang die Arme um mich und riss mich in einer so festen Umarmung vom Boden hoch, dass ich mir plötzlich einer ganzen Menge fieser blauer Flecken bewusst wurde, die ich mir bei meinem kleinen Abenteuer zugezogen haben musste.
Aber ich lachte über den Schmerz hinweg, glücklich, dass mir das ganze Theater wenigstens ein bisschen Extrazeit mit Lend verschafft hatte. Er stellte mich wieder auf die Füße, hielt mich eine Armlänge von sich weg und musterte mich prüfend. »Geht’s dir gut?«
»Nur ein paar blaue Flecken, aber sonst ist alles okay, wirklich.«
»Wie hast du’s geschafft zu entwischen?«
Mist.
Raquel und David sahen mich beide gleichermaßen verdutzt an. »Ja, wie hast du das eigentlich geschafft?«, wollte nun auch Raquel wissen. In ihrem Debattiereifer hatten sie total vergessen, mich danach zu fragen. Was mir nur recht gewesen war.
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ich … also … wir waren ziemlich hoch oben, ja? So richtig hoch. Und ich im Arm von dieser irren Wolken-Blitz-Feen-Promenadenmischung. Ich wusste ja nicht, wo es mit mir hinwollte und warum, und ich hatte solche Angst und da hab ich halt das Einzige gemacht, was mir eingefallen ist.«
»Und was?«, drängte Lend, dessen Gesicht voll Sorge war.
Ich zuckte mit den Schultern, eine winzige, schuldbewusste Geste. »Ich hab ihm was weggenommen.« Ich konnte den betroffenen Blick in seinen Augen nicht ertragen, also plapperte ich weiter: »Aber nur ein kleines bisschen – das hat dem Ding bestimmt noch nicht mal wehgetan –, nur um es zu erschrecken, aber dann sind wir auf einmal abgestürzt und es hat versucht, mich fallen zu lassen, aber ich hab mich festgeklammert und zum Glück haben ein paar Bäume meinen Fall gebremst. Und danach ging’s dem Wolken-Freak gut, ehrlich, er war komplett unversehrt. Nur ziemlich angepisst. Und dann ist er weggeflogen.« Die wacklige Flugkurve behielt ich wohlweislich für mich. Wahrscheinlich war das Ding nur ein bisschen duselig gewesen.
Meiner Geschichte folgte Totenstille. Und plötzlich hatte ich kein schlechtes Gewissen mehr, ich war stinksauer. Was fiel ihnen eigentlich ein, über mich zu urteilen? Ich machte ja wohl kaum plötzlich einen auf Vivian und saugte allem, was mir zu nahe kam, das Leben aus. »Ich hatte keine andere Wahl! Seid doch einfach froh, dass ich mich überhaupt irgendwie verteidigen
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