Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Titel: Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiersten White
Vom Netzwerk:
Betonstufen, die die Tribüne hinaufführten, zu erklimmen, »das ist jetzt aber mal wirklich aufregend!«
    »Können wir bitte nicht reden?« Da kam ich meinen Antworten nun endlich näher und hatte eine Piepangst.
    Reth wandte sich einer Reihe Logen zu, die wesentlich einladender aussahen als die Aluminiumbänke drum herum. Er öffnete die Tür zur ersten und bedeutete mir hineinzugehen. Zitternd gehorchte ich. In dem schick eingerichteten Glaskasten standen vier Sessel und ein Beistelltisch, der mit leeren Coladosen übersät war.
    In dem Sessel, von dem aus man die beste Übersicht über die Rennstrecke haben musste, saß ein Mann mit schulterlangem Haar in einem derart warmen Braunton, dass es aussah wie poliertes Holz. Er saß vorgebeugt mit dem Rücken zu uns und verfolgte gespannt das Rennen.
    »Sei ein braver Junge und besorg mir was zu trinken, ja?«, sagte Reth zu Jack und knallte ihm die Tür vor der Nase zu, bevor er zu uns hereinkommen konnte. Der Mann im Sessel hatte sich noch immer nicht umgedreht und Reths Augen wurden schmal vor Ärger. »Lin.« Der Mann winkte mit einer perfekt geformten, schlanken Hand ab.
    Einer Feenhand.
    Mir wurde das Herz schwer. Nein. Nein, bitte nicht. Alles, nur das nicht. Es konnte nicht – er konnte nicht – ich konnte nicht. Reth legte den Arm um meine Schultern und führte mich behutsam die beiden Stufen zum Fenster hinunter. Als ich Lins Gesicht sah, konnte ich es nicht mehr leugnen. Sein Cover war verschwommen, kaum vorhanden, und sein Gesicht hatte die typischen Feenzüge. Viel zu große mandelförmige Augen, zierliche Nase, volle Lippen, alterslose Haut. Aber seine Augen, die in einem unnatürlichen Smaragdgrün erstrahlten, waren rot gerändert, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Außer der gebrochenen Fehl hatte ich niemals eine Fee erlebt, die nicht makellos ausgesehen hatte.
    »Lin«, wiederholte Reth noch einmal und seine goldene Stimme klang hart.
    »Ach, hau doch ab. Die Dreiunddreißig will gerade überholen.«
    Ich wandte mich Reth zu, den seltsamen Feenmann wollte ich nicht mehr ansehen. Er machte mich nervös, hatte etwas an sich, das mich misstrauisch machte und zugleich erschöpfte. Irgendwas war da, etwas, das mich im Hinterstübchen meines Kopfes kitzelte. Bitte, lass es kein Wiedererkennen sein. Reth sah angewidert zu, wie Lin eine neue Dose Cola aufriss und sie auf Ex hinunterkippte.
    »Melinthros«, sagte Reth und seine Stimme hallte voller Macht durch die Loge.
    Der Kerl riss die Augen auf und sah uns endlich an. »Pass bloß auf, du Milchgesicht. Ich hab fiese Kopfschmerzen und wenn du meinen Namen weiter so durch die Gegend posaunst, dann wird’s hier aber ganz schnell zappenduster.«
    Seit wann nannten Feen einander »Milchgesicht«?
    Lin wandte sich wieder dem Rennen zu. »Neeeiiin!«, stöhnte er und schleuderte die leere Dose gegen die Scheibe. Dann huschte ein verschlagenes Lächeln über sein glattes Gesicht und er flüsterte etwas vor sich hin und schnippte kurz in Richtung des Pulks vorbeirasender Autos. Das vorderste kippte völlig unvermittelt auf die Seite und rutschte so noch ein Stück weiter, während Kleinteile durch die Gegend flogen und das Metall auf dem Boden Funken schlug. Die nachfolgenden Wagen donnerten ungebremst hinein und ineinander, unfähig, der Karambolage auszuweichen. Ein leuchtend gelbes Auto rammte ein anderes und machte einen Überschlag darüber hinweg, nicht ohne dessen Dach zu zerquetschen, bevor es selbst an einer Mauer endete.
    In nicht einmal zehn Sekunden hatte sich die Rennstrecke in ein einziges Chaos aus Qualm und buntem Schrott verwandelt, der einmal Autos gewesen war. Ein Kommentator, dessen Stimme im Hintergrund übertragen wurde, stieß eine Reihe von Flüchen aus und erklärte das Ganze dann zum schlimmsten Unfall in der Geschichte der Rennstrecke.
    Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht lehnte Lin sich zurück. »Ich liebe diesen Sport.« Er schnappte sich noch eine Dose Cola vom Boden und leerte sie, dann wischte er sich den Mund ab und sah Reth an. »Was willst du noch mal hier?«
    »Ich habe deine Tochter mitgebracht.« In Reths Stimme lag keinerlei Emotion, während er mein Leben zerstörte. Ich konnte nicht atmen, konnte das alles nicht verstehen, wusste nicht, ob es der Raum war, der sich drehte, oder ich. Reths Griff um meine Schulter wurde fester und er schob mich zu einem der Sessel. Ich ließ mich schwer hineinsinken und starrte zu Boden.
    Ich war keine Halbfee.
    Das

Weitere Kostenlose Bücher