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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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später richtete sie sich halb auf und schüttelte wie benommen den Kopf: „Da fällt mir gerade ein: Du hast gestern gar nicht mehr erzählt, wie meine geschätzten Nachbarn reagiert haben. Nur, dass alles in Ordnung ist.“
    „Da gibt es nicht viel zu erzählen“, zuckte Sascha die Achseln. „War nur eine Vase und die scheint nicht besonders wichtig gewesen zu sein. Mal ganz abgesehen davon, dass der Typ ein Arsch ist, hat er mir den Ball gegeben und das war's.“
    „Ja, Richard von Winterfeld ist ein echtes Herzchen. Unglaublich von sich selbst, seiner Überlegenheit und seiner Firma überzeugt, aber privat ein Stinktier.“
    Überrascht sah Sascha auf: „Firma? Ist er dafür nicht ein bisschen jung?“ Anscheinend hatte er sich beim Alter des Nachbarn gewaltig verschätzt.
    „Jung?“ Tanja wirkte mindestens ebenso verwundert. „Ich weiß nicht genau, wie alt er ist, aber er müsste auf die 50 zugehen.“
    „Äh, dann war das nicht der, der mir die Tür aufgemacht hat. Der Typ kann nicht viel älter als ich gewesen sein.“
    „Wie sah er denn aus?“ Mit einem Mal wirkte seine Tante sehr interessiert.
    „Keine Ahnung, so alt wie ich. Genauso groß“, ließ Sascha den Eindruck des anderen Teenagers Revue passieren. „Lange, braune Haare ... wirkte ziemlich verhärmt und war richtig unfreundlich.“
    „Verstehe“, murmelte Tanja und sah nachdenklich in Richtung Garten. „Dann ist er immer noch da. Ich dachte, er würde vielleicht nicht mehr da wohnen. Habe ihn ewig nicht mehr gesehen.“
    „Wer ist er?“ Das lange Gesicht Tanjas weckte doch wieder Saschas Neugier, obwohl er sich am Vortag vorgenommen hatte, nie wieder einen Gedanken an den unfreundlichen Fremden zu verschwenden.
    „Andreas von Winterfeld.“
    „Der Sohn? Wenn ja, scheint er ganz nach seinem Alten zu kommen“, erwiderte Sascha trocken. Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm, wie man so schön sagte. Hoffentlich galt das nicht auch für ihn selbst, denn er legte viel Wert darauf, dem Spießbürgertum seiner Eltern zu entkommen.
    „Nicht wirklich.“ Vehement schüttelte Tanja den Kopf. „Eigentlich ist er nett, aber irgendetwas stimmt da drüben nicht. Die ganze Nachbarschaft redet darüber. Es heißt, er ist krank.“
    „Das ist aber kein Grund, sich wie die Axt im Wald aufzuführen“, warf Sascha ein. „Dass er krank ist, dachte ich mir schon. Nur warum redet man darüber? Ist doch nichts dabei. Wenn die Leute nichts haben, worüber sie sich das Maul zerreißen können, sind sie nicht glücklich, oder?“
    Seine eigenen schlechten Erfahrungen spielten bei dieser Bemerkung eine große Rolle. Das Gerede anderer Leute war ihm ein Dorn im Auge, da es ihm in der Vergangenheit oft das Leben schwer gemacht hatte. Insofern empfand er sogar einen winzigen Hauch Sympathie für den Jungen, dessen Geschichte die Gerüchteküche zum Brodeln brachte und dessen Schwierigkeiten anscheinend von Garten zu Garten weitergereicht wurden.
    „Vermutlich hast du recht. Aber das ist alles Theorie und Praxis. Keiner findet es gut, über andere Leute zu reden, und am Ende tun es doch alle. In Andreas' Fall ist das nur schon sehr speziell.“
    „Und wieso? In dieser Stadt werden jeden Tag tausend Leute krank. Was ist daran so interessant? Hat er eine Tropenkrankheit? Oder Syphilis?“
    Tanja lachte auf: „Nein, an Syphilis glaube ich kaum. Der Punkt ist, dass das schon seit vielen Jahren so geht. Er war noch ein Kind, als es hieß, er sei krank. Die von Winterfelds haben sich furchtbar angestellt, wenn man sich nach ihm erkundigt hat. Keiner weiß, was er hat, aber er hat es schon sein halbes Leben.“
    „Oh“, machte Sascha und runzelte die Stirn. Er konnte es sich nicht vorstellen, schon so lange krank zu sein. Er selbst war immer ein gesundes Kind gewesen, das abgesehen von der ein oder anderen Grippe nie das Bett hüten musste. „Und ist das, was er hat ... ich meine ...?“
    „Ob es etwas Lebensbedrohliches ist? Nein, das glaube ich nicht. Irgendetwas ist da faul. Manchmal habe ich das Gefühl, seine Familie sperrt ihn ein. Man sieht ihn fast nie draußen. Es kommen keine Freunde zu Besuch und er geht nirgendwo hin.“ Ihr war anzusehen, dass ihr das Rätsel rund um das Kind der Nachbarn nahe ging. „Und wenn man ihn sieht, kann man nie sagen, ob es ihm besser oder schlechter geht. Er ist immer blass, aber er sieht nicht aus wie jemand, der langsam an einer tödlichen Krankheit stirbt. Außerdem: Warum sollte man das verschweigen? Das wäre

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