Leben im Käfig (German Edition)
zufrieden im Kreis seiner Freunde und Miriams Gesellschaft war ebenfalls angenehm.
Jedenfalls so lange, bis sie sich neben ihm regte und sich blitzartig über ihn schob.
Saschas erster Gedanke war, dass sie eine herrliche Decke abgab. Ihre sacht gerundeten Oberschenkel waren warm und taten seinen ausgekühlten Beinen gut. Dass sie ihren Brustkorb an ihn schmiegte, war auch nicht schlecht.
Nur dass sich kurz darauf ihre nach Likör und Pflegestift riechenden Lippen auf seinen Mund pressten, irritierte Sascha dann doch.
So sehr, dass er sich im ersten Moment willenlos küssen ließ und ihr sogar eine Spur entgegen kam. Zu selbstverständlich war es in den letzten Monaten geworden, sich einem drängenden Mund zu öffnen. Der Alkohol tat sein Übriges, dass Sascha eine Weile brauchte, bis er realisierte, dass etwas falsch war.
Unbehaglich versteifte Sascha sich, suchte nach einem Punkt, an dem er zugreifen konnte, um Miriam vorsichtig von sich zu schieben. Glücklicherweise registrierte sie seine Bemühungen und löste sich freiwillig von ihm.
„Ahmm“, machte Sascha und wusste nicht, was er sagen sollte oder wollte. Schließlich vollführte er eine unstete Geste mit der Hand, bevor er krächzte: „Du weißt ... ich meine, dir ist schon klar, dass ich ...“
„Schwul bist?“, seufzte Miriam mit schwerer Zunge und ließ hicksend von ihm ab. „Ich weiß nicht. Bist du es? Voll und ganz? Ich dachte ... naja ...“ Peinlich berührt biss sie sich auf die Lippen. „Du kamst mir nicht so vor. Klar, es gab Gerüchte, aber ich mag dich halt und ich dachte, ich versuche mal mein Glück.“
Verlegen rutschte sie von Sascha herunter.
Sie tat ihm leid, denn sie machte den Eindruck, als würde sie am liebsten im Erdboden versinken. Egal, wie betrunken sie beide sein mochten: Es war mutig, jemanden in eine stille Ecke zu lotsen und dort zu küssen; darauf hoffend, dass man nicht auf Granit biss oder ausgelacht wurde.
„Sorry“, murmelte er seinerseits verlegen. „Leider zu einhundert Prozent schwul. Aber hey, wenn nicht, dann ...“, Gott, er kam sich dämlich vor, „... würde ich bestimmt bei dir Schlange stehen.“
„Echt?“ Miriams Lächeln war ihm eindeutig zu feucht.
Sie würde jetzt nicht anfangen zu weinen, oder? Bitte nicht.
„Klar“, grinste Sascha schief. „Aber so wie es ist eher nicht. Außerdem erwürgt mich mein Freund, wenn ich mit fremden Frauen herumknutsche. Auch wenn sie noch so hübsch sind.“
„Oh mein Gott!“ Miriam schlug sich quiekend die Hand vor den Mund und sah ihn entsetzt an: „Du hast einen Freund? Wenn ich das gewusst hätte, ich ... dann hätte ich nie ... Scheiße, ist das peinlich.“
Das ließ sich nicht leugnen. Die Situation war irrsinnig peinlich. Sascha, weil er keine Ahnung hatte, wie er mit dem Mädchen an seiner Seite umgehen sollte und weil es ihm keinen Spaß machte, ihre Gefühle verletzt zu haben.
Miriam, weil sie sich eine Blöße gegeben hatte.
„Naja, er ist nicht bei uns auf der Schule. Und nur Isa und ein paar andere wissen davon“, versuchte Sascha die Situation zu entschärfen. Linkisch streckte er einen Arm aus und berührte Miriam an der Schulter. „Konntest du ja nicht riechen. Und dass die Gerüchte stimmen erst recht nicht. Ich verstecke mich nicht, aber ich laufe auch nicht durch die Schule und brülle herum, dass ich auf Kerle stehe.“
„Hättest du vielleicht machen soll“, lachte Miriam künstlich auf. „Sind noch mehr Mädels da, die nicht glauben wollen, dass du schwul bist. Warum ist dein Freund denn nicht mit auf der Party? Ist er ... seid ihr schon lange zusammen?“
„Ein halbes Jahr. Mehr oder weniger“, sagte Sascha stolz. „Und naja, er kennt hier ja keinen und so. Ich weiß auch nicht, ob er Lust auf eine Party gehabt hätte.“
Ein Stich durchfuhr ihn angesichts dieser Lüge.
Er wusste, dass Andreas sehr gerne auf eine Party gegangen wäre. Aber er konnte nicht. Konnte sich nicht überwinden, konnte sich dem Druck nicht stellen, konnte die Blicke nicht ertragen und erst recht keine der Fragen beantworten, die ihm unweigerlich gestellt würden. Was er machte, auf welche Schule er ging oder ob er bereits arbeitete. Ob er studierte. Alles Fragen, die Andreas nicht ehrlich beantworten konnte, ohne mit eigenartigen Reaktionen rechnen zu müssen.
Außerdem: Sascha hasste sich für diesen Gedanken, aber er fand, dass Andreas nicht hierher gepasst hätte.
Miriam schnüffelte leise. Seufzend warf Sascha ihr von der
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