Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
erspart hätte. Krampfhaft kämpfte sie mit ihren Tränen, sich immer wieder sagend, dass sie zukünftig nie mehr wieder etwas essen würde. Was sie genau so lange durchhielt, bis sie der Duft einer Bratwurst quasi gegen ihren Willen zu einer Imbissbude zog und sie sich nach dem zügellosen Genuss mehr schämte als zuvor.
Wie gern hätte sie etwas geändert. Und doch war sie um keine Ausrede verlegen, warum es gerade jetzt ein ganz schlechter Moment dafür sei. Ein Mal war es ein neuer Fall, der einfach ihre gesamte Aufmerksamkeit forderte. Ein anderes Mal war sie zu deprimiert, dass sie sich von Ulli getrennt hatte, auch wenn sie es im Grunde nicht bereute.
Dennoch fühlte sie sich schlecht und glaubte, nie mehr im Leben einen Mann zu finden, der sie lieben würde. Nur wenn sie am Wochenende am Herd in Gittes Küche stand, war sie für diesen Moment zufrieden.
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„Ich sollte mich nach eine eigenen Wohnung umsehen“, hatte Julia eines Abends beim Essen gesagt.
„Nein, auf gar keinen Fall.“
„Gitte, das ist lieb, aber wir wissen beide, dass es kein Zustand ist. Außerdem muss ich langsam meine restlichen Sachen aus Ullis Wohnung holen.“
„Mach das, ich helfe dir dabei, kein Problem.“
„Und wo bleibe ich dann damit?“
„Ich geb’ dir mein Arbeitszimmer.“
„Gitte, das geht nicht. Wo willst du denn dann zukünftig deine Aufträge bearbeiten?“
„Ich finde schon eine Ecke, das Wohnzimmer ist groß genug. Außerdem kannst du unmöglich länger auf dem Sofa schlafen. Es wäre doch schön, wenn wir wieder ein Wohnzimmer hätten.“
„Eben, das ist deine Wohnung, ich kann deine Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen.“
„Doch, kannst du.“
„Ach, kann ich?“
„Ja, kannst und wirst du.“
„Gitte, gibt es da etwas, was du mir mitteilen möchtest?“
„Was denn, ich hab dich gern um mich. Ich wohne gern in einer Wohngemeinschaft.“
„Könnte es etwas damit zu tun haben, dass ich die Hausarbeit mache?“
„Nein, bestimmt nicht.“
Julia sah ihre Freundin eindringlich an.
„Na gut, ein bisschen, vielleicht. Aber mal im Ernst. Mich störst du wirklich nicht. Ich finde es schön, dass du da bist. Ehrlich. Ich kann Ulli verstehen, dass er dich zur Frau wollte.“
„Jetzt fang nicht so an.“
„Wieso? Ich sage es dir immer wieder, du bist eine tolle Frau und jeder Kerl könnte froh sein mit dir zu leben.“
„So ein quatsch.“
„Nein, bestimmt nicht. Ich würde dich heiraten, wenn ich auch nur im Ansatz eine Neigung zu Frauen hätte. Ist aber leider nicht so, ich steh’ nach wie vor auf Männer.“
„Da hab ich aber wirklich Pech.“
„Wie, du denn etwa?“
„Nein, Blödsinn, das weißt du.“
„Also, was ist, willst du richtig offiziell bei mir einziehen?“
„Dann zahle ich aber auch Miete.“
„Meinetwegen, aber nur, wenn du weiterhin so wundervoll kochen wirst.“
„Das, meine Liebe, wird sich sicher niemals ändern.“
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Julia war froh die Wohnung und die Gegend nun nicht mehr verlassen zu müssen. Dennoch war es ein komisches Gefühl das gemeinsame Treppenhaus zu betreten, immer in der Angst Ulli über den Weg zu laufen.
Er hatte schon immer seinen Tagesablauf pedantisch geplant, was Julia früher in den Wahnsinn getrieben hatte. Glaubte sie, dass ihr Leben ohnehin an Langeweile kaum zu übertreffen war, unterstützte er diesen Gedanken mit seiner unerträglichen Art, nie etwas Unvorhergesehenes passieren zu lassen.
Daher wusste sie, an welchen Tagen er wann das Haus verließ, mit wem er sich treffen würde und wann es für sie besser war den Hausflur zu meiden.
Trotzdem ließ es sich nicht verhindern, dass sie ihm begegnete.
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Eines Morgens im Dezember war ihr eine Veränderung an ihm aufgefallen. Wie üblich stand sie hinter der Tür, schaute durch den Spion in den Flur und wartete darauf, dass Ulli das Haus verließ. Sie glaubte, dass er ahnte, dass sie ihn beobachtete. So wie sie wusste, wann er ging, so schien auch er nicht vergessen zu haben, wann sie in der Kanzlei zu sein hatte.
Grundsätzlich gab er ein Bild des Jammers ab. Mit hängenden Schultern, viel zu blassem Gesicht, das sogar teilweise eingefallen wirkte, verschloss er im Zeitlupentempo seine Tür, verstaute umständlich den Schlüssel in seinem Mantel und schlich die Treppe hinunter.
An diesem Morgen war es jedoch anders. Julia konnte es sofort erkennen. Mit gespannten Schultern trat er aus der Wohnung. Sein Teint sah rosig aus und ein
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