Leben mit Hochsensibilitaet
Flüsse. Sie treten schneller als andere Kinder über ihre Ufer. Carla Muijsert von der Arbeitsgruppe Neue-Zeit-Kinder ist der Meinung, dass sensible oder intuitive Kinder Schwierigkeiten haben, eine Unterscheidung zwischen sich selbst und anderen zu machen (z.B. bei Emotionen), weil sie sich kaum getrennt vom großen Ganzensehen.Sie kommen auf die Erde mit einem spirituellen Verständnis, wie die Welt und die Menschheit funktionieren, und sie können Schmerz genauso erleben, wenn ein anderes Kind oder ein Tier leidet, wie wenn ihnen selbst etwas zustößt. Obwohl es für hochsensible Kinder wichtig ist, dass sie sie selbst sein dürfen, bedeutet das nicht, dass sie kein Bedürfnis an Grenzen und Struktur haben. Erdungsübungen sind für sie ebenso sinnvoll und hilfreich wie für hochsensible Erwachsene, denn Uferlosigkeit führt zur Überflutung und das Fehlen von Struktur zum Chaos.
Ruhe, Regelmäßigkeit und Reinheit – die drei „R’s“ – waren die Richtlinien, nach denen holländische Kinder jahrzehntelang erzogen wurden. Auch wenn wir heute denken, dass diese Erziehungsnormen aus Großmutters Zeit stammen, sind sie in unserer Kultur noch immer gegenwärtig. Elaine Aron spricht ihre Bewunderung dafür in einer Untersuchung aus, in der die niederländische Erziehung mit der amerikanischen verglichen wird: Offensichtlich ist diese altholländische Erziehungsstrategie verantwortlich dafür, dass niederländische Kinder durchschnittlich zwei Stunden länger schlafen als ihre amerikanischen Altersgenossen. Das ist etwas, was besonders hochsensiblen Kindern gut tut. Die Untersucher fanden auch, dass niederländische Kinder in der Regel ruhiger waren, weil sie weniger stimuliert und herausgefordert wurden als die amerikanischen Kids. Sie wurden während des Tages weniger von den Eltern hochgenommen, weniger mit Spielen unterhalten und mehr in Ruhe gelassen. Niederländische Babys und Kleinkinder stehen im Vergleich zu amerikanischen Kindern weniger im Zentrum der Aufmerksamkeit. Es wird eher erwartet, dass sie wohlerzogen anwesend sind – und nicht so sehr, dass sie beispielsweise ihren Willen kundtun wie etwa amerikanische Kinder. Dazu kommt noch die Neigung der Niederländer, an den meisten Abenden einfach zu Hause zu bleiben, was den Kindern Regelmäßigkeit und die nötige Ruhe gibt. Für hochsensible Kinder scheint also die niederländische Erziehungsmethode günstiger zu sein als die amerikanische.
Es ist selbstverständlich, dass vor allem für unruhige Kinder Regelmäßigkeit und das Setzen von Grenzen äußerst wertvoll sind. Ihre Energie ist durch Wagemut gekennzeichnet. Sie haben ihr Innerstes nach außen gekehrt, um zu zeigen, wie unruhig es in ihnen ist. Trotzdem ist ihr Empfindungsvermögen genauso sensibel wie das von ruhigen Kindern. Man wird nichts Gutes erreichen, wenn man sie mit harter Hand und Strenge maßregelt. Wer denkt, ein hochsensibles Kind disziplinieren zu können, indem er es straft, kurzhält oder missachtet, verletzt unwiderruflich eine Kinderseele. Was ein hochsensibles Kind am meisten schmerzt, ist, wenn es in seiner Integrität verletzt wird. Hochsensible Kinder benötigen absolut keine harte Hand, keine zwingenden Ermahnungen, und man braucht ihnen keine Lügen zu erzählen. Vor allem ein Kind, das in Panik ist oder vor Wut durchdreht, hat keinen Nutzen davon, bestraft zu werden. Seine Raserei auslaufen zu lassen, kann helfen. Schläge auszuteilen, ist nutzlos. Ein hochsensibles Kind hat seine Grenzen weit überschritten, wenn es so außer sich ist. Statt durch Bestrafung oder Missachtung hilft man dem Kind, zur Ruhe zu kommen, durch Zuhören voll Aufmerksamkeit und durch Anerkennung seiner Gefühle, indem man diese beispielsweise in Worte fasst. Auch zu viele Fragen und Ratschläge können das Kind weiter überschwemmen und erzeugen nur noch mehr Unruhe.
Wenn hochsensible Kinder nicht gut zuhören, kann dies Unwille sein; aber es kann auch daran liegen, dass sie zu sehr abgelenkt werden durch ihre eigene innere Erlebenswelt. Sie hören dann einfach nicht, was du ihnen sagst. Sogar Erwachsene haben das manchmal noch nicht abgelegt. Ich denke da nur an die Verzweiflung meiner Mutter meinem Vater gegenüber, der hochsensibel ist. Margot Klompmarker von der Arbeitsgemeinschaft Neue Zeit-Kinder gibt folgenden Ratschlag: „Mein Sohn wirft häufig seine Jacke auf den Boden. Wenn ich ihn bitte, sie aufzuhängen, passiert nichts. Wenn ich ihn darauf anspreche, sagt er: ‚Ich hab
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